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Benjamin Raschke spricht zur Aktuellen Stunde der SPD-Fraktion „Regionalität - Chancen regional erzeugter Lebensmittel für die Weiterentwicklung der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg nutzen“

>> Entschließungsantrag: Qualität „made in Brandenburg“ statt märkischer Agrarindustrie (pdf-Datei)

Vielen Dank! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es gab eben und auch in der Presse etwas Spott in Richtung der SPD, dass ihr nichts Besseres bzw. Aktuelleres einfällt als die Grüne Woche. Ich will mich dem nicht anschließen, denn erstens freut sich der Grüne immer, wenn es um die Grüne Woche geht,

(Beifall B90/GRÜNE und der Abgeordneten Hackenschmidt [SPD])

und zum zweiten glaube ich, dass sich Kollege Lüttmann genau überlegt hat, wie er seine Zeit als Interimsfraktionsvorsitzender bis zur Genesung des Kollegen Bischoff nutzt, unter welchen Antrag er seine erste Unterschrift setzt und welches Profil er hier zeigen möchte. Ich nehme ihm das ab. Ich nehme auch Udo Folgart nach seiner profunden Analyse ab, dass er sich für Qualitätsprodukte Made in Brandenburg einset-zen will. Denn wir wissen: Regionale Produkte sind nicht nur toll, sondern auch ein Versprechen. Sie sind das Versprechen, besonders zu sein: besonders frisch, besonders gut und unter besonders hohen Standards, zum Beispiel in Sachen Umwelt- und Tierschutz, produziert. Das ist ein Qualitätsversprechen, und ich nehme Ihnen nach der Rede und dem Antrag ab, dass Sie es dauerhaft halten wollen.

Das müssen wir auch, alle zusammen, aber es geht nicht nur um Vermarktung. Es geht auch darum, dass der Trend eigentlich in eine ganz andere Richtung zeigt. Natürlich haben wir tolle Produkte aus Brandenburg, wunderbare Produkte, von denen wir auf der Grünen Woche hoffentlich alle viel essen werden, Anke Schwarzenberg. Aber der Trend geht in eine andere Richtung, obwohl die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht Massentierhaltung, Pestizide und Land-Grabbing wollen, sondern sauberes Wasser, gutes, gesundes Essen und Vorbilder, die zeigen, dass es geht. Das alles können wir in Brandenburg haben, aber das gibt es nicht geschenkt. Dafür müssen wir den Rahmen setzen, und dafür brauchen wir gute Vorschläge und gute Anträge.

Wir haben hier drei Anträge vorliegen: von SPD, CDU und den Grünen. Aus meiner Sicht ergänzen sie einander. Der SPD-Antrag - Udo Folgart hat es ausgeführt - beinhaltet viele Punkte, die wir teilen. Er hat zum Beispiel darauf abgestellt, dass jetzt viele Bäcker lila sind. Aus meiner Sicht geht das gar nicht. Wir hatten im Ausschuss auch eine interessante Anhörung zum Thema Fleischereihandwerk. Vor Jahren waren es ncoh über 700 Fleischer, jetzt sind es knapp 100. So kann man das durchdeklinieren. Das heißt, der Fokus auf das Handwerk ist eigentlich richtig.

Insgesamt müssen wir diesen Antrag aber ablehnen, weil er zu sehr darauf setzt, dass alles so bleiben soll, wie es ist, und nichts geändert wird. Darüber hinaus wer-den aus dieser Schlussfolgerung, dass etwas für das Handwerk getan werden muss, keine Konsequenzen gezogen. Es wird zum Beispiel dafür geworben, den Ernährungscluster auszubauen. Wenn man sich den Ernährungscluster einmal anschaut, weiß man, dass dies ein Cluster ist, der auf Industrie setzt. Die englische Übersetzung - so steht es auf der Homepage - lautet: Food Industry Cluster. Da geht es explizit nicht um das kleine Handwerk, sondern um Agrarindustrie. Das führt dazu, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können. Dem CDU-Antrag können wir frohen Herzens zustimmen.

(Beifall CDU)

Natürlich ist alles, was die CDU darin schreibt, richtig und gut.

(Frau Lieske [SPD]: „Natürlich!“)

Aber es fehlt etwas - und zwar sowohl bei Ihrem Antrag als auch beim Antrag der SPD -‚ nämlich, dass wir erst einmal die Grundlagen dafür schaffen müssen, dass wir gute Produkte überhaupt vermarkten können. Wir brauchen die Produktionsgrundlagen. Sonst hilft es auch nichts, Bürokratie abzubauen. Zu diesen Produktionsgrundlagen der Landwirtschaft gehört erstens Boden und zweitens Wasser. Die Wassergesetznovelle steht bevor. Wir sollten sie dafür nutzen, dem Schutz des Was-sers die höchste Priorität einzuräumen - und nicht Verbandsinteressen.

(Beifall B90/GRÜNE und der Abgeordneten Schade [AfD])

Und wir warten immer noch, Herr Ministerpräsident, auf den Masterplan zur braunen Spree. Er soll nun bald kommen.

(Frau Lehmann [SPD]: Zur klaren Spree!)

- Klare Spree, danke Frau Kollegin.

Ich hoffe und setze darauf, dass es nicht nur um die Braunfärbung, sondern auch um die Sulfatwerte geht, denn wir müssen dafür sorgen, dass die Brauereien, die Mineralwasserproduzenten und alle anderen Firmen entlang des Gewässers keine Probleme mit den Sulfatwerten bekommen. Also da müssen wir etwas tun.

Auch beim Boden müssen wir etwas tun. Die Preise sind inzwischen astronomisch hoch, sodass wir bald gar keine Produkte kleiner Betriebe mehr haben, die wir vermarkten können. Das Land kann gegensteuern. Das Land könnte ein Agrarstruktur-gesetz auf den Weg bringen. Das Land könnte endlich aufhören, seine eigenen Landesflächen zu Höchstpreisen zu verkaufen, und stattdessen kleine Bauern fördern.

(Beifall B90IGRUNE)

Und wir könnten endlich die Prämie für die Umstellung auf Biobetrieb erhöhen. Udo Folgart hat es völlig richtig beschrieben: Das ist ein wachsender Trend. Wir können die Nachfrage bei weitem noch nicht decken. In Brandenburg ist die Umstellungsprämie so gering wie nirgendwo sonst. Das ist nicht zwingend, wir könnten das ohne Probleme ändern.

Zusammenfassend: Die Produktionsgrundlagen schützen! CDU-Antrag: Gut. SPD-Antrag: So lala. Alle Anträge zusammen wären ein rundes Paket. Was fehlt noch? Ein Jahr nach dem Volkbegehren gegen Massentierhaltung sehen wir: Einiges ist auf dem Weg, einiges nicht. Ich will jetzt nicht spalten, sondern das betonen, was gut läuft, nämlich der Tierschutzplan. Lassen Sie uns die Produkte, die in dieser Folge entstehen, besonders bewerben. Wenn wir zeigen, dass es in Brandenburg geht, Schweine zu halten, ohne ihnen die Schwänze abzuschneiden, so ist das ein Qualitätsmerkmal. Das können wir doch bewerben. Also auch da sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen, ebenso wie bei den öffentlichen Kantinen.

(Beifall B90/GRÜNE)

Produkte Made in Brandenburg sind ein Qualitätsversprechen, und wir müssen alle zusammenarbeiten, damit es auf Dauer erfüllt wird. Das geht nicht nur durch Bürokratieabbau und bessere Vermarktung, sondern in allererster Linie dadurch, dass man die Produktionsgrundlagen, Wasser und Boden, schützt. Deswegen: Enthaltung bei der SPD und Zustimmung bei der CDU. Ich bitte und werbe um Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.

>> Entschließungsantrag: Qualität „made in Brandenburg“ statt märkischer Agrarindustrie (pdf-Datei)

Der Entschließungsantrag wurde abgelehnt.