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Ursula Nonnemacher spricht zur Großen Anfrage der CDU „Brandenburg als selbstbewusste Region innerhalb der Europäischen Union“

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Aus den Antworten auf die Große Anfrage der CDU wird deutlich, dass Brandenburg den Spielraum, den insbesondere die Osterweiterung der Union 2004 dem Land gegeben hat, bisher gut genutzt hat, obwohl es sich in der Frage der Arbeitsnehmerfreizügigkeit nun wahrlich keiner Vorreiterrolle rühmen kann. Ohne die europäische Perspektive wäre Brandenburg heute ein anderes, ein deutlich ärmeres Land. Die politischen und kulturellen Beziehungen Brandenburgs zu Staaten der Europäischen Union sind heute vielfältig und lebendig. Die Vernetzung mit anderen Regionen wie zum Beispiel der Ostseeregion aber auch mit unseren Partnern jenseits der Oder erweitern die Optionen von Unternehmen und Menschen im ganzen Land.

Mit den Partnerschaftsbeauftragten und dem Verbindungsbüro des Landes in Polen und Rumänien sind gute Voraussetzungen für eine engere Zusammenarbeit geschaffen worden, die jedoch noch intensiver mit Leben erfüllt werden könnten.

Anrede!

Die für Brandenburg besonders wichtigen Programme der EU-Strukturfonds, des Forschungsrahmenprogramms und des Programms „Connecting Europe“ sind ein Ausdruck eines Europas für die Menschen und zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen in unserem Land. Hier wirkt die EU allerdings inzwischen mehr als Treiber für Innovation und Fortschritt, während die Landesregierung sich eher als Bremser zeigt. In ihrer Antwort auf die große Anfrage behauptet sie, gemäß der Leitidee der Strategie Europa 2020, sich stets für die Stärkung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft, die Förderung von Ressourcen- und Umweltschutz sowie den sozialen Zusammenhalt eingesetzt zu haben.

Wie bitte??

Brandenburg hat erhebliche Probleme im Bildungsbereich, Schwierigkeiten Lehrernachwuchs zu akquirieren, die Hochschulen sind notorisch unterfinanziert, die Betreuungsrelation Kind-Erzieherin ist eine der schlechteste bundesweit - um hier nur die Highlights zu nennen. Von einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft ist Brandenburg also noch weit entfernt. Das Land setzt außerdem nach wie vor auf die schonungslose Ausbeutung seiner fossilen Energieressourcen und die Förderung industrieller Landwirtschaft mit ihren nachgewiesenen Problemen für Wasser, Luft und Boden. Die angeblich auf Innovation und Wissen gestützte Wirtschaft unseres Landes hat bundesweit den niedrigsten Anteil an Forschung und Entwicklung, gemessen am BIP. Sollte sich diese Landesregierung also wirklich stets in oben genanntem Sinne eingesetzt haben, kann man nur Scheitern attestieren.

Das uneingeschränkte Grundrecht auf Freizügigkeit ist für uns ein essentieller Bestandteil der Europäischen Union und nicht verhandelbar. Die Freizügigkeit garantiert allen das Recht, sich frei in der EU zu bewegen, in einem anderen Mitgliedsstaat Arbeit zu suchen und sich aufzuhalten. Das EU-Recht sichert ein Aufenthaltsrecht ohne Bedingungen von bis zu drei Monaten zu. Wer länger bleibt, muss Arbeit oder ausreichende Ressourcen vorweisen. Dieses Aufenthaltsrecht sichert aber keinerlei Rechte auf Leistungen der Sozialversicherung oder Sozialhilfe zu. Wir finden die populistische Stimmungsmache gegen sogenannte Armutsflüchtlinge, gemeint sind meist Bürgerinnen und Bürger aus Rumänien und Bulgarien, unerträglich. Deutschland und natürlich auch Brandenburg mit seiner bekannten demografischen Entwicklung profitiert von Zuwanderung. Kaum ein Wirtschaftszweig kommt ohne Migrantinnen und Migranten aus. Ein großer Teil der Zuwandernden sind qualifizierte Fachkräfte, beispielsweise Ärztinnen und Ärzte, Ingenieurinnen und Ingenieure oder Pflegekräfte. Die Landesregierung tut also gut daran, ihre Position zu überdenken und sich aktiver um Fachkräfte aus dem Ausland zu bemühen.

Nur durch intensive internationale Anstrengungen kann die Einhaltung des 2-Grad-Klimaziels überhaupt noch erreicht werden. Ambitioniertes Handeln auf europäischer Ebene, die deutlich über die aktuellen Vorschläge der Kommission für das Jahr 2030 hinausgehen müssen, geben Klimaschutz und Energiewende wieder eine Chance und machen den europäischen Beitrag zur internationalen Klimapolitik wieder deutlich. Davon ist Brandenburg jedoch ebenfalls noch weit entfernt. Die in der Energiestrategie Brandenburgs verankerten Ziele greifen zwar die EU-Strategie auf, jeder weiß jedoch inzwischen, dass Brandenburg diese Ziele nicht erreichen wird. Ein Klimaschutzgesetz, welche diese Ziele verbindlich machen würde, wurde dementsprechend vom Landtag abgelehnt. Statt die Chancen eines Vorreiters im Klimaschutz zu nutzen, verbündet sich Brandenburg eher mit denjenigen Kräften, die Innovationen auf diesem Gebiet entgegenstehen.