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Michael Jungclaus spricht zum Antrag der AfD-Fraktion „Daseinsvorsorge ausgestalten – ein Grundangebot für den ÖPNV definieren“

-Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,

26 Fußnoten in einen Antrag unterzubringen – das muss man erstmal schaffen.

Der Antrag liest sich dementsprechend auch mehr wie eine Hausarbeit.

Anstatt so viel Arbeit in die Begründung zu investieren, hätten Sie sich vielleicht mehr Zeit für Ihre Forderungen nehmen sollen.

Wer diesen Antrag liest, dem drängt sich nämlich folgender Verdacht auf:

Dass es sich hierbei lediglich um einen weiteren Versuch der AfD-Fraktion handelt, sich als Retter des ländlichen Raums darzustellen.

Natürlich teilen vermutlich wir alle hier das Ziel Ihres Antrags: Sie wollen damit die Erreichbarkeit im ländlichen Raum durch den ÖPNV sicherstellen. Und auch Ihre Problemanalyse ist ja in diesem Fall nicht falsch.

Aber – wie meistens bei der AfD – fehlen konkrete Lösungen? Einen „Mindeststandard für ein Grundangebot“ festlegen, ist ja genau das, was die Landesregierung bereits macht. Etwa im Landesnahverkehrsplan oder wenn sie Verkehrsverträge ausschreibt. Dass dies nicht unbedingt in der Form erfolgt, wie wir uns das vorstellen – steht auf einem anderen Blatt.

Aber auch als Opposition hätten Sie ja durchaus die Möglichkeit, konkrete Vorschläge zur Verbesserung zu unterbreiten – beispielsweise wie wir es mit landesbedeutsamen Buslinien oder die CDU mit ihrem SPNV-Gutachten getan haben.

Mobilität im ländlichen Raum spielt – nicht zuletzt auch durch die Enquête-Kommission – eine besondere Rolle in dieser Legislaturperiode. Und konkrete Vorschläge, wie Mobilität dazu beitragen kann, Dörfer vor dem Aussterben zu retten, diskutieren wir ja dort auch regelmäßig - wie auch im Fachausschuss.

Wie können wir innovativ auf Schrumpfungsprozesse reagieren? Wie können wir Anreize für alternative Bedienformen wie z. B. Rufbusse oder Car-Sharing setzen?

Wie können wir Mindestangebote im ÖPNV sicherstellen und so weiter.

Auch die Frage, welche Forderungen an die DB wir im Land Brandenburg stellen sollten, ist ein solches Thema. Denn es ist doch so: In den Investitionsplänen der DB Netz sind zwar mehr als 40 Bauvorhaben aufgelistet. Aber ein Großteil des Geldes wird für die drei Megaprojekte (Stuttgart 21, Wendlingen-Ulm und die Strecke Berlin-München) aufgewandt. In die Gleise ländlicher Regionen fließen die Millionen leider schon längst nicht mehr.

In diesem Zusammenhang können wir dann auch gerne über ihren Antrag, diskutieren. Wie ein Grundangebot tatsächlich beschaffen sein bzw. umgesetzt werden müsste.

Deshalb haben wir beantragt, den Antrag in den Verkehrsausschuss zu überweisen. Den Antrag selbst werden wir aus den genannten Gründen ablehnen.

Rot-Rot hat mit ihrer heutigen aktuellen Stunde ja ein Signal gesetzt: sie wollen die Rückkehr ehemaliger Brandenburgerinnen und Brandenburger fördern. Es ist aber ja nicht nur der Job oder die Ausbildung, es ist auch der dürftige öffentliche Nahverkehr, der die Menschen verstärkt in die Städte treibt. Oder es zumindest unattraktiv macht, aufs Dorf zu ziehen.

Es ist eine banale Forderung, aber der ÖPNV muss flexibler werden.

Er darf nicht an den Bedürfnissen der ländlichen Bevölkerung vorbei geplant werden. Es müssen Lösungen gefunden werden, die sich an der tatsächlichen Nachfrage orientieren. Und die dazu beitragen, eine zusätzliche Nachfrage zu wecken.

Nicht zuletzt deshalb, weil nirgendwo sonst die Treibhausgasemissionen so stark steigen wie im Verkehr. Ohne einen funktionierenden ÖPNV sind alle Anstrengungen für Energiewende und Klimaschutz nur die Hälfte wert. Vielen Dank!