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Axel Vogel spricht zum Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU und DIE LINKE „Zukunft des Wassertourismus in Brandenburg sichern“

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- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede

wie viele andere Politiker meiner Region bin ich inzwischen Mitglied im Verein „Unser Finowkanal“, der sich die Rettung dieser historischen Wasserstraße auf die Fahnen geschrieben hat. Deshalb bin ich erfreut über den hier vorliegenden Antrag und darüber, dass er von einer breiten Mehrheit in diesem Haus getragen wird.

Der Bund hat immer wieder sein Interesse bekundet, touristisch genutzte Wasserstraßen an das Land Brandenburg zu übertragen. Bis heute ist zu keiner einzigen Übergabe gekommen.

Ich möchte unterstreichen, dass sich die Forderungen des Antrages sowohl an den Bund als auch an das Land richten. Dies erscheint mir vor allem deshalb wichtig, weil ich die Diskussionen um die Zukunft unserer Wasserwege allzu häufig wie ein endloses Pokerspiel erlebe, bei dem niemand seine Karten auf den Tisch legen will. Unterdessen fault der Tisch, auf dem gespielt wird, traurig vor sich hin und ist kurz davor zusammen zu klappen.

Ich möchte am Beispiel des Finowkanals erläutern, warum es in diesem Antrag um mehr geht als um Tourismus und den Erhalt der Schiffbarkeit vom Bund „ausrangierter“ Wasserwege: Der Finowkanal ist eine der ältesten künstlichen Wasserstraßen Deutschlands, ein Baudenkmal von hoher landeshistorischer Bedeutung mit einem reichen Baukulturerbe. Die historische Entwicklung der gesamten Region ist bis in die jüngste Vergangenheit untrennbar mit dem Finowkanal verbunden.

Als wirtschaftlicher Transportweg hat der Kanal seit Jahrzehnten ausgedient. Aber es fehlt ein umfassendes Konzept für die Zukunft der Finowkanalregion als kulturhistorischem Gesamtensemble. Es ist unklar wie der Kanal baulich und ökologisch saniert und die Schiffbarkeit erhalten wird. Es gibt kein touristisches Tiefenkonzept mit Schwerpunkten für Naturerlebnis und Industriekultur. Die Entwicklung von Wohn- und Gewerbestandorten am Finowkanal läuft mehr als schleppend. Viel zu viel des Erbes an industrieller Baukultur ist unwiederbringlich verloren.

Heute ist der Finowkanal bedroht: Muss auch nur eine Schleuse dicht machen, fällt der Kanal komplett als touristische Wasserstraße aus. Aufgrund des schlechten Zustands mehrerer Schleusen hängt dieses Damoklesschwert seit Jahren über dem Kanal und lähmt nicht nur die touristische Entwicklung in der Region. Und die unklaren Rahmenbedingungen halten viele Entscheidungsträger eher davon ab, dieses Thema mit der notwendigen Kraft anzugehen.

Im Finowkanal schlummern ungenutzte Chancen für die regionale Entwicklung. Diese lassen sich aber nur dann nutzen, wenn wir endlich zu einer langfristigen Lösung für den Betrieb, die Unterhaltung und die Vermarktung der Wasserstraße kommen.

Deshalb ist es höchste Zeit, für klare Verhältnisse und Zuständigkeiten zu sorgen. Und deshalb ist es notwendig, dass endlich auch das Land Brandenburg seinen Teil der Verantwortung übernimmt und klar dazu steht. Dazu reichen bloße Lippenbekenntnisse ganz sicher nicht aus – ebenso wenig wie es ausreicht, mit dem Finger auf den Bund oder die Anrainer-Kommunen zu zeigen. Zudem halte ich es für unredlich, alleinig den Bund in die Pflicht zu nehmen und zugleich die Mittel für die Entwicklung touristischer Infrastruktur aus den Förderprogrammen des Landes Brandenburg zu streichen.

Aktuell wird nach einem neuen Betreibermodell für den Finowkanal gesucht. Alle ernsthaft diskutierten Modelle gehen davon aus, dass der Bund das Gewässer abgeben wird. In welcher Form dies genau geschehen wird und zu welchen Konditionen, dass muss natürlich ausgehandelt werden. Aber wo ein Wille ist, da ist auch Gebüsch. Länder wie Frankreich, England oder Schweden machen uns längst vor, wie mit touristisch genutzten Wasserstraßen die Regionalentwicklung angekurbelt und Geld verdient wird. Und in der Regel handelt es sich hierbei nicht um zentralstaatliche Lösungen, sondern um regional verankerte Betreibermodelle, getragen von kommunalen Zusammenschlüssen, Aktiengesellschaften, Stiftungen oder Vereinen – oft unterstützt durch ein großes bürgerschaftliches Engagement.

Auch der Verein „Unser Finowkanal“ hat ein enormes bürgerschaftliches Engagement in unserer Region ausgelöst. Der Verein veranstaltet Fachsymposium zum Wassertourismus mit nationalen wie internationalen Gästen, besucht die Welt-Kanal-Konferenz, letztes Jahr in Mailand, dieses Jahr im belgischen Gent. Er ist dabei, mit anderen Engagierten ein „Netzwerk Deutsche Wasserwege“ zu gründen. Er organisiert einen offiziellen Start in die Finowkanal-Saison und Wanderungen zur Industriegeschichte.

Die Mitglieder des Vereins treten damit als Botschafter für Brandenburgs Wasserwege auf, im Inland wie im Ausland – ehrenamtlich und auf eigene Kosten. Diese engagierten Menschen bringen nur wenig Verständnis auf für das Gewirr von Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen EU, Bund, Land und Kommunen und noch weniger Verständnis für parteipolitisch motivierte Schuldzuweisungen – sie erwarten schlicht und ergreifend Lösungen von „DER POLITIK“ zur Rettung des Finowkanals.

Ich fordere die Landesregierung auf, dieses bürgerschaftliche Engagement nach Kräften zu fördern. Mit ihrem Einsatz für den Finowkanal erarbeiten sich die lokalen Akteure ein hohes Maß an Expertenwissen, auf das keine Regierung und keine öffentliche Verwaltung freiwillig verzichten sollte. Und naturgemäß gehen die lokalen Akteure mit ihrem konkreten Problemdruck viele Dinge anders an als z. B. eine staatliche Behörde, die nach bundesweit einheitlichen Standards agiert. Das fängt bei den Öffnungszeiten von Schleusen an und endet bei Lösungen zur denkmalgerechten Sanierung von Wasserbauwerken. Deshalb kann ich nur raten, das kreative Potential der vor Ort Engagierten ernst zu nehmen und für die Problemlösung zu nutzen.

Anrede,

das Schiffshebewerk in Niederfinow zählt sicher zu den bekanntesten Bauwerken Brandenburgs. Ich erwarte von unserer Landesregierung, dass sie Verantwortung übernimmt und zum „Hebewerk“ für einen naturverträglichen Wassertourismus in Brandenburg wird.

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Der Antrag wurde angenommen.