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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „Gesetz über das Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum (Brandenburgisches Verschleierungsverbotsgesetz - BbgVerschleierungsVerbG)

>> Videomitschnitt der Rede

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Was ist dieser Gesetzentwurf doch für ein dürftiges und armseliges Machwerk! Nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt legt jetzt auch die AfD in Brandenburg ein „Brandenburgisches Verschleierungsverbotsgesetz“ vor. Schon vor vier Wochen hat Herr Lassiwe im „Prignitzer“ unter der zutreffenden Überschrift „Abschreiben will gelernt sein“ darauf aufmerksam gemacht, dass zumindest bei der Formulierung von Ausnahmetatbeständen Ihre Kollegen in Sachsen-Anhalt etwas findiger waren. Sturmhauben von Radlern und arischen Bankräubern? Gasmasken von Feuerwehrleuten und Sondereinsatzkommandos? Taucherbrillen? Medizinischer Mundschutz in Operationssälen und bei japanischen Touristen mit Angst vor Vogelgrippe? Maskerade in Theater, Oper, Happening? Fehlanzeige! Der brandenburgischen AfD fällt da allein der Schutz vor Kälte und der Karneval ein. Darauf ein dreimal donnerndes Helau!

Dieser Gesetzentwurf ist in der langen Liste schludrig dahingeworfener sinnentleerter Traktate ein weiterer Tiefpunkt. Er ist islamophob und er ist frauenfeindlich.

Wenn ich mein Gedächtnis mal ganz intensiv befrage, dann bin ich sicher, dass ich in Brandenburg noch nie eine Frau mit Burka oder Nikab gesehen habe. Vor einigen Monaten habe ich zwei Frauen mit Vollverschleierung bei H&M in Spandau gesehen, die sich in der Wäscheabteilung kichernd über String-Tangas beugten. Wenn Sie diesen Frauen jetzt das Ordnungsamt auf den Hals hetzen, um eine Ordnungsstrafe von 200-500 Euro zu kassieren, dann werden diese Frauen sicher überhaupt nicht mehr das Haus verlassen können und sie hätten der Frauenbefreiung, die Ihnen ja offensichtlich so sehr am Herzen liegt und der Integration dieser Frauen einen Bärendienst erwiesen.

Mein Gedächtnis sagt mir auch, dass ich vollverschleierte Frauen aus den Golfstaaten als Gattinnen von Ölpotentaten ein klein wenig häufiger auf den Komfortstationen Berliner Krankenhäuser und in den innerstädtischen Shopping Malls behängt mit Prada-Taschen gesehen habe. Aber diese Diplomatengattinnen einer sehr zahlungskräftigen Klientel, die allseits sehr umworben wird, haben Sie mit ihrem Antrag ja wohl auch nicht so richtig im Blick.

Früher wurden Frauen geächtet, die sich unzüchtig und zu leicht bekleidet in der Öffentlichkeit zeigten. Heute wird Frauen in Frankreich von Polizisten am Strand die Kleidung vom Leib gerissen, weil sie zuviel anhaben. Wenn diese Frauen aus freien Stücken das tragen, was sie tragen, dann stellen diese Manöver schwerste Eingriffe in ihr Recht auf Selbstbestimmung und in grundlegende Menschenrechte dar. Wenn sie das, was sie tragen, aus Zwang und Konvention tragen, dann helfen wir ihnen nicht aus ihrer tragischen Isolation, indem wir sie beschimpfen, drangsalieren und sie von der Bildfläche verschwinden lassen. Wenn sich dann noch Leute wie Sie, die nichts anderes zu tun haben, als Frauenrechte verächtlich zu machen und uns ins Biedermeier der Fünfziger Jahre oder gar ins völkische Frauenbild des NS-Staates zurückzukatapultieren, sich dann zum Anwalt der Emanzipation aufschwingen, um Frauen aus ihren „Stoffgefängnissen“ zu befreien, dann wird mir aber restlos übel. Eine Partei, die mit 12% Frauenanteil ins Berliner Abgeordnetenhaus einzieht hat keine Kompetenz, sich über Emanzipationsdefizite von Migrantinnen auszulassen.

Sie wissen sehr wohl, dass die überwiegende Anzahl der Verfassungsrechtler in unserem Land ein sog. „Burka-Verbot“ im öffentlichen Raum für unzulässig hält. Ebendies besagt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, selbst wenn man das Grundgesetz dafür ändern würde. Wir müssen die Handvoll verschleierte Frauen aushalten, selbst wenn es uns nicht passt. Anders verhält es sich mit begründbaren Einschränkungen vor Gericht, zur Identitätsfeststellung, auf dem Standesamt oder in öffentlichen Einrichtungen. Doch darum geht es hier nicht.