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Umsetzung des Gerichtsurteils zur Sauen-Haltung in Kastenständen

Kleine Anfrage „Umsetzung des Gerichtsurteils zur Sauen-Haltung in Kastenständen“ herunterladen (PDF, 240 KB)

(Nr. 2346 – Benjamin Raschke) In den meisten konventionell wirtschaftenden Schweinezuchtbetrieben werden Zuchtsauen während der Trächtigkeit und Säugezeit in Kastenständen gehalten. Während der Trächtigkeit sollen nach konventioneller Auffassung so Rangkämpfe von Sauen unterbunden werden, welche aufgrund der engen Platzverhältnisse immer wieder ausgetragen werden und die Besamungserfolgsquote mindern. In der Abferkelbucht soll der Kastenstand verhindern, dass Ferkel durch die Sauen erdrückt werden. Neben der geringeren Mortalität der Ferkel lassen sich durch die Kastenstandhaltung auch mehr Sauen auf einer geringeren Fläche halten und die Ausgaben pro Tier senken Kastenstände führen jedoch auch zu einer starken Zurückdrängung der natürlichen Verhaltensweisen der Tiere, z.B. bei der Nahrungssuche und -aufnahme, Körperpflege, Mutter-Kind-Verhalten, Ruhe- und Schlafverhalten, etc. Laut Tierschutzgesetz müssen Kastenstände daher zumindest so beschaffen sein, dass
1. die Schweine sich nicht verletzen können und
2. jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann.

Dafür ist ein vorgeschriebenes Maß von 200 cm x 65 cm für Jungsauen (bis nach dem ersten Abferkeln) und 200 cm x 70 cm für Altsauen einzuhalten. Diese Regelung stellt nur einen Mindeststandard dar, besonders wenn Sauen bei über zwei Trächtigkeiten mehrere Monate im Jahr im Kastenstand gehalten werden.

Die Minimalanforderungen des Tierschutzgesetzes scheinen aber nicht einmal überall umgesetzt zu werden, wie Pressemeldungen über Verstöße immer wieder darlegen. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte am 08.11.2016 die Regelungen des Tierschutzgesetzes in einem Rechtsstreit zwischen einem Landkreis in Sachsen-Anhalt und einem Schweinezuchtunternehmen. Damit ist eine Kastenstandhaltung unzulässig, bei der ein Schwein seine Gliedmaßen in einen benachbarten Kastenstand hineinstrecken müsste, um sich hinzulegen. Da das Urteil eine höchstrichterliche Auslegung einer Rechtsnorm darstellt, ist das Urteil bindend für alle in Deutschland ansässigen Schweinezuchtunternehmen.

Ich frage die Landesregierung:
1. Wie bewertet die Landesregierung das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes und welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dem Urteil für die Schweinehaltung in Brandenburg?
2. Wie viele Sauen werden in Kastenständen in Brandenburg gehalten (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Jahresangaben von 2005-2015)?
3. Wie viele Tage stehen geschlechtsreife Sauen durchschnittlich pro Jahr in Brandenburg in einem Kastenstand?
4. Wie viele Fälle (Betriebe und Anzahl der betroffenen Säue) sind der Landesregierung bekannt, in welchen die Kastenstände in den Jahren 2005-2015 zu schmal waren, das heißt in welchem die Kastenstände nicht das nach Tierschutzgesetz vorgeschriebene Maß von 200 cm x 65 cm für Jungsauen (bis nach dem ersten Abferkeln) und 200 cm x 70 cm für Altsauen haben?
5. Welche Auflagen erhielten diese Betriebe, zu schmale Kastenstände um- bzw. abzubauen?
6. Insofern der Landesregierung zu Frage 4 keine Angaben vorliegen, wann wird die Landesregierung eine Abfrage bei den Landkreisen vornehmen, um die rechtskonformen Abmaße von Kastenständen in den Nutztierhaltungsanlagen Brandenburgs zu überprüfen bzw. sich zu dieser Fragestellung einen Überblick zu verschaffen?
7. Insofern der Landesregierung zu Frage 5 keine konkreten Angaben vorliegen, wie ist das verwaltungsrechtliche Vorgehen, um eine Haltung in zu schmalen Kastenständen in einem Betrieb abzuschaffen?
8. Welche Hinweise und Anzeigen zu Verstößen gegen rechtskonforme Kastenstände sind in den letzten drei Jahren (2014 – 2016) auf Landkreis- und Landesebene eingegangen (bitte mit Datum, Ort und Sachverhalt benennen)? Wie ist die Landesregierung bzw. sind die Landkreise den Hinweisen zu Verstößen nachgegangen?
9. Wie viele dieser angezeigten Verstöße müssten nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erneut geprüft und bewertet werden? Wird die Landesregierung diese Neuprüfung und -bewertung der Fälle aus den letzten Jahren vornehmen oder bedarf es einer erneuten Anzeige von Verstößen von nicht rechtskonformen Kastenständen?
10. Wird die Landesregierung die Veterinärämter der Landkreise anweisen, die Kontrollen in Schweinezuchtbetrieben zu intensivieren, um die Haltung von Sauen in zu schmalen Kastenständen zu kontrollieren und zukünftig zu unterbinden?
11. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung, um möglichst kurzfristig die Nutztierhalter zu veranlassen, einen mit Bezug zum § 24 Abs. 4 Nr. 2 Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) rechtskonformen Zustand in den Schweineställen des Landes herbeizuführen?
a) Wann soll welche konkrete Maßnahme umgesetzt werden?
b) Plant das Land ein Förderprogramm zur Schaffung von rechtskonformen Kastenständen und wenn ja, wie wird dieses ausgestaltet sein?
c) Plant die Landesregierung ein weitergehendes Förderprogramm zur Schaffung von tiergemäßen Raumverhältnissen in Nutztierhaltungsanlagen im Bereich der Schweinehaltung und wenn ja, wie wird dieses Programm ausgestaltet sein?
12. Welche alternativen Haltungsformen von Sauen ohne Kastenstandhaltung zur Besamung und zum Abferkeln sind der Landesregierung bekannt? In wie vielen Betrieben werden diese alternativen Haltungsformen in Brandenburg umgesetzt?