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Axel Vogel spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Gegen ein weiteres Hilfspaket für Griechenland“

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir haben heute eine Aktuelle Stunde erlebt, die kein aktuelles Thema hatte, und wir haben ein mit Priorität auf die Tagesordnung gesetztes Thema, welches keinen Brandenburg- Bezug hat. Ich habe ehrlich gesagt auch in Ihrem Redebeitrag, der sehr interessante Ausflüge in die bayerische Geschichte beinhaltete, nicht erkennen können, wo denn nun der eigentliche spezifische Brandenburg Bezug wäre.
Die einzige Botschaft, die ich entnommen habe, ist, dass die Brandenburger AfD in die Anti-Europolitik der AfD-Bundespartei aufgeht, dass sie keinen Sonderweg geht und dass die Brandenburger AfD auch gegen den Euro agiert. Wir haben hier die Begriffe „Euro-Rettungswahn“ gehört, wir haben den Begriff des „Einheits-Euros“ als fehlerhaften Weg gehört. Das ist ehrlich gesagt zu wenig, um den Brandenburger
Landtag zu behelligen.

Nach der Rede von Herrn Bretz bin ich schon fast geneigt, meinen vorbereiteten Text zur Seite zu legen, aber ich denke, wenn wir inhaltlich gefordert werden, dann sollten wir auch inhaltlich antworten. Frau Kaiser hat dazu schon einige Punkte ausgeführt. Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass Griechenland mit dem Rücken zur Wand steht, auch wenn das kein originäres Thema dieses Brandenburger Landtages ist.


Die Gründe dafür sind - darüber sollten wir uns auch einig sein - nicht allein in den letzten vier Monaten der Syriza-Regierung zu verorten, sondern sie reichen weit zurück, wobei ich jetzt allerdings nicht auf Ludwig I. von Bayern zurückgehen würde, sondern da reichen schon die letzten Jahre der PASOK- und Neue-Demokratie-Regierung in Griechenland, die nun einmal dazu geführt haben, dass die Demokratie und dass der Staatshaushalt in Griechenland im Argen liegt und dass in bestimmten Zeiten der öffentliche Dienst zur Bedienung der eigenen Klientel aufgebläht wurde, dass die Vermögen der Reichen geschont wurden, soweit sie ihr Vermögen nicht außer Landes gebracht haben, und Steuern nur verkürzt oder unzureichend erhoben wurden.


Aber wir müssen auch alle gemeinsam konstatieren, was übrigens in der Begründung Ihres Antrages enthalten ist - das ist wenigstens eine Gemeinsamkeit, Herr Gauland -, nämlich dass der von EU, IWF und EZB, der sogenannten Troika, betriebene Politik der Reduzierung von Sozialleistungen und maßlosen Haushaltskürzungen, dem Abbau von Arbeitnehmerrechten und von forcierten Privatisierungen nicht dazu geführt hat, dass Staat und Wirtschaft in Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen. Das muss man feststellen: Diese Austeritätspolitik, die wir erst seit kurzer Zeit so nennen, die aber schon längere Zeit so durchgeführt wird, die ist tatsächlich gescheitert. Frau Kaiser hat einige Indikatoren aufgezeigt, die das auch belegen.

Die Wirtschaftsleistung ist in Folge einer eklatanten Nachfrageschwäche eingebrochen und Investitionen finden seit Jahren kaum noch statt, weil kein Vertrauen in die griechische Politik besteht, aber auch zunehmend kein Vertrauen darin, dass die EU Griechenland sichert. Debatten um einen Grexit oder einen Grexident, also einen nebenbei stattfindenden Austritt Griechenlands aus dem Euro, sind deshalb fatal, da sie das Vertrauen in die Fähigkeit Griechenland, wieder auf die Beine zu kommen, endgültig untergraben. Wir jedoch - und das ist der Gegensatz zu Ihnen - sehen wirklich die Zukunft Griechenlands im Euroraum. Die Rettung Griechenlands liegt nicht in Moskau sie liegt auch nicht in Peking, sondern sie liegt in der Tat im Zusammenwirken von EU und griechischer Regierung.

Mit dem Rücken an der Wand und ohne Bewegungsspielräume kann die Krise in Griechenland nicht beseitigt werden - Griechenland braucht Investitionen in die Zukunft, und es muss sich dabei auf die Unterstützung der EU verlassen können. Solidität muss die griechische Regierung selbst schaffen. Die griechische Regierung muss deshalb auch einen Weg der Haushaltskonsolidierung beibehalten, sie braucht aber auch dringend notwendige Strukturmaßnahmen. Diese muss sie auch gegen die einflussreiche Klientel im Land durchsetzen; sie muss aber auch soziale Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit ergreifen.


Die soziale Situation in Griechenland ist dramatisch. Insbesondere das Gesundheitssystem ist am Zusammenbrechen - ein Gesundheitssystem, das übrigens auch vor 2014 nur rudimentär bestanden hat und keinem Vergleich mit mitteleuropäischen Ländern standhält.


Die jetzt angekündigten Maßnahmen in der Reformliste der griechischen Regierung, wie zum Beispiel die zusätzliche Abgabe des Vermögens oder diverse Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, gehen in die richtige Richtung. Solidität - ja, dass muss Griechenland schaffen. Das liegt in der Verantwortung der Regierung Tsipras. Auf der anderen Seite muss man auch Solidarität üben. Solidarität der Europäer heißt eben auch Solidarität von uns. Solidarität bedeutet für uns, der neuen griechischen Regierung die Mittel an die Hand zu geben, um diese Reformen auch erfolgreich umzusetzen.


Richtig ist auch: Griechenland kann das nicht von jetzt auf gleich - Griechenland braucht mehr Zeit, die wir ihnen jetzt auch geben müssen. Deshalb wird es möglicherweise auch zu neuen Hilfspaketen kommen. Wenn hier über Milliardenbeträge gesprochen wird, dann möchte ich nur einen Punkt nennen.


Vizepräsident Dombrowski:
Herr Kollege Vogel, Ihre Redezeit ist inzwischen vorbei. Die Anzeige am Pult funktioniert nicht.

Vogel (B90/GRÜNE):
Das habe ich leider nicht wahrgenommen. Ich bitte vielmals um Verzeihung.

Wir sind jedenfalls der Auffassung, dass ein Grexit für Griechenland, aber auch für Europa verheerend wäre. Das wäre der Einstieg in das Ende des europäischen Projektes, und deshalb lehnen wir Ihren Antrag entschieden ab. - Recht herzlichen Dank!
(Beifall B90/GRÜNE)