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Axel Vogel spricht zum Antrag unserer Fraktion „Verkauf der landwirtschaftlichen Flächen des ehemaligen Preußenvermögens und der Bodenreformflächen stoppen“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!

Am 22. Januar dieses Jahres wurde im Landtag auf Antrag der LINKEN eine Aktuelle Stunde zum Thema „Bodenspekulation begrenzen und regionale Landwirtschaft fördern" aufgerufen und darüber - nicht zum ersten Mal - debattiert. Es ist eine sehr ernste Angelegenheit, dass mit der zunehmenden Flucht aus Finanzanlagen in Sachanlagen die Preise für landwirtschaftliche Flächen in exorbitante Höhen schießen und institutionelle Anleger inzwischen in hohem Ausmaß versuchen, landwirtschaftliche Nutzflächen zu erwerben. Laut Angaben des Bauernbundes sind inzwischen ungefähr 120 000 ha der brandenburgischen landwirtschaftlichen Nutzfläche von insgesamt 1,3 Millionen ha im Besitz von Holdings und Kapitalgesellschaften, beispielsweise Lindhorst, ODEGA oder KTG.

Weniger verdienstvoll war allerdings, dass in der damaligen Aktuellen Stunde alle landesrechtlichen Möglichkeiten, die zu einer Bevorteilung der ortsansässigen Landwirte führen würden - dazu gehört insbesondere ein Agrarstrukturverbesserungsgesetz -, von Rot-Rot abgelehnt wurden.

(Domres [DIE LINKE]: Das stimmt doch nicht!)

- Doch!

(Domres [DIE LINKE]: Das machen wir nicht!)

Stattdessen wurde mit dem Finger auf den Bund und die BVVG gezeigt, die den Restbestand ehemals volkseigener Forstflächen, aber eben auch landwirtschaftlichen Flächen verwaltet und bis 2025 verwerten soll.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Ist das nicht so?)

Insgesamt sind vielleicht noch 120 000 ha landwirtschaftlicher Flächen in Ostdeutschland übrig, von denen pro Jahr im Durchschnitt 30 000 ha verkauft werden.

Nun verkauft die BVVG zu Höchstpreisen; trotzdem gehen die Flächen weg wie warme Semmeln. Die Preise sind in den vergangenen zwei Jahren um 40 % gestiegen. In Brandenburg lag der Durchschnittspreis der BVVG-Flächen vor kurzem bei 13 700 Euro pro Hektar, und die BVVG rechnet mit einem weiteren Anstieg des Preises. Das hat Bedeutung weit über die BVVG hinaus, weil deren Marktstellung als größte Verkäuferin von land- und forstwirtschaftlichen Flächen den Bodenmarkt in allen betroffenen ostdeutschen Bundesländern beeinflusst und natürlich die Preise in die Höhe zieht.

Die gestiegenen Preise machen sich übrigens auch in den Einnahmen des Landes bemerkbar, da sich die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer - diese entfällt auch auf landwirtschaftliche Verkäufe - von 2010 bis 2014 auf 175 Millionen Euro verdoppelt haben. Das hatte nicht nur etwas mit der Erhöhung der Grunderwerbsteuersätze zu tun. Für viele Landwirtinnen und Landwirte sind solche Bodenpreise mit einer nachhaltigen Landbewirtschaftung kaum, eigentlich gar nicht mehr finanzierbar. Durch diese Bodenpolitik werden ortsansässige Agrarbetriebe in ihrer Existenz gefährdet und Existenzgründungen von jungen Landwirten praktisch ausgeschlossen.

Hinzu kommt, dass in der heutigen landwirtschaftlichen Erzeugung intensive und damit ökologisch problematische Produktionsverfahren zunehmen, was negative Auswirkungen auf Artenvielfalt, Wasserhaushalt und Klimaschutz hat. Der Zusam-menhang zwischen Bodenpreisen und der Ausrichtung der landwirtschaftlichen Er-zeugung ist dabei lange bekannt. Hohe Bodenpreise verstärken den Zwang zur In-tensivierung und begünstigen daher auch den Ausbau industrieller Tierhaltungsanlagen.

Bedauerlicherweise bleibt es nicht dabei, dass das Land nur mit steigenden Grunderwerbsteuereinnahmen an den Verkäufen teilhat. Das Land partizipiert auch dadurch, dass es eigene landwirtschaftliche Nutzflächen auf den Markt wirft und - ganz extrem - auch noch über die BVVG zu Höchstpreisen vermarkten lässt. Ich rede gerade über die sogenannten „Preußenflächen;` die nach einem Vertrag aus dem Jahr 2004 auf das Land übergegangen sind und damals von den Pächtern entweder gekauft oder - für zweimal sechs Jahre - weiter gepachtet werden konnten. Der Erwerb war damals wie heute nur zum Verkehrswert möglich; so wird es auch 2016 sein. Es geht heute noch um insgesamt ca. 7 000 ha landwirtschaftliche Flächen, die sich in der Verwertung der BVVG befinden.

Nun ist das Bemerkenswerte, dass das Land Brandenburg eine Verfassung hat, in dessen Artikel 40 ausdrücklich vorgeschrieben ist, dass landeseigene Landwirtschaftsflächen nicht verkauft, sondern in erster Linie zur Verbesserung der Agrar-struktur - durch Verpachtung - genutzt werden sollen. Diesen Verfassungsartikel hat die Landesregierung offenkundig vergessen. Das war übrigens auch Anlass dafür, dass die Enquetekommission zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit die Landesregierung aufforderte, ein Verzeichnis aller Landesflächen aufzulisten und darzustellen, in welchem Ausmaß sie verpachtet sind und was die Landesregierung damit vorhat.

Nach Informationen meines Fraktionsmitglieds Benjamin Raschke hat der Ministerpräsident am 12. März 2015 auf dem Verbandstag des Bauernverbandes Südbrandenburg die Auffassung vertreten, dass es sinnvoll sei, diese Flächen weiter an Landwirte zu veräußern, da sie diese als Sicherheit für Kredite dringend benötigten. Das ist genau verkehrtherum aufgezogen.

Jetzt kommt ein Zitat, Herr Domres: „Anstatt langfristige Pachtverträge abschließen zu können, werden viele Agr-arbetriebe zum Flächenkauf gezwungen, wenn sie die Zukunftsfähigkeit ihres Betriebs nicht gefährden wollen. Dies bindet finanzielle Mittel, die für andere Investitionsvorhaben - beispielsweise den Kauf moderner Maschinen oder die tiergerechte Ausgestaltung der Stallanlagen - sowie die Zahlung angemesse-ner Löhne fehlen. Zudem steigt mit höheren Bodenpreisen der betriebliche Verschuldungsgrad und damit der Zwang zur Produktionsintensivierung. Extensivere Produktionsmethoden, wie zum Beispiel der ökologische Landbau, werden in dieser Entwicklung des Bodenmarktes zunehmend an den Rand gedrängt.“

Schöner könnte ich es nicht formulieren. Das ist wortwörtlich übernommen aus einem Antrag, den die Fraktion DIE LINKE unter dem Titel „Keine Privatisierung von Ackerland und Wäldern durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH" in den Bundestag eingebracht hat, wo er in dieser Woche aufgerufen wird. Die von mir zitierte Begründung ist einschlägig, und wir sollten ihr folgen. Wir sollten aber von der BVVG nicht nur den Stopp des Verkaufs bundeseigener Flächen fordern, sondern auch von Flächen, die von der BVVG momentan im Landesauftrag verwaltet werden.

Ähnliches gilt für die Bodenreformflächen, Flächen von sogenannten Neusiedlererben die sich das Land angeeignet hat, und für landwirtschaftlich nutzbare Flächen der ehemaligen sowjetischen Truppen in Brandenburg, die zurzeit nicht von der BVVG, sondern von der Brandenburgischen Bodengesellschaft verwaltet werden. Hier geht es um Größenordnungen von 20 000 bis maximal 25 000 ha; die genaue Größenordnung kennen wir nicht. Auch hier sollte nach Artikel 40 vorgegangen, das heißt, diese Flächen sollten verpachtet und nicht weiterveräußert werden.

Ein Glück ist, dass hier gerade eine Neuausschreibung von deren Verwaltung erfolgt und alle Möglichkeiten gegeben sind, anders zu verfahren als in der Vergangenheit. Ich fände es schön, wenn DIE LINKE nicht nur im Bundestag dafür kämpft, dass keine BVVG-Flächen mehr veräußert werden, sondern auch im Landtag Brandenburg,

(Domres [DIE LINKE]: Machen wir doch! Machen wir glatt!)

und ich freue mich sehr, dass DIE LINKE und die SPD - dem Vernehmen nach - gedenken, zuzustimmen,

(Domres [DIE LINKE]: Wir überweisen!)

unseren Antrag in den Ausschuss zu überweisen und dies der erste Schritt dafür ist, dass er am Ende auch tatsächlich verabschiedet wird. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Als Antragsteller darf Axel Vogel ein weiteres Mal das Wort ergreifen:

Frau Präsidentin! Ich danke für die Anmerkungen, möchte aber darauf hinweisen, dass Sie, Herr Finanzminister, in den Haushalt Folgendes eingestellt haben: nach 1,4 Millionen Euro Einnahmen aus dem Preußenvermögen 2014 für das Jahr 2015 2,7 Millionen Euro, das ist fast das Doppelte, und für 2016 4,8 Millionen Euro, also das Dreifache. Das werden Sie nicht über eine Verdreifachung der Pachteinnahmen erzielen, das wird nur über Flächenverkäufe laufen.

Zu Frau Schwarzenberg: Ich habe mich dezidiert nur auf das Preußenvermögen be-, zogen. Ich korrigiere eine Aussage: Die Preußen-Einigung war aus dem Jahr 1999, erst die Regelung, dass die landwirtschaftlichen Pachtbetriebe die Flächen zum Verkaufswert kaufen können, stammt aus dem Jahr 2004. Der Verkehrswert - das ist eben das Problem - richtet sich natürlich nach den durchschnittlichen Preisen der BVVG. Insofern ist die BVVG ein Preistreiber. Natürlich werden die Flächen immer teurer, und natürlich werden den landwirtschaftlichen Betrieben Gelder entzogen, wenn sie Kredite aufnehmen müssen, wenn sie die Preise bezahlen müssen aus Mitteln, die ihnen an anderer Stelle fehlen. Daher muss der Vorrang der Pacht vor dem Verkauf gelten.

Ich freue mich, dass es die Diskussion in den Ausschüssen geben wird, auch im landwirtschaftlichen Fachausschuss, nicht nur im Haushaltsausschuss. Ich meine, dort werden wir erstens Diskrepanzen, die jetzt aufgetreten sind, klären und zweitens zu einem abgewogenen Ergebnis kommen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)