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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag der CDU-Fraktion „Feuerwehrrente für die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren in Brandenburg Antrag“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Diskussion um die Einführung einer Feuerwehrrente oder vergleichbarer Gratifikationen geistert seit vielen Jahren durch die Bundesrepublik. Eine ganze Menge Kommunen haben mit den Mitgliedern ihrer freiwilligen Feuerwehren entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen und gewähren ihnen als freiwillige Leistung eine Rente oder Sonderzulagen, die meist leistungsbezogen sind. Auf Landesebene gibt es die Feuerwehrrente in Thüringen und Sachsen-Anhalt. In Thüringen sparen Land und Kommunen je 6 Euro monatlich für jedes Wehrmitglied an, in Sachsen-Anhalt haben sich 48 Gemeinden einem Rahmenvertrag mit einem privaten Anbieter angeschlossen – das Land selber beteiligt sich finanziell nicht.

Der Grund für die Feuerwehrrente ist überall der gleiche: durch die demografische Entwicklung, die starke Veränderung unserer Erwerbsarbeit mit großen Anforderungen an Mobilität und größerer Entfernung zum Heimatort sowie einem geänderten Freizeit- und Konsumverhalten wird es immer schwieriger, Nachwuchs für den Brand- und Katastrophenschutz zu gewinnen – ein Befund, der auch andere Formen des Ehrenamtes betrifft. In Brandenburg – die Zahlen wurden schon erwähnt – werden die Leistungen im Brand- und Katastrophenschutz zu 95% durch Freiwillige erbracht und deren Zahl ist in den letzten 10 Jahren von 47.700 auf 39.280 zurückgegangen – intensiven Werbungen und Nachwuchsförderung zum Trotz.

Die CDU-Fraktion greift in dieser Situation den alten Vorschlag einer Feuerwehrrente wieder auf, den die Landesregierung im Rahmen des novellierten Brand- und Katastrophenschutzkonzeptes ausgestalten und auf eine gesetzliche Grundlage stellen soll. Parallel dazu ploppen jetzt Anträge in Kreistagen wie der Uckermark auf, die den besonderen Charme haben, dass sie besagen, die Landesregierung solle eine Feuerwehrrente einführen und sich auf Bundesebene für Steuererleichterungen für die Feuerwehr und die freistellenden Arbeitgeber einsetzen, sich über den finanziellen Anteil der Kommunen als Träger des Brand- und Katastrophenschutzes aber ausschweigen.

Als kleines historisches Aperçu möchte ich noch erwähnen, dass 2009 der Innenausschuss hier im Landtag auf Initiative des SPD-Abgeordneten Schippel einstimmig beschlossen hat, die Landesregierung möge die Einführung einer Feuerwehrrente prüfen. Geprüft wird immer noch und das liegt daran, dass die Feuerwehrrente alles andere als ein Allheilmittel ist, aber in schwieriger Lage als ein mögliches Puzzleteil zum Erhalt der Einsatzbereitschaft auch nicht so einfach verworfen werden sollte. Wir werden uns aus dieser Überlegung heraus auch enthalten, sehen aber eine Menge Probleme:

  1. Da ist zuallererst das Gerechtigkeitsproblem gegenüber anderen Formen des Ehrenamtes und Engagements. Was sagen wir Tausenden von Männern und Frauen – meist sind es Frauen –die jahrelang rund um die Uhr ihre pflegebedürftigen Angehörigen oder Nachbarn pflegen. Bei prognostiziert 130.000 Pflegebedürftigen müssen wir alles daransetzen, unseren hohen Grad an häuslicher Versorgung zu erhalten, weil sonst die Pflege zusammenbricht. Auch bei diesem Engagement geht es sprichwörtlich um Leben und Tod – haben diese Menschen keine Wertschätzung in Form einer Gratifikation verdient? Was sagen wir denjenigen, die sich in Tafeln und Kleiderkammern, in Behinderteneinrichtungen oder Willkommensinitiativen, als Patinnen beim Netzwerk „Gesunde Kinder“, beim Besucherdienst der Krankenhäuser oder in der Hospizarbeit um ihre Mitmenschen kümmern, die aufopfernd Sterbebegleitung leisten? Haben die keine Rente oder Steuererleichterungen verdient? Wir sehen hier eine hochproblematische Benachteiligung von weiblich dominierten Formen des Ehrenamtes. Wir Bündnisgrüne setzen eher auf eine Stärkung des Ehrenamtes allgemein, wie unser Antrag zur Ehrenamtskarte beweist.
  2. Zum anderen stellt sich die Frage, ob eine Feuerwehrrente überhaupt wirksam ist. In Sachsen-Anhalt wird als Erfolg gefeiert, dass der Rückgang an Einsatzkräften mit Rente etwas weniger rasant verlaufen sei als ohne. In Thüringen erklären die Einsatzkräfte selbst, dass sich die Hoffnungen nicht erfüllt haben: sinkende Mitgliederzahlen, enormer Verwaltungsaufwand, quälende Diskussionen, wer Leistungsträger sei, am Boden liegende Tagesbereitschaft.
  3. In der nächsten Dekade wird uns der demografische Wandel erst richtig treffen mit immer weniger Menschen im einsatzfähigen Alter. Ob sich das System der freiwilligen Wehren überhaupt aufrechterhalten lassen wird, ist fraglich.

Wir bedanken uns bei der CDU, dass sie diese wichtige Debatte erneut befördert hat und freuen uns, dass es die Kameradinnen und Kameraden in die Titelzeile geschafft haben.