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Marie Luise von Halem spricht zum Haushaltseinzelplan 06 für das Ministerium für Wissenschaft, Forschung, Kultur

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- Es gilt das gesprochene Wort ! -

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Ressort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur greife ich zwei zentrale bündnisgrüne Anliegen auf.

1. Planungssicherheit für die Hochschulen

Bereits im ersten Hochschulpakt hatte sich die Rücklagenbildung für die Hochschulen bewährt. Sie wurde deshalb von der Landesregierung im Hochschulpakt II beibehalten und galt als Beitrag zur Erhöhung des flexiblen Mitteleinsatzes und zur nachhaltigen Planungssicherheit der Hochschulen.

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur sperrte im Jahr 2010 insgesamt 10 Millionen Euro aus den Rücklagen der Hochschulen Brandenburgs, um den Landeshaushalt 2011 zu entlasten. Dieser Eingriff schränkt die Selbstverwaltungsrechte und die Hoheit der Hochschulen über ihr Budget ein, das ihnen laut Hochschulpakt II bis Ende 2010 explizit erlaubte, durch Rücklagenbildung die Ausgaben über die Jahre in eigenem Ermessen zu verteilen. Dies ist für uns Bündnisgrüne eine Verletzung des Hochschulpakts II, da die Sperre finanzielle Entscheidungen der Hochschulen im Jahr 2010 einschränkt bzw. verhindert. Die Vereinnahmung der von den Hochschulen gebildeten Rücklagen zur Haushaltskonsolidierung

ist inakzeptabel und wirkt de facto wie eine Kürzung, weil die Hochschulen die Mittel fest eingeplant hatten. Diese Rücklagen sind kein Sondersparvermögen der Hochschulen, sondern fest für langfristige und auch überjährige Vorhaben in Forschung und Lehre eingeplant.

Kritisch äußert sich auch Dr. Christian Pestalozzi in seinem Gutachten zum Zugriff auf die Rücklagen. Die Analyse des bekannten Berliner Staats- und Verfassungsrechtlers bewertet das Handeln der Regierung inhaltlich als einen Bruch des Brandenburgischen Hochschulpaktes II aus dem Jahr 2007. Der Universitätsprofessor kommt zum Schluss, dass durch die Hochschulpakte I und II rechtsverbindlich die Übertragbarkeit nicht verbrauchter Haushaltsmittel und eine damit verbundene Rücklagenbildung zugestanden wurde.

Der Zugriff auf die Rücklagen der Universitäten durch die Landesregierung hat das Vertrauen in die Politik erschüttert. Schon heute zeichnet sich ab, dass Hochschulen im laufenden und kommenden Jahr geplante Projekte stoppen bzw. deren Etat kürzen müssen.

Was bedeutet das zum Beispiel für die Uni Potsdam? Unsere größte Hochschule soll insgesamt auf 6,5 Millionen Euro verzichten. Das entspricht etwa 130 MitarbeiterInnenstellen. So verwundert nicht, dass die Kanzlerin der Uni Potsdam, Barbara Obst-Hantel, angekündigt hat, dass durch den Zugriff geplante und bereits teilrealisierte Vorhaben in Forschung und Lehre stark gefährdet sind oder aufgegeben werden müssen. Zudem können frei gewordene Stellen nicht mehr besetzt werden. Besonders fatal würden sich die Kürzungen auch auf den Erfolg von Drittmitteleinwerbung der Potsdamer Universität auswirken.

Die Hochschulpakte I und II dienen der Stärkung der Autonomie der Hochschulen und haben wesentlich zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der brandenburgischen Hochschulen und zu deren Positionsstärkung innerhalb der deutschen Hochschullandschaft beigetragen. Hochschulen brauchen langfristige Planungssicherheit und sind auf strategische und finanzielle Vorgaben der Landesregierung angewiesen. Wir erwarten von der Landesregierung sowohl die Einhaltung der im Koalitionsvertrag gegebenen Zusage, Ausgaben für Wissenschaft und Forschung Priorität einzuräumen als auch die Einhaltung der der im Brandenburgischen Hochschulpakt II gemeinsam beschlossenen Ziele. Diese Vereinbarungen müssen Bestand haben.

2. Transparenz bei der Kulturfinanzierung

Schon zur letzten Haushaltsdebatte haben wir im Sinne der Haushaltstransparenz die Aufschlüsselung der Titel „Zuweisungen an Kommunen" und „Zuweisung an freie Träger" beantragt. Diese Ausgaben umfassen die Förderung von Projekten in den Bereichen Theater, Musik, Bildende Kunst, Literatur, Museen, Soziokultur und kulturelle Bildung. Die Übernahme dieses Antrages wurde uns damals von der Ministerin zugesagt, im Laufe dieses langen halben Jahres allerdings ist diese Zusage in den Tiefen des Ministerium untergegangen.

Der Haushaltsentwurf soll über die Verwendung von öffentlichen Mitteln informieren. Die Titel „Zuweisungen an Kommunen" und „Zuweisung an freie Träger" kommen nach Meinung von Bündnis 90/Die Grünen dieser Informationspflicht nicht in ausreichendem Maß nach. Hier entsteht der Eindruck, dass die „Allgemeine Projektförderung Kultur" ein Volumen von 14,6 Millionen Euro jährlich an AntragstellerInnen ausreicht. Doch im Gegensatz zum Titel „Zuschüsse an Stiftungen und sonstige Zuwendungsempfänger" bleibt die Landesregierung bei der „Allgemeinen Projektförderung Kultur" sehr unklar. Es ist nicht ersichtlich, wer, wie und wo gefördert werden soll, bzw. wer überhaupt einen Anspruch darauf hat und welche Finanzierungszusagen vertraglich geregelt sind. Um Unklarheiten und Verwirrung vorzubeugen, erwarten wir künftig eine transparente Darstellung.

Unsere Anträge zu diesen beiden Punkten fanden leider keinen Eingang in die Beschlussempfehlung des Ausschusses, aber das letztgenannte Anliegen trifft vielleicht hier im Plenum doch auf offene Ohren.