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Marie Luise von Halem spricht zu den Haushaltseinzelplänen 01, 02, 13 und 14

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier über die Einzelpläne 01, 02, 13 und 14. Unter der Flagge dieser Einzelpläne fahren viele Schiffe. Drei davon möchte ich erwähnen. Schiff Nummer eins und zwei sind neu - das der Beauftragten für die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur und das der Enquetekommission.

Das der Beauftragten für die Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur war lange geplant worden und ist jetzt endlich vom Stapel gelaufen. Die ersten Monate zeigen, dass Bedarf vorhanden ist und viele Anlaufstellen danach rufen, und zwar deutlich mehr, als bedient werden können. Natürlich wünschen wir uns, dass trotz des großen Beratungsbedarfs auch die allgemeine Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit einen hohen Stellenwert bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Wirkungsweise diktatorischer Herrschaftsformen als Teil der politischen Bildung für Erwachsene und insbesondere im Rahmen der Lehrplangestaltung für Schülerinnen und Schüler einnehmen wird. Dieses Schiff ist auf einem guten Weg.

Das zweite, das der Enquetekommission, ist dabei, die Werft zu verlassen. Dass es, nachdem es letztes Jahr erst grüne Farbe hatte, jetzt in den Farben aller politischen Parteien des Brandenburger Landtags gestrichen ist, betrachten wir als großen Gewinn. Die Belegschaft ist beisammen, die Seesäcke werden gepackt. Besonders interessant ist die klare Blickrichtung der Steuerfrau. Klara Geywitz will sich auf die Suche nach der historischen Wahrheit begeben, nicht um der Vergangenheit, sondern um der Zukunft willen. Mal abgesehen davon, dass ich diese Form der historischen Wahrheit für eine Illusion halte - es gibt sie nicht im Singular, sondern nur im Plural.

(Beifall CDU)

Alle haben wir unterschiedliche Erfahrungen, oft dieselben historischen Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit unterschiedlichen Intentionen erlebt, und so haben uns dieselben Begebenheiten unterschiedlich geprägt. Genau diese Vielfalt der historischen Wahrheiten, die erst einmal gleichberechtigt nebeneinander stehen dürfen, bildet den Spannungsbogen für die Debatten, die uns erwarten. Abgesehen von dieser unterschiedlichen Definition des Wahrheitsbegriffs teilen wir den in die Zukunft gerichteten Ansatz, den Wunsch, die Suche nach diesen Wahrheiten in das Land zu tragen mit dem Ziel, Identität zu stiften. Gerade deshalb, weil dieses Anliegen für unser demokratisches Grundverständnis so wichtig und die Aussicht auf Erfolg umso größer ist, je mehr Altarme Brandenburger Gewässer befahren und je mehr Spähboote in junge Flüsse geschickt werden können, sind die im diesjährigen Haushaltsplan veranschlagten 400 000 Euro gut investiertes Geld. Es kann nicht sein, dass das Finanzministerium diesem Anliegen, das mehrheitlich im Landtag beschlossen wurde, die Deckung verwehrt. Das sind Ausgaben, die uns unsere Demokratie wert sein muss. Also: Schiff ahoi und gute Fahrt!

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Das dritte Boot, die Landesbehörde für Datenschutz und das Recht auf Akteneinsicht, fährt schon eine Weile unter der Landtagsflagge, auch wenn es mit dem Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich, der aus dem Innenministerium übertragen wurde, ein neues Beiboot bekommen hat. Datenschutz wird immer wichtiger, weil sowohl vom Staat als auch von Privaten immer mehr Daten elektronisch gesammelt werden.

Elektronische Daten sind mit einem Fingerschnippen dupliziert und um die Welt verbreitet. Die Aufgabengebiete der Landesdatenschutzbeauftragen im Rahmen der Aufsichtsbehörde werden immer größer, die eingesetzten technischen Verfahren immer komplizierter. Hier lauern die Piraten überall. Hinzu kommen Strukturveränderungen, die den Radius erweitern, zum Beispiel bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse, die die brandenburgische Behörde nun auch für die Berliner Patientendaten zuständig werden lässt.

Insbesondere medizinische Informationssysteme sind heute unverzichtbare Hilfsmittel ärztlicher Behandlungen. Der Abruf der elektronischen Patientendaten ist jederzeit ortsungebunden und sekundenschnell möglich. Das birgt erhebliche Datenschutzrisiken. Die Systeme und internen Abläufe müssen datenschutzkonform gestaltet werden. Deshalb halten wir die von der Behördenleiterin Dagmar Hartge geforderte Personalaufstockung für absolut gerechtfertigt und stellen unseren Änderungsantrag in Drucksache 5/907 hier im Plenum erneut zur Abstimmung. Zusätzliche und komplexere Aufgaben erfordern mehr Personal.

Im Hauptausschuss konnten wir erfahren, dass man im bisherigen Referat für Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich im Ministerium des Innern eine Personalaufstockung um drei zusätzliche Stellen anstrebte. Im Innenministerium ist man offensichtlich zu der Auffassung gekommen, dass das, was im privaten Bereich durch elektronische Datensammlung passiert, ansonsten nicht mehr beherrschbar ist. Nur wegen der beabsichtigten
Fusion des Datenschutzes bei der Landesdatenschutzbeauftragung sei der Antrag auf Personalaufstockung nicht mehr vorgelegt worden. Die Schlussfolgerungen der Experten des Innenministeriums gelten aber auch nach der Fusion des Datenschutzes.

Zusätzliches technisches Personal ist dringend notwendig, um mit der Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung Schritt zu halten. Kommt die Aufstockung nicht, droht der Datenschutz in Brandenburg abgehängt zu werden. Das ist so, als träte beim Rudern ein Einer gegen einen Achter mit Steuermann an. Wir aber brauchen mindestens einen Doppelvierer, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Mein letzter Punkt betrifft die Rahmenausstattung. Wenn wir unsere Boote gut ausstatten wollen, muss die Hafenanlage zweckdienlich sein, aber sie sollte nicht unnötig Geld verschlingen. Energiesparen lohnt sich immer. Wir sehen im Landtagsgebäude sowie in allen Liegenschaften der Landesregierung Handlungsbedarf. Deshalb erhalten wir unseren dementsprechenden Änderungsantrag aufrecht. Das nutzt dem Klimaschutz und einem effizienteren Einsatz der Haushaltsmittel gleichermaßen. Laut aktuellem Bericht des Landesrechnungshofs werden auf vielen Landesliegenschaften die Vergleichswerte der Energiesparverordnung von 2007 nicht erreicht. Ein zentrales Energiemanagement könnte zu einer erheblichen Senkung des Wärme- und Stromverbrauchs beitragen, ebenso ein verändertes Nutzerverhalten und energiebewusstes Alltagshandeln. Es sind Einsparungen im Energie- und Ressourcenverbrauch von bis zu 20 % möglich.

Selbst wenn diese Erhebungen schon älteren Datums sind, wie Kollege Görke vorhin erwähnt hat, braucht man bezüglich dieses Gebäudes kein Energieexperte zu sein, um zu sehen, dass sich auch weiterhin mit geringen Mitteln Einsparungen umsetzen lassen. Gucken Sie sich das Landtagsgebäude an. Der Forderung nach Investitionen hier auf dem Brauhausberg wird oft entgegengehalten, dass sie sich für die geringe Restnutzungszeit nicht mehr lohnen würden. Genau das bestreiten wir Bündnisgrüne. Wir reden von mindestens drei weiteren Jahren auf
dem Brauhausberg. Bereits geringe investive Maßnahmen wie der Einbau von Bewegungsmeldern für Raumbeleuchtungen oder ein hydraulischer Abgleich der Heizungsanlage würden sich innerhalb eines Jahres amortisieren. Einsparerfolge von 20 % sind ambitioniert, aber nicht unmöglich. Hier können wir gleichermaßen etwas für effektiven Mitteleinsatz und Klimaschutz tun. Wir müssen es nur wollen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Der Landesrechnungshof geht weiter davon aus, dass die geplante Neuausschreibung des Strombezugs zu nennenswerten Einsparungen führt. Das sollte dann allerdings Ökostrom sein. Um den Hafen gut zu bewirtschaften, müssen wir auch diese Flagge hochhalten.

(Beifall GRÜNE/B90)