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Einsatz automatisierter Kennzeichenerfassung in Brandenburg

Kleine Anfrage „Einsatz automatisierter Kennzeichenerfassung in Brandenburg“ herunterladen (PDF, 3 MB)

(Nr. 4448 - Ursula Nonnemacher) Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen zu einer vermissten Person aus Berlin wurde Anfang März 2019 bekannt, dass das Kraftfahrzeug eines Tatverdächtigen in Brandenburg mittels automatisierter Kennzeichenerfassung registriert wurde. § 36a des Brandenburgischen Polizeigesetzes regelt eine „anlassbezogene automatische Kennzeichenfahndung“ zu Zwecken der Gefahrenabwehr. Laut Landesbeauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht können die in Brandenburg zur Kennzeichenerfassung vorhandenen Geräte in einem Fahndungsmodus, der nach definierten Kennzeichen sucht, und einem Aufzeichnungsmodus, der sämtliche Kennzeichen erhebt und speichert, verwendet werden.

Auch wenn die automatische Kennzeichenfahndung zur Aufklärung einzelner Straftaten beitragen kann, ist sie aus datenschutzrechtlicher Perspektive problematisch. Insbesondere eine „Vorratsdatenspeicherung“ der erfassten Kennzeichen kann das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches sich unter anderem aus Artikel 8 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention ableitet, verletzen. Bereits im Jahr 2008 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass eine automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen nur unter strengen Auflagen zulässig sei [1 BvR 2074/05; 1 BvR 1254/07]. Ob die Kennzeichenerfassung in Brandenburg den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht, ist unklar.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie oft kam die automatisierte Kennzeichenerfassung in den vergangenen fünf Jahren zum Einsatz? (Bitte für jeden Anwendungsfall aufschlüsseln nach Jahr, Einsatzort, abgefragtem Zeitraum, zugrundeliegendem Straftatbestand bei der Beantragung, Rechtsgrundlage, Modus (Fahndung bzw. Aufzeichnung), Anzahl der erfassten Kennzeichen, Anzahl der Abfragen von Halterinnen und Haltern, Anzahl der Verfahren, in denen die Kennzeichendaten verwendet bzw. eingebracht wurden und Zeitraum der Speicherung der erfassten Kennzeichen. Bitte auch eine Gesamtzahl der erfassten Kennzeichen pro Jahr angeben)

2. Wie viele Kraftfahrzeughalterinnen bzw. -halter von erfassten Kraftfahrzeugen wurden in den vergangenen fünf Jahren mithilfe der Kennzeichenerfassung verurteilt? (Bitte nach Jahren, Straftat und Strafmaß aufschlüsseln)

3. In wie vielen Verfahren waren die Daten der Kennzeichenerfassung ursächlich für eine Verurteilung?

4. Für welchen Zeitraum werden erfasste Kennzeichen von Halterinnen und Haltern gespeichert, gegen die kein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist?

5. Sieht die Landesregierung die Aufzeichnung sämtlicher erfasster Kennzeichen im Einklang mit dem oben erwähnten Urteil sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Kennzeichenerfassung in Bayern [1 BvR 142/15] sowie in Baden-Württemberg und Hessen [1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10]?

6. Inwiefern hat die Landesregierung die Expertise der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht zur automatisierten Kennzeichenerfassung eingeholt und berücksichtigt?

7. Welche technischen Geräte werden zur automatisierten Kennzeichenerfassung eingesetzt? (Bitte Hersteller und Typenbezeichnung angeben)