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Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 4166 „Ausbau der B189 zwischen Heiligengrabe und Kemnitz“

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(Nr. 4654 - Michael Jungclaus) Für das Bundesstraßennetz des Landes Brandenburg wurde durch die Ingenieurgruppe IVV Aachen / Berlin eine multikriterielle Schwachstellenanalyse als Grundlage für die Entwicklung von Projekten für die geplante Anmeldung zum BVWP 2015 durchgeführt. Kriterienpakete waren: 1. Leistungsfähigkeit, 2. Ortsverträglichkeit, 3. Verkehrssicherheit und 4. Verkehrsqualität. Für Heiligengrabe wurde einzig ein Defizit im Bereich „Ortsverträglichkeit“ identifiziert. In der Folge wurde die OU Heiligengrabe B189n im BVWP 2016 mit einem vordringlichen Bedarf eingestuft. Aktuell plant der Landesbetrieb Straßenwesen / Kyritz zum einen die besagte Ortsumfahrung und zum anderen einen Ausbau der vorhandenen B189 zwischen Heiligengrabe und Kemnitz auf einer Länge von ca. 6 Kilometern. Hier ist beabsichtigt, die zweispurige Bundesstraße auf der gesamten Länge dreispurig (2+1) in der Entwurfsklasse 2 auszubauen. Letztgenannte Baumaßnahme ist nicht Bestandteil des BVWP.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass von den an der automatischen Zählstelle Heiligengrabe (Nr. 28403679) in 2015 gezählten 7.782 Kfz/Tag und 1.227 LKW/Tag (SV Anteil 15,8%) an der nächstgelegenen Zählstelle Kemnitz (Nr. 28392002) lediglich 4.960 Kfz und 558 LKW (SV Anteil 11,3%) ankommen?

2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die an der zwischen Ortseingang Heiligengrabe und Autobahnabfahrt gelegenen Zählstelle (Heiligengrabe Nr. 28403679) ermittelten Werte (z.B. 2018: DTV SV 1.372; SV Anteil: 17,3%) zu einem großen Teil lediglich die von der Autobahn kommenden LKW-Anlieferverkehre der Kronotex und anderer Gewerbebetriebe sowie Tankstellenbesucher abbilden und diese weder durch Heiligengrabe durchfahren noch Heiligengrabe in Richtung Pritzwalk verlassen, sondern zurückfahren in Richtung Autobahn bzw. Wittstock?

3. Kann die Landesregierung bestätigen, dass die aussagekräftigsten DTV Werte, die für eine Prognose der zu erwartenden Verkehre auf dem Abschnitt Freie Strecke Kemnitz-Heiligengrabe und die OU Heiligengrabe herangezogen werden sollten, die Werte der manuellen Zählstelle Kemnitz sind, da von dort aus bis weit ins Zentrum von Heiligengrabe keine nennenswerten Verkehrszu- und -abflüsse erfolgen können? Ist es richtig, dass die 2015er Werte der Zählstelle Kemnitz bei der Verkehrsprognose 2025 bisher keinen Eingang fanden?

4. Beruht das Ergebnis der Schwachstellenanalyse „Ortsunverträglichkeit“ für Heiligengrabe auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose 2025 mit durchgehend angenommenen 9.000 Kfz/24h und 1.350 SV/24h? Sieht die Landesregierung noch immer den vordringlichen Bedarf für den Bau der Ortsumfahrung, obwohl das tatsächliche Schwerverkehrsaufkommen in Heiligengrabe selbst, als auch auf der Freien Strecke Kemnitz-Heiligengrabe um mehr als 50% niedriger ausfallen dürfte als bisher angenommen? Bitte um Anfügung der Schwachstellenanalyse für Heiligengrabe.

5. Im Bundesverkehrswegeplan 2003 hatte die Ortsumfahrung Heiligengrabe bei prognostizierten Kosten von 3,8 Mio. Euro einen NKV Wert von 3. Der Barwert des Nutzens lag somit bei ca. 11,4 Mio. Euro. Im BVWP 2016 stehen dem Barwert Kosten von 9,8 Mio. Euro bei einem NKV-Wert von 3,7 ein Barwert Nutzen in Höhe von rund 36,4 Mio. Euro gegenüber. Wie erklärt sich die Verdreifachung des Barwerts des Nutzens von 11,4 auf 36,4 Mio. Euro?

6. Wie hat sich die Einführung der Maut auf der B189 im Sommer dieses Jahres auf das Verkehrsaufkommen ausgewirkt? (Bitte um Vergleich Monatszahlen DTV Kfz und DTV SV September - Dezember und Jahreswerte 2018 mit Werten des Vorjahrs an der Zählstelle Groß Pankow.)

7. Wie erklärt sich die hohe Verbindungsfunktionsstufe, obwohl zwischen A14 und A24 entlang der B189 über weite Strecken Verkehrsmengen zwischen 3.375 (Zählstelle Pritzwalk 28392001, Wert 2015) und 5.000 Kfz/24h ermittelt werden und eine sinnvolle Verbindung von Oberzentren gar nicht erreicht werden kann? Wieso erfolgte im benachbarten Kemnitz noch in diesem Jahr ein Planfeststellungsbeschluss, der die B189 als überregionale (VFS II) und nicht als großräumige (VFS I) Landstraße kategorisiert?

8. Bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans 2003 sind zwischen der A14 und der A24 entlang der B 189 die Ortsumfahrungen Retzin, Groß Pankow und Kemnitz herausgefallen. Sie haben es nicht in den BVWP 2016 geschafft. Wieso sind diese drei Ortsumfahrungen trotz der hohen Verbindungsfunktionsstufe 1 nicht mehr im BVWP 2016 enthalten gewesen, während die OU Heiligengrabe sogar mit einem vordringlichen Bedarf eingestuft wurde?

9. Sieht die Landesregierung noch immer den vordringlichen Bedarf dafür, eine vorhandene und erst 2015 vollständig erneuerte Landesstraße im Regelquerschnitt 9,5, welcher für eine Belastung bis zu 15.000 Kfz/Tag konzipiert war und die aktuell und in der Zukunft lediglich 5.000 bis 5.500 Kfz/Tag abwickeln wird, in der EKL 2 mit einer vollständig dreispurigen Planung auszuführen? Selbst aktuelle Richtlinien geben vor, dass bei einer Verkehrsnachfrage von weniger als 8.000 Kfz/Tag eine Abstufung in die EKL 3 geprüft werden sollte, während man eine Heraufstufung einer Straße der EKL3 in die EKL 2 erst ab 13.000 Kfz/Tag vorsieht.

10. In Heiligengrabe befindet sich das 1287 gegründete Kloster Stift zum Heiligengrabe. Die Klosteranlage gilt als besterhaltene in Brandenburg und ist seit 1998 als Denkmal nationaler Bedeutung eingestuft. Während die nördlichen ehemaligen Besitzungen bereits durch den Bau der A24 abgetrennt wurden, ist das jahrhundertealte Wegesystem nach Südwesten bis heute nachvollziehbar und erhalten. Es wurde zwischenzeitlich als denkmalwürdig eingestuft. Die geplante Ortsumfahrung würde die letzten drei verbleibenden Hauptachsen zertrennen. Durch den dreispurigen Ausbau der freien Strecke mit begleitenden Zäunen wird der Stiftsforst vollständig zerschnitten, die Alleen zwischen Kemnitz und Heiligengrabe werden über weite Strecken beseitigt und eine Fläche von über 10 Fußballfeldern zusätzlich versiegelt. Ebenso wird die 250-300-jährige Eichenallee Rote Brücke durchtrennt, die als Eingangsportal in den Klosterforst betrachtet werden kann. Potentielle Besucher, die aktuell auf der B189 direkt am Kloster vorbeigeführt werden, sollen in Zukunft mit hohem Tempo an Heiligengrabe vorbeigeführt werden. Wo sieht die Landesregierung eine Verbesserung für die touristische Entwicklung Heiligengrabes, bei der gleichzeitig derart massiv in die klösterlich geprägte Kulturlandschaft eingegriffen wird? In der Begründung zum Bau der Ortsumfahrung wird angeführt, dass die mangelhafte innerörtliche Verkehrsabwicklung die weitere touristische Entwicklung Heiligengrabes behindere.