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Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Antrag „Unabhängige Polizeibeschwerdestelle schaffen“

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Schaffung einer bürgerfreundlichen und bürgernahen Polizei ist seit jeher ein zentrales grünes Anliegen. Die Einführung von Namensschildern oder Kennzeichen für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte war schon ein wichtiger Schritt voran zu einer bürgerfreundlichen Polizei. Unserer Fraktion geht es nun darum, ein unabhängiges Beschwerdemanagement für die Polizeiarbeit aufzubauen. Hierfür wollen wir die Stelle eines bzw. einer unabhängigen Polizeibeauftragten schaffen. Die Institution soll nicht als institutionalisiertes Misstrauensvotum gegenüber der Polizei verstanden werden, sondern als eine Instanz zur kritischen Begleitung und Weiterentwicklung der Polizeiarbeit. Dies kann und soll die Beachtung von Menschenrechtsfragen in der Polizeiarbeit ebenso betreffen wie Eingaben aus dem innerdienstlichen Bereich bis hin zu sozialen oder persönlichen Konfliktsituationen. Neben dem Kontrollauftrag soll diese Anwältin und Anwalt ebenso für die Belange der Polizeibediensteten wie für die Belange der Bürgerinnen und Bürger sein.

Wir beobachten zunehmend mit großer Sorge, dass sich Menschen in Brandenburg nicht frei äußern können. Im Zusammenhang mit dem sogenannten Maskenmann – Prozess wurden jüngst Vorwürfe laut, dass Zeugenaussagen von Polizeibediensteten vor Gericht vorab zensiert wurden. Auch soll unter Androhung von Konsequenzen eine ergebnisoffene Ermittlung in alle Richtungen unterbunden worden sein. Wenn sich Beamtinnen und Beamte nicht mehr wagen Kritik zu äußern, sondern diese sanktionsbewehrt ist, macht sich Duckmäusertum breit. Dies ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar.

Die Polizeibeschwerdestelle würde den Brandenburger Polizeibediensteten die Möglichkeit eröffnen, sich an eine unabhängige, neutrale Stelle zu wenden und dort ihre Anliegen vorzutragen und auch Kritik zu äußern. Eine zentrale Forderung unseres Antrags ist daher, die Beschwerdestelle nicht beim Innenministerium anzusiedeln, sondern – ähnlich wie der Landesbeauftragte der Polizei in Rheinland- Pfalz- als Hilfsorgan beim Landtag. Der oder die Polizeibeauftragte wäre mit umfassenden Akteneinsichts- und Befragungsrechten auszustatten und müsste dem Landtag jährlich öffentlich einen Bericht liefern.

Natürlich soll es auch weiterhin für Betroffene möglich sein, den Rechts- oder Dienstweg zu beschreiten. Aus unserer Sicht bedarf es aber auch jenseits dieses Rechts- und Dienstweges einer zusätzlichen Anlaufstelle für Betroffene. Dabei muss klar sein, dass Polizistinnen und Polizisten wegen der Tatsache der Anrufung der Beschwerdestelle weder dienstlich gemaßregelt werden noch sonst Nachteile erleiden dürfen.

Eine unabhängige Beschwerdestelle ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des hohen Krankenstandes in der Brandenburger Polizei dringend nötig. Mit 800 kranken Polizeibediensteten täglich liegen wir hier laut Gewerkschaft der Polizei bundesweit vorne. Der hohe Krankenstand ist auch ein Indikator für ein schlechtes Betriebsklima. Eine Polizeibeschwerdestelle, die in Konfliktsituationen zwischen den Betroffenen vermittelt, trägt dazu bei, die Zufriedenheit am Arbeitsplatz und die Freude am Beruf zu erhöhen.

Die Beschwerdestelle wäre aber nicht nur dazu da bei internen Problemen in der Polizei tätig zu werden. Auch die Zivilgesellschaft hätte mit dieser eine Anlaufstelle, um reale oder vermeintliche Übergriffe aus dem Polizeiapparat überprüfen zu lassen. Eine außerhalb der Polizeistruktur installierte Beschwerdestelle stärkt das öffentliche Vertrauen in die Polizei. Auch wenn die brandenburgischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ihren Dienst weit überwiegend tadellos verrichten, bedarf es hier weiterer Instrumente, um Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten herzustellen.

Aufgabe der Polizeibeschwerdestelle wäre es, von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern vorgetragene Kritik zu prüfen und auf eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken. Vorrangiges Ziel ist dabei die einvernehmliche Konfliktbereinigung durch Kommunikation und Mediation. Polizeiliches Handeln wird dadurch transparenter, was das Vertrauen in die Integrität der Polizei weiter befördert. Auch kann die Polizei durch eine unabhängige Beschwerdestelle vor ungerechtfertigten Anschuldigungen geschützt werden.

Der Bedarf an einem unabhängigen Beschwerdemechanismus für die Zivilbevölkerung hat sich auch zu Zeiten des NSU-Untersuchungsausschusses gezeigt. Polizeiliche Ermittlungen zu Straftaten, die dem NSU vorgeworfen werden, wurden hier von Angehörigen der Mordopfer als diskriminierend wahrgenommen. Eine unabhängige Beschwerdestelle hätte den Beschwerden der Angehörigen und der Opfer Gehör verschafft, zu einer Überprüfung der Polizeiarbeit geführt und so möglicherweise Abhilfe schaffen können.

Auch ist zu beachten, dass Menschen mit Migrationshintergrund weltweit häufiger von diskriminierenden Ermittlungen betroffen sind. Internationale Gremien wie der UN Menschenrechtsausschuss oder der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben wiederholt festgestellt, dass Personenkontrollen, die allein auf der Hautfarbe einer Person basieren – sogenanntes racial profiling – gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. Auch in diesen Fällen würde die Polizeibeschwerdestelle den Betroffenen beiseite stehen. Zudem würde sie dazu beitragen, dass Bewusstsein für existierende Ungleichbehandlungen ohne sachlichen Grund zu schärfen.

Hinzu kommt, dass Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus und schlechten Sprachkenntnissen geringe Beschwerdemacht haben und daher auf besondere Hürden bei der Durchsetzung ihrer Rechte stoßen. Hierauf verweist zum Beispiel das Deutsche Institut für Menschenrechte in einem Eckpunktepapier zum Thema Polizei- Beschwerdestellen.

Auch dieser Aspekt spricht dafür, dass sowohl Polizeiangehörigen als auch Bürgerinnen und Bürgern eine leicht zugängliche Instanz außerhalb des Polizeiapparates zur Verfügung gestellt werden muss, die Beschwerden und Kritik aufnehmen und eine Auseinandersetzung über den Einzelfall hinaus anstoßen kann.

Ein Trend zur Einrichtung unabhängiger Polizeibeschwerdestellen besteht sowohl auf Landes-, Bundes-, als auch auf internationaler Ebene. Auf Landesebene wurde eine solche bereits in Rheinland- Pfalz errichtet, die Erfahrungen dort sind ausgesprochen positiv und die Inanspruchnahme weiter steigend. Die Regierungen in Schleswig- Holstein und Thüringen haben sich die Einrichtung einer Polizeibeauftragtenstelle ebenfalls als Ziel im Koalitionsvertrag gesetzt. Im Bundestag forderte die Fraktion DIE LINKE mit einem Antrag von März 2015 die Bundesregierung dazu auf, eine Polizeibeschwerdestelle auf Bundesebene einzurichten sowie die Länder einzubinden, mit dem Ziel, dort ebenfalls entsprechende Stellen zu schaffen. International existieren Polizeibeschwerdestellen beispielweise bereits in Belgien, Österreich, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen, Dänemark, aber auch in einigen afrikanischen Ländern.

Auch Brandenburg würde eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle gut zu Gesicht stehen. Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit die gesetzliche Ausgestaltung zügig in Angriff genommen werden kann.

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Der Antrag wurde abgelehnt.