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Ursula Nonnemacher spricht zu unserem Gesetzentwurf „Fünftes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes“

>> Unser Gesetzesentwurf (pdf-Datei)

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

„Korrupt sind sie doch alle“ titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, nachdem der wegen Korruption zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilte Gubener Bürgermeister Klaus-Dieter Hübner am 17. Juli 2016 mit 57, 8 Prozent der Stimmen wiedergewählt wurde.

Nach Artikel 12 der Brandenburger Landesverfassung sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Der Verfassungsgrundsatz der allgemeinen und gleichen Wahl ist Ausdruck dieses Gleichheitssatzes und zudem eine Ausprägung des Demokratieprinzips.

Hierauf können sich Brandenburger Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Ländrätinnen und Landräte berufen.

Aber auch das hohe Verfassungsgut der Allgemeinheit der Wahl kennt Grenzen. Laut Bundesverfassungsgericht darf es aus zwingenden Gründen eingeschränkt werden. So sind zum Beispiel die Beschränkung des Wahlrechts auf Personen, die im Wahlgebiet sesshaft sind oder die Aberkennung der Wählbarkeit durch strafgerichtliches Urteil möglich.

Unsere Fraktion bringt heute einen Gesetzentwurf ein, der die Wählbarkeit von hauptamtlichen Bürgermeistern und Landräten für die Dauer von 5 Jahren ausschließt, wenn die Person wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die bei einem Beamten den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hätte.

Klar ist damit: Wer seine Beamtenrechte aufgrund einer schweren Straftat verloren hat, kann auch nicht als kommunaler Wahlbeamter gewählt werden. Und wir verhindern damit auch, dass jemand, obwohl er gewählt wurde, kurze Zeit später vom Dienstherrn suspendiert wird. Der Gesetzentwurf schafft damit Rechtsklarheit und verhindert Streitigkeiten vor Gericht.

Wir Bündnisgrünen setzen uns seit jeher für die Direkte Demokratie ein. Eine liberale Demokratie ist aber keine Frage der reinen Mehrheitsentscheidungen. Sie ist eingebettet in rechtsstaatlich abgesicherten Schutz von Meinungsfreiheit, Menschenrechten und Minderheitenschutz.

In einem demokratischen Rechtsstaat zählt eben nicht nur „Volkes Wille“. Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass sich die Verwaltung an Recht und Gesetz hält und die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung.

Dieser Grundsatz gerät in letzter Zeit aber zunehmend in Vergessenheit. Verantwortlich hierfür sind Populistinnen und Populisten, die beispielsweise per Gesetz das Tragen von Burkas im öffentlichen Raum komplett verbieten wollen, obwohl dies unseren Verfassungsprinzipien widerspricht. Mit der Begründung: 81 Prozent der Bevölkerung hätte sich im ARD-Deutschlandtrend für ein Burka- Verbot ausgesprochen.

Das Beispiel Hübner zeigt, wie dringlich es ist, unseren Gesetzentwurf im Parlament zu diskutieren. Es ist absurd und führt zugleich zu einem hohen Verdruss der Wahlbevölkerung, wenn der von ihr gewählte Bürgermeister oder Landrat sein Amt gar nicht ausüben darf. Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht das Gefühl haben, dass ihre Wahlentscheidung nicht respektiert wird. Das führt zu einem hohen Vertrauensverlust in die Demokratie. Die Demonstrationen vor dem Gubener Rathaus und die Beschimpfung derjenigen, die unverständlichen Rechtslagen gegen einen Mehrheitswillen umzusetzen hatten, sollten uns Mahnung sein. Auch der Gubener Ortsverein der SPD bittet den Landtag darum, tätig zu werden. Der Vorsitzende warnt: So entstehen „Pegida“, Politikverdrossenheit, Unmut und Nichtwähler!

Unser Gesetzentwurf ist aber auch über den Fall Hübner hinaus von grundsätzlicher Bedeutung.

Nicht nur, weil es immer wieder zu einer solchen Situation kommen kann.

Sondern auch, weil das Signal, dass eine Demokratie sowohl von demokratischen Mehrheitsentscheidungen als auch der Beachtung von Rechtsgrundlagen lebt, gerade jetzt besonders wichtig ist.

In anderen Bundesländern, namentlich Baden-Württemberg und Sachsen, existiert die Norm, die wir einführen wollen, bereits. Dort hat man erkannt, dass es sich schlicht um eine notwendige Konsequenz handelt, dass wenn der Bürgermeister Wahlbeamter ist, auch die beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Im Beamtenstatusgesetz ist auch ganz klar formuliert: Wenn ein Beamter wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, endet sein Beamtenverhältnis automatisch mit Rechtskraft des Urteils.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen einem demokratisch legitimierten Wahlbeamten und einem Berufsbeamten. Anders als der gewöhnliche Beamte, unterliegt ein gewählter Bürgermeister oder Landrat keinen Laufbahnvorschriften. Er nimmt auch an keinem Vorbereitungsdienst teil.

In der Gemeinde hat der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin aber eine exponierte Stellung. Sein bzw. ihr Amt wird durch die eigene Persönlichkeit geprägt. Das Amt bestimmt maßgeblich das Erscheinungsbild der Verwaltung. Aus Sicht unserer Fraktion ist es gefährlich für das Ansehen demokratischer Institutionen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Tätigkeit des Staates, wenn ein Bürgermeister, der kurz nach einer Verurteilung zu einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, zeitnah einfach wiedergewählt werden kann.

Schon jetzt dürfen Personen, die ein Verbrechen begangen haben und zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurden, nicht gewählt werden. Aber auch Vergehen können schwer wiegen, insbesondere dann, wenn es zu einer ebenso hohen oder gar höheren Freiheitsstrafe kommt. Auch für diesen Fall möchten wir daher das passive Wahlrecht einschränken. Zudem darf auch schon jetzt nicht mehr gewählt werden, wer von einem Gericht in einem Disziplinarverfahren rechtskräftig zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verurteilt wurde.

Wenn schon jetzt disziplinarrechtliche Verurteilungen einer Wahl entgegenstehen, dann muss das doch erst Recht für nicht unerhebliche strafrechtliche Verurteilungen gelten!

Unser Gesetzesvorschlag ist auch verhältnismäßig. Nicht jede Person, die sich einmal aufgrund eines schweren Delikts strafbar gemacht hat, soll die Möglichkeit, gewählt zu werden, für immer verlieren. Der Ausschluss von der Wählbarkeit ist vielmehr auf einen Zeitraum von 5 Jahren begrenzt.

Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

>> Unser Gesetzesentwurf (pdf-Datei)

Unser Gesetzentwurf wurde in den Ausschuss für Inneres und Kommunales überwiesen.