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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der Gruppe BVB/Freie Wähler „Polizeistandort Zossen erhalten und ausbauen“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Der Abgeordnete Schulze begründet seinen Antrag „Polizeistandort Zossen erhalten und ausbauen“ vor allem damit, dass in Zossen nunmehr eine weitere Erstaufnahmestelle für Asylsuchende errichtet werden soll. Eine Präsenz von Polizei in der Nähe sei unverzichtbar und in jedermanns Interesse. Dazu möchte ich gleich vorweg klarstellen: Dafür, dass geflüchtete Menschen und Asylsuchende krimineller sind als andere Menschen gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Nach Angaben der Landesregierung liegt der Anteil von Asylsuchenden an allen Tatverdächtigen in Brandenburg unter einem Prozent.

Ich gehe davon aus, dass auch Sie, Herr Schulze, das wissen, und sie etwas anderes mit ihrem Antrag vielleicht auch gar nicht unterstellen wollten. Dennoch trägt der Ruf nach mehr Polizeipräsenz in der Nähe von Erstaufnahmestellen doch eher dazu bei, diffuse Ängste und Vorurteile gegen Asylsuchende bei den Brandenburgerinnen und Brandenburgern zu schüren, als ihnen vorzubeugen!

Das halte ich gerade im Fall Zossen-Wünsdorf für gefährlich. Der Brandanschlag in der Nacht zum 16. Mai 2015 auf die Räumlichkeiten der geplanten Erstaufnahmeeinrichtung, verübt von bekannten Rechtsextremisten, hat in unserer Fraktion große Betroffenheit ausgelöst. Ich denke, es besteht bei vielen Einigkeit, dass trotz des glücklicherweise geringen materiellen Schadens dieser Anschlag für die weitere Debatte um die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen ein ausgesprochen schlechtes Signal gewesen ist.

Die Stadt Zossen hat aber im Kampf gegen die rechte Szene große Fortschritte gemacht, nachdem Innenminister Woidke 2011 die „Freien Kräfte Teltow Fläming“ verboten hat und sich viele engagierte Bürgerinnen und Bürger klar gegen Rechtsextremismus positioniert haben.

Trotzdem bedarf es natürlich eines Schutzes der Asylsuchenden in der Erstaufnahmeeinrichtung, das möchte ich angesichts des bereits erwähnten Brandanschlages gar nicht bestreiten. In der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt erfolgt eine Bewachung der Einrichtung 24 Stunden täglich an 365 Tagen im Jahr durch Wachpersonal. Ich gehe davon aus, dass das auch für die künftigen Erstaufnahmeeinrichtungen in Zossen-Wünsdorf gilt. In diesem Zusammenhang begrüße ich es ausdrücklich, dass der Landespräventionsrat Brandenburg zusammen mit der Integrationsbeauftragten derzeit ein Anti- Gewalt und Deeskalationsprogramm zur Schulung von Personal und Asylsuchenden in Gemeinschaftsunterkünften erarbeitet und hoffe, dass dieses auch bei der Erstaufnahmeeinrichtung Anwendung findet.

Wir halten fest: die Bevölkerung muss nicht vor den Flüchtlingen geschützt werden,

rechtsextreme Übergriffe sind in Zossen glücklicherweise stark rückläufig, es gibt einen Wachschutz und die beschriebenen Deeskalationsschulungen können dazu beitragen, Auseinandersetzungen auch innerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen mit hoher Belegung zu reduzieren.

Ein Ausbau des Polizeistandortes Zossen und eine Aufstockung des Personals lässt sich dadurch nicht begründen. Trotz der ständigen Abwicklungs- und Schließungsszenarien, die in dem Antrag heraufbeschworen werden, erfreut sich der Standort eines bemerkenswert robusten Eigenlebens! Das Polizeirevier ist rund um die Uhr geöffnet, eine Einschränkung momentan nicht geplant und die Personalstärke wurde mit 38 Bediensteten nur minimal gesenkt. Da dies schon der Zielstärke im Rahmen der Polizeistrukturreform mit den alten Zielzahlen entspricht, ist eher eine Verstärkung zu erwarten. Die durchschnittliche Interventionszeit im Bereich der Polizeiinspektion Teltow Fläming betrug für 2014 26 Minuten. Im Jahr 2013 betrug sie noch 33 Minuten.

Nein, lieber Christoph, es ist okay, dass du deinem Unmut über die Polizeireform mal wieder Luft machen musstest. Die Sicherheitslage in Zossen erscheint mir aber nicht akut gefährdet. Wir werden diesen Antrag ablehnen und drücken uns allen die Daumen, dass in den kommenden Plenarsitzungen nicht jeder Standort in einem Antrag aufgearbeitet werden muss.