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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG)

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Das Kommunalabgabengesetz hat sich in dieser Legislaturperiode als Dauerbrenner in diesem Parlament erwiesen. In wohl keinem anderen Politikfeld sind die Interessen der einzelnen Akteure so unterschiedlich und die Auseinandersetzungen so intensiv wie in der Frage der sog. Altanschließerproblematik. Nirgendwo scheint die Bereitschaft zu einer Verständigung so gering. Wir müssen feststellen: Kaum schien sich die Lage nach einer gesetzlichen Klarstellung oder einer höchstrichterlichen Entscheidung beruhigt zu haben, hat sich ein neues Problem aufgetan.

In der aktuellen Situation hat die Landesregierung durchaus richtig erkannt, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 eine gesetzlich geregelte zeitliche Begrenzung für die Festsetzung von Abgaben in einigen Fällen nicht eindeutig vorhanden ist. Grundsätzlich besteht also Handlungsbedarf! Von allen Möglichkeiten wurde dann aber zielsicher die schlechteste ausgewählt. Das muss man erst mal schaffen.

In der Anhörung des Innenausschusses am 24.10.2013 hat keiner der 10 Sachverständigen auch nur annähernd anerkennende oder unterstützende Worte für den vorliegenden Gesetzentwurf gefunden. Davon unbeeindruckt haben die Koalitionsfraktionen anschließend so getan, als wäre nichts geschehen und haben keine der Möglichkeiten genutzt, das Gesetz nachzubessern. Das nennt man üblicherweise Beratungsresistenz.

Der Gesetzentwurf sieht eine Verjährungshöchstfrist von 15 Jahren vor, die allerdings bis zum 3.10.2000 gehemmt sein soll. Die Aufgabenträger, die bisher noch keine Beiträge erheben konnten, sind also aufgefordert, ihre Beitragsforderungen bis Ende 2015 zu realisieren. Die Begründung für die geplante Ablaufhemmung von 10 Jahren erscheint durchaus willkürlich gewählt, ist nicht konkret und im Sachzusammenhang begründet. Ähnlich schwach ist die Begründung zur Verjährungshöchstfrist von 15 Jahren.

Der Änderungsantrag der CDU-Fraktion ist in der Festsetzung der Ablaufhemmung anhand der endgültigen Stabilisierung der Zweckverbände nachvollziehbarer. Allerdings können wir einer Verjährungsfrist von 10 Jahren nicht folgen. Mit dem CDU-Vorschlag wären Beitragsforderungen für sog. Altanschließer schon nach 2014 nicht mehr möglich.

Die Anhörung hat auch gezeigt, dass viele Aufgabenträger alleine schon aufgrund des Umfangs der Aufgabe schlichtweg nicht in der Lage sein werden, alle beitragspflichtigen Altanschließer bis Ende 2015 zu veranlagen. Die damit entstandenen Einnahmeausfälle müssen von irgendjemand getragen werden; sie werden sich nicht in Luft auflösen. Dies ist sowohl ein Gerechtigkeitsproblem, da eine Gleichbehandlung von Beitragspflichtigen dann nicht mehr gewährleistet werden kann, als auch ein finanzielles Verteilungsproblem, von dem nicht absehbar ist, wie es gelöst werden kann. Es wird in der Folge zu massiven Rechtsstreitigkeiten zwischen den Kommunen und dem Land kommen. Gerichte werden entscheiden müssen, ob die Mehrbelastungen „schuldhaft" entstanden sind. Konnexitätsklagen wurden schon angedeutet.

Schon jetzt werden die möglichen Einnahmeausfälle mit einem hohen zweistelligen bis dreistelligen Millionenbetrag beziffert. Geld, für das der Landeshaushalt oder die zumeist selbst klammen Kommunen aufkommen müssen.

Die Folgen dieses Gesetzes sind bedrückend:

- Der Rechtsfriede wird nicht gestärkt, das Grundrecht auf Gleichbehandlung wird
nicht gewahrt.
- Die finanziellen Folgen für Land und Kommunen sind gravierend.
- Das Verhältnis zwischen dem Land und einzelnen Gemeinden wird aufgrund von
juristischen Auseinandersetzungen dauerhaft gestört werden.
- Auch innerhalb der Zweckverbände, die die Beitragserhebung nicht rechtzeitig
werden abschließen können, wird es zu Spannungen unter den Gemeinden kommen.
- Die bestehenden Probleme in benachteiligten Regionen werden verschärft werden,
wodurch sich die ökonomische Abwärtsspirale dort schneller drehen wird.
- Hinzu kommt absehbar ein Anwachsen von Streitverfahren an Verwaltungsgerichten

oder andere Versuche von Betroffenen, in den Genuss der Verjährungsregelung zu kommen.

Insgesamt sind das keine guten Aussichten. Nur um des lieben Koalitionsfriedens Willen werden alle berechtigten Einwände weggewischt. Diesen Gesetzentwurf kann man nur ablehnen, den Änderungsantrag der CDU auch!