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Ursula Nonnemacher spricht zum Bericht der Landesregierung - Frühförderung als Komplexleistung im Land Brandenburg umsetzen

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- Es gilt das gesprochene Wort !

Anrede!

Der Bericht der Landesregierung schildert uns auf sechs Seiten die organisatorischen Anstrengungen des Ministeriums den Koordinationsprozess „Frühförderung als Komplexleistung“ mit den verschiedenen Akteuren in Brandenburg zu entwickeln.

Handfesten Ergebnisse oder Schritte zur Verbesserung der gesundheitlichen und sozialen Versorgung von Kindern, die von Behinderung bedroht sind, fehlen jedoch! Das ist enttäuschend, zumal die Landesregierung seit 2012 daran arbeitet.

Angesichts des „diffizilen Prozessverlaufs“ konnte als minimales Ergebnis nach zwei Sitzungen der Facharbeitsgruppe nur ein Zwischenergebnis präsentiert werden: Über Probleme und Ziele wurde gesprochen und ein Konsens wurde hergestellt, „die Bereitschaft samt der Verantwortung zu erkennen“ konstruktiv Voraussetzungen für die Frühförderung als Komplexleistung zu schaffen.

Man kann schon ahnen, dass noch sehr viel Wasser von der Havel in die Elbe fliesen muss, bevor hier etwas für unsere Jüngsten getan wird, obwohl die Kinder, die durch Behinderung bedroht sind und auch ihre Eltern, unter der Uneinigkeit der Träger leiden müssen!
Was macht die Einigung so schwierig?

Der Gesetzgeber hatte die Leistung Früherkennung und Frühförderung des SGB IV im Jahre 2001 neu geregelt. Medizinisch-therapeutische und heilpädagogische Leistungen sollten zusammengefasst und als Komplexleistung zur Verfügung gestellt werden, dabei sollten in den Ländern gewachsene Strukturen berücksichtigt werden. Das war gut gedacht! Aber eine gemeinsame Empfehlung auf Bundesebene zur Umsetzung scheiterte und lediglich eine Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung wurde erlassen. Durch die Rechtsverordnung verlagerte sich das Problem auf die Länder und Kommunen. Diese unternahmen bei der Umsetzung unterschiedliche Anstrengungen und ein bunter bundesweiter Flickenteppich an verschiedenartigen Angeboten ist das Resultat.

In der Brandenburger Praxis zeigten sich erhebliche strukturelle Mängel, die Landesrahmenvereinbarung konnte nicht umgesetzt werden. Die Leistungserbringer stellten daraufhin in den letzten Jahren keine Anträge, um sich als interdisziplinäre Frühförderungsstelle anerkannt zu lassen. Ausschlaggebend waren fehlende verbindliche Definitionen und Vorgaben zu den Leistungen sowie zur Finanzierung der Frühförderung. Schnittstellen und die Zuständigkeiten konnte nicht geklärt werden. Die Angebote sind inhaltlich, konzeptionell und von der finanziellen Ausstattung her kaum vergleichbar. Die Rehabilitationsträger und Leistungserbringer konnten sich auf dieser Basis nicht einigen.

Im Sozialausschuss konnten wir uns dagegen nach einer ausführlichen und interessanten Anhörung schnell einigen: auf den überfraktionellen Antrag „Frühförderung als Komplexleistung im Land Brandenburg umzusetzen“. Das Sozialministerium machte sich auf den Weg den stockenden Prozess der Umsetzung und Konsensbildung mit der Facharbeitsgruppe Komplexleistung Frühförderung zu begleiten. Das Ergebnis ist alles andere als berauschend, aber es ist nach nur zwei Sitzungen sicher zu früh, die Flinte ins Korn zu werfen!

Allerdings bleibt uns auch keine andere Wahl! Wir müssen diesen Weg gehen, denn ein funktionierendes Hilfenetz und verbindliche Kooperationsbeziehungen zwischen den beteiligten Institutionen und Berufsgruppen aus den unterschiedlichen Hilfesystemen sind unerlässlich, damit Kinder mit Unterstützungsbedarf und ihre Familien schnell und unkompliziert von geeigneten Hilfen profitieren können.

Dieses Vorhaben braucht mehr Zeit, als wir dachten! Es darf aber nicht bei einem Bekenntnis zur erkannten gemeinsamen Verantwortung stehenbleiben. Die harten Fragen: Was ist Bestandteil der Komplexleistung? Welchen Qualitätsstandard legen wir an? Wer bezahlt was? Wie wird ein möglichst unbürokratischer Verfahrensablauf gestaltet? harren weiter der Beantwortung. Erst wenn sie klar beantwortet sind wird es möglich, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in Brandenburg auch tatsächlich annähernd gleiche Entwicklungschancen bekommen.