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Benjamin Raschke spricht zu zwei Anträgen der AfD-Fraktion und der BVB/FREIE WÄHLER-Gruppe zu Wölfen

Vielen Dank,

Herr Präsident! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich kann nur empfehlen, diesen Antrag der AfD hier abzulehnen. Die AfD hat eine Debatte zur Obergrenze eingefordert, hat dies aber nicht getan, weil sie etwa der Meinung wäre, wir hätten genügend Wölfe, sodass die Art überleben könnte, sondern weil sie hier den Eindruck vermitteln will, die Menschen wollen nicht noch mehr Wölfe.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfD, die Antwort auf diese Frage, wie viele Wölfe akzeptiert denn unsere Gesellschaft - wenn man diese Frage stellen würde -‚ ist sicherlich keine, die Ihnen gefallen dürfte. Es sind nämlich eine ganze Menge Wölfe mehr, als Sie vermuten und als Sie uns hier suggerieren.

(Schröder [AfD]: Habe ich gar nicht gesagt!)

Wenn Sie ehrlich sind, dann geben Sie zu, dass die Menschen auch in Brandenburg bereit sind, das Leben mit dem Wolf und neben dem Wolf zu lernen. Sie wissen das.

(Schröder [AfD]: Noch!)

Noch, genau, und Sie versuchen zu suggerieren: Das Boot ist langsam voll, und wir brauchen eine Obergrenze.

(Zurufe und vereinzelt Heiterkeit bei mehreren Fraktionen)

Man kann ja darüber reden, ob eine Obergrenze für die gesellschaftliche Akzeptanz von Wölfen sinnvoll und notwendig ist. Das kann man machen, die EU-Regeln sehen das auch vor, ohne Frage. Aber dieser Punkt der Debatte ist noch nicht erreicht. So weit sind wir noch lange nicht. Ganz im Gegenteil, es spricht eine ganze Menge da-für, dass die Akzeptanz in der Gesellschaft und der Wunsch nach Wolf viel höher ist, als Sie uns weismachen wollen.

(Zuruf von derAfD: Quatsch!)

Natürlich Sie sitzen hier einem Trugschluss auf. Sie haben die berechtigte Aufregung um den Wolf, zum Beispiel in Rathenow, genutzt, um daraus den Schluss zu ziehen, dass das Boot insgesamt voll sei.

Bitte, Herr Schröder.

Vizepräsident Dombrowski: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte, Herr Schröder.

Raschke (B90/GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Kollege. Damit haben Sie genau das untermauert, was ich gerade gesagt habe: dass Sie nämlich einem Trugschluss aufsitzen. Für die Akzeptanz kommt es nicht in erster Linie auf die Zahl der Wölfe an, sondern darauf, wie gut wir als Parlament, die Regierung und die Behörden das Nebeneinander und das Zusammenleben mit dem Wolf organisieren. Dafür ist nicht in erster Linie die Zahl entscheidend.

(Beifall B90/GRÜNE)

Natürlich will niemand den Wolf um jeden Preis. Die Menschen sagen: Daran sind Bedingungen geknüpft. Auch wir Grünen wollen, dass es weiterhin Kühe und Schafe auf der Weide gibt. Die Menschen wollen natürlich auch trotz Wolf sicher schlafen. Aber Sie erwarten von uns, vom Parlament und von der Regierung, dass wir beides möglich machen, Wolf und Schaf und auch ruhigen Schlaf. Sie erwarten dabei keine Wunder, Sie wissen, dass das schwierig ist. Sie erwarten ernsthafte Auseinandersetzung und eben keinen Populismus.

(Schröder [AfD]: Ah ja, Populismus und so was!)

- Natürlich, Herr Kollege. Das auch; wir können beides haben. Wir können Wolf und Schaf miteinander vereinbare im Land. Unser Minister zeigt auch, dass das geht. Wir haben Schutzmaßnahmen, wir haben Aufklärungsarbeit.

(Lachen und Zurufe von derAfD)

- Ich weiß, die Aufklärungsarbeit ist an Ihnen vorbeigegangen, aber die gibt es im Land.

Es gibt auch Ausgleichszahlungen. Was unsere Behörden machen - da kann ich mich dem Dank an den Minister nur anschließen -‚ das machen sie sehr gut.

Noch einmal: Die Sicherheit hängt nicht in erster Linie von der Zahl der Wölfe ab, sondern davon, wie wir mit den Problemwölfen umgehen, zum Beispiel mit dem Wolf in Rathenow. Sie fordern in Ihrem Antrag eine Definition für Problemwölfe. Dazu kann ich nur sagen: Lesen hätte geholfen. Das steht im Wolfsmanagementplan und in den Unterlagen des Umweltausschusses. Aber wenn man als einzige Belegquelle die Hausmärchen der Gebrüder Grimm verwendet, kommt man natürlich nicht weiter, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD.

(Beifall B90/GRUNE, DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Ja, lesen hätte geholfen. In den Unterlagen des Umweltausschusses hätten Sie, Herr Umweltausschussvorsitzender, lesen können, dass der Wolf wandert. Er braucht große Reviere. Sie fordern - hier kann ich mich der Kollegin Schier nur anschließen - regionale Obergrenzen, das ist auch völliger Quatsch. Sie sagen selbst in Ihrem Antrag, man müsste mit anderen Ländern, sogar mit Polen, reden und versuchen, gleichzeitig regionale Obergrenzen zu machen. Ob der günstige Erhaltungszustand, also die Mindestpopulation, die Untergrenze bei Wölfen erreicht werden kann - davon kann der Minister ein Lied singen -‚ kann noch nicht einmal ein Bundesland allein beantworten. Darüber hat die gesamte Umweltministerkonferenz gerade für Deutschland gemeinsam beraten. Dass Sie die Unterlagen nicht lesen, ist bedauerlich.

Den Antrag der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe müssen wir leider ablehnen. Ich kann Ihnen nicht vorwerfen, die Unterlagen nicht gelesen zu haben; denn Sie sind nicht im Umweltausschuss. Aber in der Tat ist es so - die Kollegen haben es erwähnt -‚ ein Teil der Forderungen ist umgesetzt, ein anderer nicht. Diesen sollten wir in die Bera-tungen des Umweltausschusses aufnehmen. Deswegen vielen Dank dafür. Es gab auch einige Punkte von der CDU. Beide Anträge müssen wir ablehnen.

Insbesondere ablehnen müssen wir aber den Antrag der AfD, denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, er atmet den Geist, wir hätten jetzt schon zu viele Wölfe.

(Zurufe von derAfD)

- Das ist richtig. Es ist Populismus von Ihnen, denn Sie irren mit Ihrem Antrag. Sie irren fachlich, denn wir haben noch nicht einmal die Untergrenze dessen erreicht, was wir für eine stabile Population brauchen. Sie irren auch in der Frage, wie viele Wölfe unsere Gesellschaft akzeptiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir waren bisher gemeinsam auf dem Kurs, den Auftrag der Gesellschaft umzusetzen, die Rückkehr des Wolfes zu ermöglichen, und ein Nebeneinander von Wolf und Mensch zu vereinbaren. Für diesen Versuch werden wir international hoch geachtet. Auf diesem Kurs sind wir gut, und auf diesem Kurs sollten wir weiter bleiben. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)