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Axel Vogel spricht zum Gesetzentwurf der Landesregierung über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2015 und 2016

- Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Mit den ersten und einzigen freien Wahlen zur Volkskammer am 18. März 1990 war die Friedliche Revolution unumkehrbar geworden - ein Glückstag für uns.

Erinnern sollten wir aber auch daran, dass an einem anderen 18. März, nämlich am 18. März 1848, eine andere Revolution in Potsdam und Berlin von einem auch in Potsdam genau hier im Vorgängergebäude residierenden preußischen Kronprinzen Wilhelm I., dem sogenannten Kartätschen-Prinz, niedergeschlagen wurde und die Ein-führung der Demokratie in Preußen um mehrere Jahrzehnte aufgeschoben wurde. Auch dies sollte uns Mahnung sein, die errungene Demokratie nicht als selbstver-ständlich zu betrachten, sondern sie gegen Demagogen jeder Couleur auch immer zu verteidigen.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Damit bin ich bei Ihnen, Herr Gauland.

(Heiterkeit bei der AfD)

Dazu zählt nicht nur das unappetitliche Zerrbild einer von kriminellen Ausländern be-drohten Brandenburger Bevölkerung. Dazu zählt für mich in erster Linie Ihre uner-trägliche Hetze gegen Flüchtlinge, der ich hier entschieden entgegentreten möchte.

(Beifall B90/GRÜNE und DIE LINKE)

Vor allen Dingen zählt dazu dieses unerträgliche Jonglieren mit Zahlen, als ob hier lediglich 3 % der Flüchtlinge eine Chance auf Anerkennung hätten. Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, dass in den ersten beiden Monaten dieses Jahres rund 40 % der Flüchtlinge anerkannt wurden, ein weiteres Drittel nur aufgrund der unsinnigen Dub-lin-Regelung nicht zur Anerkennung gekommen sind und sich von daher die weit überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge hier zu Recht aufhält.

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE, SPD sowie vereinzelt CDU)

Ja, es kommen mehr Flüchtlinge zu uns. Es freut uns, dass sie uns als Zufluchtsland ansehen und viele von ihnen auch darauf hoffen, dass sie hier zukünftig eine Heimat finden.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD)

Ja, damit kommen neue Herausforderungen auf uns alle zu: auf die Bürgerinnen und Bürger, auf die Kommunen, auf das Land Brandenburg, auf die Landesregierung und auf den Landtag. Ja, richtig, die Ausgaben für die Aufnahme von Schutzsuchenden werden steigen. Ich sage für uns: Der menschliche Umgang mit Flüchtlingen, ihre Unterbringung, die Beschulung ihrer Kinder - das ist für uns kein Gegenstand für Spardiskussionen in diesem Haushalt.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Damit komme ich zum HaushaltDas Land setzt seine solide Finanzpolitik ausgegli-chener Haushalte, verbunden mit sozialem Augenmaß und richtiger Prioritätensiche-rung fort!

(Beifall SPD und DIE LINKE)

- so Ministerpräsident Dr. Woidke, Sie haben es gemerkt;-und heute nicht anders Fi-nanzminister Görke; anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes im Kabinett im Februar.

Gut gebrüllt, ihr Löweni könnte man sagen. In der Tat ist es auch für die Opposition eine Freude, dass viele unserer alljährlich erhobenen und immer wieder an Rot-Rot gescheiterten Forderungen nach einem verbesserten Kita-Schlüssel, mehr Lehrkräften, verbesserter Ausstattung der Universitäten - auch mit Unterstützung der Bundes-regierung, das sei angemerkt - oder einem Investitionsprogramm für die maroden Landesstraßen Eingang in den Haushalt gefunden haben. Selbst für die im letzten Jahr noch als überflüssig erklärte Meisterprämie wurde Geld gefunden. Nur, der Haushalt steht eben nicht für sich allein, sondern er steht in einer langen Abfolge von Haushalten--und aus der Vergangenheit überkommend, in die Zukunft gehend.

Man muss sich auch die'Gesamtschau vor Augen führen. Dann stellt sich heraus, wie ich leider sagen muss, dass es mit der von Herrn Dr. Woidke verkündeten soliden Finanzpolitik ausgeglichener Haushalte in dieser Legislaturperiode jedenfalls nicht so weit her ist.

(Bretz [CDU]: Richtig!)

Verglichen mit den Planungen des Jahres 2010 am Beginn der letzten Legislaturperi-ode, als wir uns in einer weltweiten Finanzkrise befanden, die Wirtschaftsleistung rückläufig war, die Staatseinnahmen eingebrochen waren, das Land vor gigantischen Herausforderungen stand, verfügt das Land 2014 über 1 Milliarde Euro höhere Ein-nahmen, zahlt fast 400 Millionen Euro weniger Zinsen, fällt die Staatsverschuldung um 2 Milliarden Euro niedriger als damals veranschlagt aus. Zudem gelang es dank 'konservativer Haushaltsführung''des früheren Finanzministers, eine Rücklage - jetzt genännt Schwankungsreserve - von rund 1 Milliarde Euro aufzubauen. So steht am Ende des Jahres 2014 ein auch im Ist ausgeglichener Haushalt. Eigentlich sind das beste Voraussetzungen für eine solide Haushaltspolitik bis 2019.

(Domres [DIE LINKE]: Machen wir doch!)

Allerdings: Der jetzt vorliegende Haushaltsentwurf und mehr noch die mittelfristige Finanzplanung stellen, verglichen mit ihren Vorläufern seit 2010, eine gewaltige Zäsur dar. Das liegt nicht nur an äußeren Rahmenbedingungen, wie die Zinsgin, die nicht weiter im freien Fall nach unten gehen können.

Das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes - das behaupte ich und das werde ich belegen - wird von der Landesregierung zwar noch propagiert, ist aber in der mittel-fristigen Finanzplanung nur mehr unter Rückgriff auf die Rücklagen - jetzt Schwankungsreserve genannt - und unter Ausblendung gravierender Risiken erreichbar.

Die Zügel im Personalbereich werden, teilweise auch zu Recht, gelockert, und die Personalzielzahlen nach oben korrigiert. Betrachtet man einzelne Ausgabengruppen näher, kann einem aber mulmig werden. Ansätze für Gutachten steigen bis 2016 -plus 52 % - auf 44 Millionen Euro. Dienstreisen weisen ein Plus von 41 % auf. Im Gegensatz zu Ihrer Aussage steigender Investitionstätigkeit ist dagegen festzustellen: Die In- vestitionsquote sinkt von 15,2 % im Jahr 2014 auf 11,6 % bis 2016.

Da werden Sie noch einiges zu klären haben. Anscheinend hat aber, bezogen auf die gestiegenen Ausgabenansätze, diese eine Milliarde Rücklagen die Regierung mutig, um nicht zu sagen, übermutig gemacht.

(Beifall B90/GRÜNE)

Die Folge ist: Der Haushalt gerät zunehmend aus den Fugen. In der mittelfristigen Finanzplanung fußen die Haushalte nach 2016 von Jahr zu Jahr stärker auf dem Prinzip Hoffnung als auf realistischen Erwartungen.

Es geht bei dieser Kritik wohlgemerkt nicht um fehlerhafte Prognosen, sondern um das bewusste Ausblenden bereits jetzt erkennbarer Risiken und Kosten. Der Finanz-minister lässt die erforderliche Vorsicht vermissen. Statt konservativer Haushaltsfüh-rung~ unter Markov gibt es unter Finanzminister Görke eine zunehmend kreative Haushaltsplanung, gibt es 2015 den Einstieg in eine neue Phase Brandenburger Haushaltspolitik mit zum Ende der Legislaturperiode hin jährlich zunehmenden Haushaltsrisiken. Damit wird der Haushalt zum Risiko für dieses Land und wird der Finanzminister zum Risiko für diese Landesregierung.

Beginnen wir mit den Fundamentaldaten. Bereits 2015 sind Einnahmen und Ausga-ben nicht im Lot. Der Haushaltsausgleich kommt nur durch einen Rückgriff auf die Rücklagen in Höhe von 243 Millionen Euro zustande, durch die kreative Einführung des Begriffs einer globalen Mehreinnahme von 40 Millionen Euro. Diese globalen Mehreinnahmen stehen nicht näher begründetet inderausgaben für die Bereiche Umwelt, Landwirtschaft, Soziales, Bildung und ''Wissenschaft gegenüber. So soll das Bil-dungsministerium 2015, Stichwort „Vorfahrt für Bildung; von dem zusätzlich bewillig-ten Geld völlig unvermittelt 5,6 Millionen Euro als globale Minderausgaben einsparen. Das Wissenschaftsministerium trifft es dann 2016 mit 2 Millionen Euro. Nur so kann einer Nettokreditaufnahme im Haushaltsentwurf 2015/2016 ausgewichen werden.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Zu dem Griff in die Rücklage - der Minister hat es ja selbst angesprochen -: In guten Zeiten muss man die Rücklage aufbauen, damit in schlechten Zeiten etwas hat. Aber,~it?c Kwir leben in guten Zeiten; also warum wird dann jetzt in die Rücklage eingegriffen? Was haben wir dann noch, wenn wir einmal in die schlechten Zeiten kommen soll-ten?

Zum Begriff der 'Gobalen Mehreinnahme' - ein Begriff, den Sie bitte schleunigst aus Ihrem Wörterbuch streichen sollten -: gut gemeint, um zu signalisieren, dass es Steuermehreinnahmen geben kann. Aber er hat die böse Folge, dass der den Kom-munen zufließende Anteil an der Steuerverbundmasse zu niedrig veranschlagt ist und die Mehreinnahmen erst im Nachhinein verrechnet werden. Deswegen muss die glo-bale Mehreinnahme für 2015 und die Folgejahre genauso wie die reservebezogene globale Minderausgabe bereits im weiteren parlamentarischen Verfahren aufgelöst werden.

Noch schlimmer sieht es im Übrigen für die Folgejahre aus. Für globale Minderaus-gaben für 2017 und 2018 sind durchschnittlich 300 Millionen Euro eingeplant. Das heißt, das ist eine Lücke. Man weiß nicht, wie man das in Wirklichkeit finanzieren soll. Im Haushalt von Herrn Markov waren das im selben Planungszeitraum - drei und vier Jahre im Voraus - je 100 Millionen Euro. Für 2020, das erste Jahr, in dem die Schulden-bremse tatsächlich zur Anwendung gelangt, rechtsverbindlich anzuwenden ist, steuert das Land auf ein strukturelles Defizit von einer halben Milliarde Euro zu.

Das alles ist jetzt eigentlich schon schlimm genug. Aber die Wirklichkeit ist aufgrund der Ausblendung von schon jetzt erkennbaren Haushaltsrisiken noch viel schlimmer. Das Thema Flughafen muss man jetzt erwähnen, auch wenn es nur ein Problem von vielen ist. Für den BER sind in den nächsten vier Jahren einmalig für 2015 die ver-gangenes Jahr mangels Baufortschritt nicht verausgabten 243 Millionen Euro veran-schlagt, für alle Folgejahre null Euro.

Nachdem der Brandenburger Finanzminister über Monate hinweg den Eindruck ver-mittelte, als ob die Fertigstellung des Flughafens BER mit Krediten ohne Beteiligung der öffentlichen Hand finanziert werden könnte und auch heute wieder von „sparen-den Modellen" fantasiert, leistete der Aufsichtsrat jetzt den finanzpolitischen Offenba-rungseid. Die FBB ist so wenig kreditwürdig, dass ohne Steuergelder bald alle Räder stillstünden. Mit dem Aufsichtsratsbeschluss zur Finanzierung zusätzlicher 1,1 Milli-arden Euro aus Gesellschaftermitteln macht unter tätiger Mitwirkung des in der Staatskanzlei angesiedelten Staatssekretärs Brotschneider und der Görke unterste-henden Finanzstaatssekretärin Trochowski die FBB den Haushaltsentwurf für 2015/2016 damit bereits zur Makulatur.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

1,1 Milliarden Euro für die FBB bedeuten für das Land eine Belastung von 407 Milli-onen Euro. Sollte die bei der EU in doppelter Höhe zur Notifizierung beantragte Summe - das hat Herr Bretschneider ja gestern ausgeführt - fällig werden - 2,2 Milli-arden Euro sind dort beantragt -, so kommen wir auf 800 Millionen Euro, Landesmit-tel wohlgemerkt. Damit werden alle Rücklagen vom unersättlichen BER aufgefres-sen, und wie in den Vorjahren befindet sich auch dieser Landeshaushalt in Geiselhaft des Flughafens.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU sowie vereinzelt AfD)

Wer hier meint, eine Milliarde, also 800 Millionen plus 243 Millionen, einfach einmal abzweigen zu können, ohne dass irgendwelche andere Bereiche des Landeshaus-halts benachteiligt sein könnten, der träumt.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

Im Übrigen ist es auch völlig egal, Herr Minister, ob die Zahlung als Einlage oder als Gesellschafterdarlehen erfolgt - das Geld ist erstmal weg. Deswegen werden wir we-der der Bereitstellung der jetzt geforderten 1,1 Milliarden Euro noch der vorsorglich weiteren beantragten 1,1 Milliarden Euro zustimmen, solange kein finanzielles Ge-samtkonzept für den BER vorliegt. Ich sage in diesem Zusammenhang auch: Wir möchten gern ein Gesamtkonzept, das die Frage der Nachtruhe, die Frage des Be-triebs und die Größe des Flughafens vollumfänglich berücksichtigt.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ausbaupläne zu einem internationalen Luftdrehkreuz, die weitere Folgekosten nachsich ziehen, verbieten sich daher von selber. Richtig ist allerdings, dass der Finanz-minister für die eingetretene Situation nicht alleine die Verantwortung trägt, sondern ein völliges Versagen aller in der Vergangenheit im Aufsichtsrat des BER oder der FBB handelnden Politiker zu verzeichnen ist. Ich möchte noch einmal auf das Interview mit Herrn Mehdorn in der Berliner Morgenpost vom 13. März hinweisen, wo er wörtlich ausführ-te:

„Wir, die „FBB“, können Flughäfen betreiben, das können wir wirklich gut. Aberwir können ,,keinen Flughafen bauen. Die Flughafengesellschaft konnte das noch nie, Definitiv!"

Wahnsinn, 10 Jahre nach dem Baustart spricht Mehdorn das aus, was eigentlich jedem hätte klar sein müssen: Die FBB kann es nicht. Aber die Frage ist jetzt: Welche Schlussfolgerungen ziehen wir daraus? Das ist der Offenbarungseid für Wowereit und Platzeck, ganz klar.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU sowie vereinzelt AfD)

Aber es hilft uns auch nicht, zu beklagen, dass sich die beiden aus der Verantwortung verabschiedet haben. Wir müssen in der Tat die Landesregierung auffordern, zu belegen, wie denn jetzt der Flughafen zu Ende gebaut werden kann.

Kommen wir zur Personalplanung. Klar ist, es muss etwas passieren. Wenn 1 500 Schüler wegen Unterrichtsausfall keine Halbjahresnoten erhalten, dann reicht es nicht, an den Schulamtsstrukturen herumzubasteln, damit der Minister die Missstände vor der Presse erfährt. Wir haben es hier nicht in erster Linie mit Kommunikati-onsdefiziten zu tun, sondern mit einer personellen Unterausstattung an den Schulen,genauso wie bei den Genehmigungsverfahren im Landesumweltamt, bei der Personalausstattung an den Sozialgerichten oder in verschiedenen Polizeirevieren.

Wir müssen gemeinsam feststellen, dass es nicht reicht, politische Personalzielzah-len vorzugeben, sondern dass an allererster Stelle die Forderung nach Sicherung der Daseinsvorsorge für alle Bürgerinnen und Bürger stehen muss. Denn hier ent-scheidet sich, ob die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in unser Gemeinwesen Land Brandenburg entwickeln und sich hier geborgen fühlen oder sich, enttäuscht von Po-litik und Gesellschaftssystem, dann möglichen Demagogen zuwenden.

Wir müssen uns davon lösen - das sage ich durchaus selbstkritisch -, die Forderung nach immer niedrigeren Personalzielzahlen zum Fetisch politischen Handelns zu machen. Denn es ist wenig hilfreich, in einem Atemzug die Erhöhung der Personal-zielzahlen zu kritisieren und zugleich in Größenordnungen zusätzliche Lehrkräfte und Polizisten zu fordern. Entscheidend ist doch, dass eine öffentliche Aufgabe in einer angemessenen Qualität erledigt wird. So dürfte jedem klar sein, dass der in den letz-ten Jahren verzeichnete Boom der freien Schulen und die damit einhergehende Ab-kehr vieler Eliten vom staatlichen Schulsystem die Zahl der benötigten Lehrer-stellen im Landesdienst um fast 2 000 reduziert hat. Die freien Schulen als Spar-büchse zu betrachten und die Bildungsausgaben vom Land auf die Eltern und die freien Träger zu verlagern, wie es Rot-Rot leider praktiziert, ist aber ein nach wie vor unzulässiger Irrweg, da er die Trennung, die Segregation, zwischen Kindern aus bil-dungsfernen und Kindern aus bildungsorientierten Haushalten noch weiter ver-schärft. Das ist übrigens auch die Grenze: Es geht nicht um arm und reich, sondern um bildungsorientiert und bildungsarm.

Am Rande sei zum Stichwort „Vorfahrt für Bildung" bemerkt: Wenn die Regierung jetzt die zusätzlichen Mittel für den Bildungssektor als großen Erfolg abfeiert, sei erwähnt, dass der Großteil dieser Mittel - rund 80 Millionen Euro - aus den Tarifabschlüssen, der gestiegenen Zahl von Pensionsempfängern sowie den um rund 33 Millionen Eu-ro ansteigenden Einzahlungen in den Pensionsfonds und dann natürlich den zusätz-lichen Stellen für die Verringerung der Pflichtstunden der Lehrer um eine Stunde pro Woche resultiert.

Eine Verbesserung der Ausstattung der Schulen ist damit noch nicht verbunden. Das Absurde ist ja: Je mehr Lehrer in Ruhestand gehen, desto mehr Geld wird scheinbar für die Bildung aufgebracht.

Während allerdings andere Bundesländer die Pensionszahlungen für ausgeschiede-ne Lehrer zentral veranschlagen - zum Beispiel im Einzelplan 20 -, also nicht dem Bildungshaushalt zurechnen, und zudem inzwischen bundesweit die Einzahlungen in Pensionsfonds für aktive Beamte zunehmend als unsinnig in Frage gestellt und dras-tisch reduziert werden, so beispielsweise in Rheinland-Pfalz von 500 Millionen Euro im Jahr 2014 auf 70 Millionen Eure im Jahr 2015, investiert Brandenburg ausgerech-net in einer Niedrigzinsphase immer mehr Mittel in Kapitalanlagen in aller Herren Länder.

(Burkardt [CDU]: Wahrscheinlich auf den Cayman-Inseln!)

Ich glaube, hierüber wird in den Haushaltsberatungen noch zu reden sein. Diese Pensionsfonds sind bundesweit in Misskredit geraten. Dazu möchte ich anmerken -so stand es in einer Mainzer Zeitung -, dass der Chef des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz, Behnke, erklärte, dass er von seinen Kollegen Rechnungshofpräsi-denten der anderen Länder immer gefragt werde, welches Kraut te eigentlich in Rheinland-Pfalz rauchen würden, um auf einen solchen Schwachsinn zu kommen -auf der einen Seite Schulden zu haben, auf der anderen Seite aber Geld anzulegen, und das in einer Niedrigzinsphase, und auf diese Weise letztendlich den Haushalt noch mehr zu belasten, und dies völlig unnötigerweise.

Wenn wir später in den Fachausschüssen und im Haushaltsausschuss über Ein-sparmöglichkeiten reden werden, müssen wir das ansprechen, weil unsere Zahlun-gen in die Pensionsfonds auch irgendwann in die Richtung von 150, 250 oder gar 500 Millionen Euro pro Jahr gehen werden.

Zurück zur Personalplanung: Ein Outsourcing von Aufgaben zur Verschönerung des Stellenplans - das ist ja immer so ein Trugschluss - führt nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung der Ausgaben im Landeshaushalt; siehe Landesrechnungshofbericht zu Flurneuordnungsverfahren oder beim Gestüt Neustadt (Dosse). Wir erleben aktuell sogar ein positives Beispiel: So führt ein Insourcing zu einer Stellenmehrung, gleich-zeitig aber auch zu einer Kostensenkung. Das ist am Beispiel des Arbeitsschutzes belegt, wo nun 29 zusätzliche Stellen beim MASGF ausgebracht werden, die gleich-zeitig zu einer Einsparung von 3,6 Millionen Euro führen, weil man in diesem Bereich keine Fremdvergabe mehr vornehmen muss. Ich denke, das ist ein sehr guter An-satz. Das führt aber auch dazu, dass wir uns davon verabschieden müssen, immernur Zahlenfetischismus zu betreiben, sondern die Personalplanung tatsächlich vollständig zu prüfen.

Was man aber in der Personalplanung verlangen muss - das hat mit den Personal-zielzahlen zunächst einmal wenig zu tun -, ist, dass die Haushaltsplanung die rele-vanten Größen auch realistisch veranschlagt. Das, Herr Minister Görke, so sage ich Ihnen, ist für die Jahre nach 2016 erkennbar nicht der Fall. So haben fehlende Alters-abgänge und die Unmöglichkeit, Personal umzusetzen - beispielsweise Waldarbeiter als Polizister i- die Planungen für die Forstreform 2015 bereits über den Haufen ge- 11uNtizü76 worfen. Umso weniger ist daher verständlich, wie die Landesregierung nun innerhalb von vier Jahren den Personalbestand der Forstverwaltung bis 2018 von derzeit 1 700 auf 1 050 Stellen reduzieren will, obwohl sie nach ihren eigenen Angaben im Zieljahr 2018 noch 556 Mitarbeiter zu viel an Bord hat. Das, so denke ich, ist unredliche Haushaltsplanung.

(Beifall B90/GRÜNE)

Das ist nebenher auch ein schrecklicher Umgang mit den Mitarbeitern der Forstver-waltung, die, kaum dass sie die Zielstruktur der zweiten Forstreform eingenommen haben, nun mit neuen Versetzungen und Aufgabenverdichtung rechnen müssen. Dass dies frustrieren muss und die Flucht vieler Forstbediensteter in die innere Emig-ration mit sich bringt - siehe den durchschnittlichen Krankenstand von 31 Tagen pro Jahr -, ist unverkennbar. Ähnliches gilt für das Straßenwesen und die Liegenschafts-verwaltung, die die Vorgaben zur Personalein, parung bis 2018 von insgesamt 175 Stellen ebenfalls nicht erreichen werden.

Noch weniger nachvollziehbar ist, dass die Koalition für das Jahr 2019 eine schon aufgrund der vorgenannten Daten unerreichbare Personalzielzahl von 44 200 Stellen propagiert, und dazu ausgerechnet im Wahljahr 2019 mit 980 Stellen mehr als dop-pelt so viele Stellen wie im Durchschnitt der Jahre bis dahin einsparen will. Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass Realität und Fiktion in der Personalplanung in Einklang zu bringen sind? Ich bezweifle das. Da komme jetzt auch bitte niemand mit dem Ar-gument, dass die überzähligen Mitarbeiter im Rahmen der geplanten Kommunalre-form auf die Kreise verteilt werden sollen. Denn aufgrund des strengen Konnexitäts-prinzips müssen Aufgabenübertragungen in voller Höhe erstattet werden.

Damit sind wir beim Problem Nummer 3: Obwohl die Kommunalreform das einzige größere Reformvorhaben dieser Landesregierung darstellt, ist im Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung davon wenig erkennbar. Hier und da ein paar zusätzli-che Gutachtermittel für Konnexitätsuntersuchungen, 1 Million Euro für freiwillige Zu-sammenschlüsse - das war es. Dabei wissen alle, dass es eine Funktional- und Kommunalreform ohne eine Anschubfinanzierung und ein groß angelegtes Entschul-dungsprogramm zumindest für die kreisfreien Städte nicht geben wird. Niemand wird die Havelländer zu einer Fusion mit Brandenburg (Havel) bewegen können, wenn nicht zumindest die Kassenkredite zuvor beseitigt wurden. Wir Grünen hatten dafür ein Entschuldungskonzept vorgelegt, was sich in wesentlichen Grundzügen auch im Koalitionsvertrag wiederfindet, nur das zugehörige Geld ist in der mittelfristigen Fi-nanzplanung nicht aufzufinden. Es fehlen also mindestens weitere 500 Millionen Eu-ro, denn die Schwankungsreserve wird schon für den Flughafen aufgebraucht und kann daher nicht zweimal ausgegeben werden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Hinzu kommt, dass die Brandenburger Kommunen im bundesdeutschen Vergleich deutlich niedrigere Steuereinnahmen haben. Der Ausgleich der sogenannten unter-proportionalen kommunalen Finanzkraft erfolgt derzeit über die Solidarpaktmittel des Bundes - der 40-prozentige Investitionsanteil, der an die Kommunen weitergeht. Mit Auslaufen des Solidarpakts wird die Finanzkraft der Kommunen eines Landes jedoch nur noch zu 64 % berücksichtigt. Es erfolgt dann kein Ausgleich mehr; deshalb brau-chen wir dringend neue Regelungen. Natürlich ist die Forderung richtig und wir un-terstützen sie, dass die kommunale Finanzkraft bei der Berechnung des Länderfi-nanzausgleichs zu 100 % anerkannt wird, denn von der derzeitigen Regelung profi-tieren vor allem Länder mit finanzstarken Kommunen, da diese künstlich armgerech-net werden.

Für die Jahre nach 2019 werden wir uns aber rechtzeitig ein Alternativszenario auf Landesebene überlegen müssen, weil - Risikofaktor Nummer 4 - die bundespolitischen Rahmenbedingungen nicht so gut sind. Auch wenn wir aufgrund der Rücklagen kurz-fristig auf der sicheren Seite sind, ist unstrittig, dass wir mittelfristig Finanzprobleme haben werden. Die Steuerkraft Brandenburgs liegt bei zwei Dritteln des Bundes-durchschnitts. Wirtschaftlich finden wir keinen Anschluss an die Bruttowertschöpfung der Westländer. Die Besitzer großer Vermögen machen - Gott sei es geklagt - einenBogen um dieses Land und deswegen wird uns auch ei e Erhöhung der Erbschaft-A Lsteuer nur relativ wenig bringen. Die Erbschaftsteuer ist übrigens immer noch nichthöher als das Biersteueraufkommen in Brandenburg.

(Minister Görke: In Baden-Württemberg und Bayern schon!)

Brandenburg ist noch jahrelang vom Länderfinanzausgleich abhängig, der in der ers-ten Stufe 1 Milliarde Euro und in der zweiten Stufe - als horizontaler Länderfi-nanzausgleich bezeichnet - weitere 500 Millionen Euro bringt. Zusammen mit dem wegfallenden Soli sind das über 2 Milliarden Euro Einnahmeausfälle, die wir unmöglich aus eigener Kraft kompensieren können. Den Aufbruch vollenden, wie es in die Koalitionsvereinbarung geschrieben wurde, das wird von daher im wirtschaftli-chen Bereich und bei der Einnahmesituation des Haushalts mit Sicherheit bis 2019 nicht erreicht werden.

Seit Verabschiedung des Solidarpaktes II im Jahr 2004 war klar, dass es keine dritte Auflage für Ostdeutschland mehr geben wird. Bei Einführung des Solidarzuschlags war zudem die zeitliche Begrenzung das klare Versprechen der Politik. Emotional gehört der Solidaritätszuschlag zur Wiedervereinigung. Mit dem Auslaufen des Soli-darpakts II Ende 2019 sollte daher auch die Erhebung des Soli in der heutigen Form beendet werden. Wer eine Anschlussregelung - egal ob als Investitions- oder Bil-dungs-Soli oder als Altschuldentilgungsfonds - schaffen möchte, der soll dann bitte auch eine neue. Gesetzesgrundlage schaffen.

Dabei ist schon jetzt klar: Die Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern -und unter den Ländern zwischen Geber- und Nehmerländern - werden hart. Das An-gebot der ostdeutschen Ministerpräsidenten, den Soli in die Einkommensteuer ein-zubeziehen, war nur als Akt der Verzweiflung zu begreifen, weil man wenigstens bei der Neuverteilung der Mittel nicht ganz hinten herunterfallen wollte. Sie machen aber auch deutlich, dass wir heute noch verfügbare Mittel ab 2020 - in welcher Größen-ordnung auch immer - verlieren werden; darauf muss sich unsere Haushaltspolitik einrichten und entsprechend vorsichtig und sparsam planen. Deswegen können wir nicht zulassen, dass sich in der mittelfristigen Finanzplanung 2017/18 globale Min-derausgaben - also ein Konsolidierungsbedarf von 300 Millionen Euro im Jahr ~ ab-zeichnen, dass wir schon jetzt für das Jahr 2020 ein Defizit von 500 Millionen erken-nen können - und da habe ich den Flughafen noch gar nicht berücksichtigt.

Die mittelfristige Finanzplanung wirkt allerdings, als ob die Regierung sich selbst und der Öffentlichkeit die Wahrheit, dass wir sparen müssen, nicht zumuten will. Aber auch wenn die Wahrheit, dass wir uns vieles Gewünschte - ich rede nicht von allem -nicht leisten können, eine Zumutung für die eigene Klientel ist, muss sie, denke ich, zugemutet werden. Uns Grünen ist es wichtig, dass die Linie der letzten Legislatur-periode beibehalten wird: Das Land muss mit den zur Verfügung stehenden Einnah-men auskommen und darf sich nicht für konsumptive Ausgaben auf Kosten nachfol-gender Generationen verschulden.

(Beifall B90/GRÜNE)

Das heißt für uns auch: Wir stehen zur Schuldenbremse für Land und Kommunen. Dazu brauchen wir aber ein Entschuldungsprogramm für Kommunen, die sich am eigenen Schopf nicht aus dem Verschuldungssumpf ziehen können. Denn wie Sie, Herr Görke, anfangs ausführten, sind wir auch für das verantwortlich, was wir nicht tun. Deshalb müssen wir handeln. Natürlich hat auch dieser Haushalt noch Einspar-und Umverteilungspotential; wir werden gemeinsam mit Ihnen'in den Fachausschüssen des Landtages danach suchen.

Abschließend zur Frage, die Herr Ness angesprochen hat, ob der ehemalige Minister-präsident im Landtag ein Büro und einen Referenten haben soll. Es geht nicht pri-mär um die Dauer von 18 oder 24 Monaten. Das wäre in der Tat kleinkariert. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Landesregierung und des Finanzministers.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU sowie vereinzelt AfD)

Die Glaubwürdigkeit der Landesregierung steht auf dem Prüfstand. Wie soll man je-mandem, der schon im Kleinen unredlich und unwürdig vorgeht, Versprechungen im Großen glauben?!

(Beifall B90/GRÜNE, CDU sowie der Abgeordneten Bessin [AfD])

Es gibt mehrere eindeutige Aussagen von Herrn Görke und Herrn Gerber, die man wörtlich im Ausschussprotokoll nachlesen kann. Es gibt einen unterschriebenen An-trag der Fraktionen von SPD und DIE LINKE, in dem wörtlich von 18 Monaten Be-grenzung die Rede ist. Sich dann zurückzuziehen und zu sagen, das stünde leider nicht im Haushalt, sondern nur in der Begründung, ist ein Umgang mit dem Parla-ment, der unerträglich ist. Das geht nicht!

(Beifall B90/GRÜNE, CDU sowie vereinzelt AfD)

Damit sollten Sie gar nicht erst anfangen. Hören Sie damit ganz schnell auf! Machen Sie so etwas nie wieder! Sorgen Sie dafür, dass wir Vertrauen in Ihre Haushaltspolitik entwickeln! Das war jedenfalls ein krasser Fehlstart. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE und CDU)

>> Zum Gesetzentwurf der Landesregierung als pdf-Datei