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Landesregierung muss Aktionsplan für Ökolandbau auflegen

(Nr. 86) Brandenburgs Landesregierung ist dabei, den Bio-Boom zu verschlafen und die Potenziale des riesigen Berliner Bio-Absatzmarktes vor seiner Haustür viel zu wenig zu nutzen. Das ist das Ergebnis eines Vor-Ort-Termins der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Ökohof Brodowin (Landkreis Barnim) am gestrigen Mittwoch, einen Tag vor der Brandenburgischen Landwirtschaftsausstellung (BraLa). An diesem Termin nahmen der Berliner Verbraucherschutzsenator DIRK BEHRENDT (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), der Vorsitzende der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag AXEL VOGEL, die Köchin und Imkerin SARAH WIENER (Gut Kerkow, Uckermark) und der Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau MICHAEL WIMMER teil. Gastgeber war der Geschäftsführer des Ökodorfs Brodowin LUDOLF VON MALTZAN, der dort auf 1200 Hektar u.a. Milch, Käse, Gemüse und Getreide produziert und davon rund 90 Prozent nach Berlin liefert.

"Früher war Brandenburg Spitze beim Ausbau des ökologischen Landbaus. Inzwischen ruht man sich auf den erworbenen Lorbeeren aus und gerät seit Jahren ins Hintertreffen", sagte AXEL VOGEL. "Der deutsche Bio-Markt hatte allein 2016 ein Umsatzplus von 9,9 Prozent. Der jährliche Umsatz der Bio-Branche in Berlin und Brandenburg beträgt nach Angaben des FÖL rund 450 Millionen Euro. Und trotzdem beträgt der Anteil regionaler Produkte im Berliner Biofachhandel nur 15 Prozent." AXEL VOGEL macht dafür auch die Geringschätzung des ökologischen Landbaus durch Brandenburgs Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) verantwortlich, der zwischen 2012 und 2014 - bundesweit einmalig - die Umstellungsprämie vom konventionellen auf den ökologischen Landbau in Brandenburg aussetzte. Diese Prämie werde derzeit zwar wieder gezahlt, sie fällt im Bundesvergleich aber am niedrigsten aus. "Kein Wunder, dass der Zuwachs an Flächen im ökologischen Landbau in Brandenburg seit zehn Jahren weitestgehend stagniert."

"Brandenburg braucht einen Aktionsplan für mehr ökologische Landwirtschaft. Das beinhaltet eine Anhebung der Flächenprämie und ein verbindliches Flächenziel." AXEL VOGEL erinnerte daran, dass Brandenburgs Landesregierung ein Maßnahmeprogramm für biologische Vielfalt aufgelegt habe, nach dem der Ökolandbau-Anteil auf 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausgeweitet werden soll. Derzeit beträgt er rund zehn Prozent. "Die Situation ist paradox. In Berlin lebt ein riesiger Anteil von umwelt- und gesundheitsbewussten Verbraucherinnen und Verbrauchern, die hohen Wert auf regional produzierte, ökologische Lebensmittel legen. Doch Brandenburg ist weit davon entfernt, diese Nachfrage decken zu können."

Auf dem Vor-Ort-Termin wurde auch deutlich, dass insbesondere die Aus- und Weiterbildung von Ökolandwirten in den Bereichen Vertrieb und Marketing, aber auch die Weiterverarbeitung von Ökoprodukten, zum Beispiel in Öko-Fleischereien, und der Vertrieb derzeit noch Schwachstellen in Brandenburg sind. "Es müssen hier spezielle Schulungs- und Beratungsangebote für brandenburgische Ökobauern eingerichtet und gezielt für inzwischen existierende Förderprogramme geworben werden- andere Bundesländer sind hier viel weiter", sagte AXEL VOGEL.

Politische Unterstützung erhoffe er sich vom Berliner Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung DIRK BEHRENDT, der auch für Landwirtschaft zuständig ist und nun an den Agrarministerkonferenzen der Bundesländer teilnimmt. Einen wichtigen Schritt habe die rot-rot-grüne Koalition in Berlin bereits unternommen: So wurde im Koalitionsvertrag festgeschrieben, den Anteil des Bio-Essens in Berliner Kindertagesstätten und Schulen, Kantinen, Mensen und beim Catering bis 2021 deutlich zu erhöhen. Bislang betrage - so die FÖL - der Bio-Anteil an den täglich 88.000 Grundschulessen in Berlin bereits rund 40 Prozent. Leider würden diese Waren jedoch fast ausschließlich von außerhalb der Region bezogen.