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"Strafrabatte" durch Verfahrensverzögerungen

Kleine Anfrage „"Strafrabatte" durch Verfahrensverzögerungen“ herunterladen (PDF, 220 KB)

(Nr. 3784 – Benjamin Raschke) Das Rechtsstaatsgebot erfordert, Strafverfahren angemessen zu beschleunigen. Eine von den Strafverfolgungsorganen zu verantwortende erhebliche Verfahrensverzögerung verletzt den Beschuldigten in seinem Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren. Eine rechtsstaatswidrige Verzögerung muss bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs berücksichtigt werden.

In Anbetracht der derzeitigen mangelhaften Personalausstattung brandenburgischer Gerichte und Staatsanwaltschaften ist zu erwarten, dass es regelmäßig zu sogenannten „Strafrabatten“ durch Verfahrensverzögerungen kommt. Von diesen Rabatten profitieren vor allem Straftäter und Straftäterinnen im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität, für deren Prozessdurchführungen umfangreiche Vorermittlungen notwendig sind. Es besteht somit die Gefahr, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, „Schwerstkriminelle“ erhielten „Strafrabatte“, wohingegen „Kleinkriminelle“ nicht mit einem Nachlass bei ihrer Strafe rechnen können.

In der Vergangenheit wurden in Brandenburg bereits mehrfach „Strafrabatte“ gewährt. Im Jahr 2016 wurde beispielsweise ein Delikt im Bereich der Umweltkriminalität verhandelt, welches bereits in den Jahren 2006 und 2007 begangen wurde. Dabei wurde eine Kiesgrube bei Jüterbog illegal als Abfalldeponie genutzt. Da bis zum Prozessbeginn mehrere Jahre vergingen, bot der vorsitzende Richter den vier mutmaßlichen Tätern für das Ablegen eines umfassenden Geständnisses „Strafrabatte“ an.

Ich frage die Landesregierung:

1. In wie vielen Fällen droht an Brandenburger Strafgerichten in den nächsten sechs Monaten eine Strafverfolgungs-bzw. Vollstreckungsverjährung (bitte nach Gerichten auf-schlüsseln)?

2. Wie oft führte in den vergangenen fünf Jahren eine durch die Justiz zu verantwortende Verzögerung von Strafverfahren zu einer Verminderung des Strafmaßes (bitte nach Gerichten, Delikten und dazugehöriger Dauer des „Strafrabatts“ aufschlüsseln)?

3. Wie erklärt sich die Landesregierung die Anzahl an „Strafrabatten“?

4. Wie wird das Erteilen von „Strafrabatten“ durch die Landesregierung bewertet?

5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Praxis der vermehrten „Strafrabatte“ zu beenden bzw. deren Vergabe zu verringern?