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Neujahrsempfang 2015

Rede Axel Vogels

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

Es gibt in der Politik Themen, die von niemandem gewollt plötzlich auf der politischen Agenda stehen und mit denen man sich dann jahrelang abmüht ohne einer Lösung näher zu kommen. Das Stichwort BER möge an dieser Stelle reichen. So etwas ist der Alptraum jedes Politikers.

Der Traum jeder Politikerin ist ein anderer:

Es ist der Traum die Themen selbst setzen zu können. Und damit ist nicht gemeint, die Tagesordnung des Landtages mit 30-Minuten-Runden zu füllen. Es geht darum die langen Linien der Politik zu bestimmen, mit den eigenen Themen die gesellschaftliche Diskussion anzuführen, dort, wo Themen fremdbestimmt werden, geht es aber zumindest darum die Diskussion inhaltlich entscheidend mitzubestimmen.

Eine solche Themensetzung gelingt aber selten aus dem luftleeren Raum heraus, sondern am besten dann, „wenn die Zeit reif ist“, reif ist für eine andere Politik, sonst kann man sich, und mitunter muss man sich auch jahrelang(!) scheinbar vergeblich abstrampeln ohne den geringsten Widerhall in Medien und Öffentlichkeit zu finden.

In der letzten Legislaturperiode

Wir haben erfolgreich ein Thema selbst gesetzt für das die Zeit reif war: die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit in Brandenburg. Die Wirkung wurde verstärkt durch Initiativen wie ARE oder den Gedenkstätteninitiativen zur Lindenstraße oder zur Leistikowstraße. Hier bleiben wir dran.

Wir haben Chance genutzt die Diskussion von außen vorgegebener Themen entscheidend zu beeinflussen (EK 5/2): Die Kommunalreform mit einem Mehr an Demokratie auf Gemeindeebene durch Einführung der Amtsgemeinde (Ämterfusion mit direkt gewählten Amtsgemeinderäten und Amtsdirektoren) wird in dieser Legislaturperiode umgesetzt.

Weitere Themen, die durch uns die letzten 5 Jahre auf der politischen Agenda gebracht wurden und die wir auch in der neuen Legislaturperiode weiterverfolgen werden sind:

Landwirtschaft: Anfang 2010 von Ökolandbau und GVO-freie Nahrungsmittelerzeugung über Bodenpolitik – Flächenverteilung – Verschiebung hin zu Landwirtschaft und industriellen Massentierhaltung. Am durchsetzungsfähigsten sind diese Punkte, wenn (zivil-)gesellschaftlich Initiativen und Parlamentsarbeit ineinandergreifen.

Am Anfang unserer Landwirtschaftspolitik stand das Zusammenwirken mit den Ökobauern und Initiatoren Gentechnikfreier Regionen, später kamen die Imker und der Bauernbund hinzu.

Zur Massentierhaltung: Die BI Kontraindustrieschwein Haßleben hat Junge bekommen: die BI-Wittstock gegen Industriehuhn, Dörfergemeinschaft gegen Hähnchenfabriken in Steinhöfel (heute anwesend). Wir lehnen die Industrielle Hühnerhaltung in Gumtow ab.

Probleme der Antibiotika resistenten Keime sind nicht erst seit den neuen Meldungen aus Kiel bundesweit bekannt. Brandenburg verweigert sich hier aber bislang innerhalb der Agrarministerkonferenz strikteren Regelungen.

Versprochen: Wir bleiben dran und erweitern in dieser Legislaturperiode den Fokus von der Landwirtschaft und der Frage des gesunden Essens auf die Entwicklung des ländlichen Raumes: Im Landtag herrscht mit den anderen Fraktionen weitestgehende Einigkeit, dass eine Enquetekommission zur demografischen Entwicklung im ländlichen Raum kommen wird.

Wir bleiben genauso dran am großen Thema der Energiewende und dem damit untrennbar verbundenen Braunkohleausstieg, an einer besseren Bildungspolitik von Anfang an, im staatlichen Schulsystem wie an den freien Schulen, an den Kitas wie an den Hochschulen.

Anrede

Neben diesen Themen setzen aber von uns nicht beeinflussbare Entwicklungen außerhalb Brandenburgs neue Schwerpunkte auf die Tagesordnung der Brandenburger Politik: Die Bundespolitik ist in diesen Tagen weitestgehend Außenpolitik, Landespolitik wird zunehmend zur Reaktion auf die Folgen weltweiter Ereignisse.

IS in Syrien oder im Irak, der Truppenabzug aus Afghanistan, der anschwellende Krieg in der Ostukraine oder die Massenmorde in Nigeria mögen weit weg sein, aber sie bleiben nicht ohne Auswirkungen auf Brandenburg. Sie lösen Fluchtbewegungen aus oder verstärken schon vorhandene Fluchtbewegungen und fordern von Politik und Gesellschaft (kurz: uns allen) humanitäre Anstrengungen, wie seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr. Unsere Bereitschaft Schutzsuchende bei uns aufzunehmen, ja, unseren Wohlstand mit ihnen zu teilen ist für viele dieser Menschen zu einer Frage von Leben und Tod geworden.

Eine breite Landtagsmehrheit und Landesregierung mögen sich wunderbar einig sein in ihrer Bereitschaft in bester Brandenburger Tradition diese Menschen im Land aufzunehmen, die Chancen zu sehen, die in der Aufnahme dieser Neubürger liegen und die Gemeinden finanziell zu unterstützen. Aber nicht wir hier im Landtag können die Aufnahme und das Zusammenleben organisieren, das kann nur Vor-Ort geschehen.

Die Vielzahl von Willkommensinitiativen, die Tatsache, dass bislang jede Demonstration für die Flüchtlinge in Brandenburg mehr TeilnehmerInnen auf die Beine gebracht hat als die mit Ressentiments vollgepumpten Hetzer gegen neue Asylunterkünfte macht uns Hoffnung.

Diesen engagierten Menschen, von denen viele heute Abend in Brandenburg an der Havel unterwegs sind, gebührt unser besonderer Dank.

Wir haben hier schon einiges ins Rollen gebracht und sie können sich darauf verlassen, dass es so bleibt. Der Motor der Opposition läuft weiter.

Axel Vogel und Ursula Nonnemacher begrüßen die Gäste © Dr. Guido Sutthoff Foto: Dr. Guido Sutthoff
Axel Vogel und Ursula Nonnemacher begrüßen die Gäste