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Ursula Nonnemacher redet zur Aktuellen Stunde auf Antrag der CDU-Fraktion „Crystal Meth – Gezielt handeln und die Menschen in Brandenburg vor dieser gefährlichen Droge schützen!“

>> Videomitschnitt der Rede

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Die Aktualität dieser Stunde liegt in dem erfreulichen Umstand, dass letzte Woche die EU Chlorephedrin in den Verordnungen 273/2004 und 111/2005 als Drogenausgangssubstanz erfasst und damit den Handel einer strengen Kontrolle und Überwachung unterzogen hat. Die synthetische Droge Crystal Meth - Methamphetamin – kann mit wenig Aufwand auch in nichtprofessionellen Laboren aus Chlorephedrin, Ephedrin und Pseudoephedrin hergestellt werden. Letztere sind häufig Bestandteil von Hustensäften oder Nasensprays und unterliegen in Deutschland seit 2006 einer Rezeptpflicht. In Polen konnten aber noch kürzlich Mittel gegen Heuschnupfen, die hochdosiert Ephedrin enthalten, rezeptfrei und unkontrolliert in großen Mengen gekauft werden. Schlagzeilen gemacht hat die Beschlagnahmung von 2,9 Tonnen Chlorephedrin durch das Bundeskriminalamt im Jahr 2014. Der Prozess gegen einen Leipziger Pharmahändler platze allerdings letztes Jahr, da nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass aus dem Stoff in Tschechien tatsächlich Crystal produziert wurde und da der Handel mit Chlorephedrin ja bisher auch keinen Beschränkungen unterlag und nicht strafbar war.

Methamphetamin gehört zur Substanzgruppe der Stimulantien und löst eine Euphorie mit gesteigertem Selbstwertgefühl aus, erhöht die Kontaktbereitschaft und Libido, unterdrückt Hunger und Müdigkeit. Dies erklärt das hohe Suchtpotential mit gravierenden körperlichen und psychischen Störungen bei regelmäßigem Gebrauch. Die einfache und preiswerte Herstellung machen den Stoff schwer kontrollierbar. Er muss nicht von weit her importiert werden, sondern kann dezentral in kleineren Labors hergestellt werden. Deshalb kommt der restriktiven Kontrolle der Ausgangssubstanzen durch die EU-Verordnung, der Einführung von Rezeptpflicht für ephedrinhaltige Pharmaka in allen Staaten der EU und der grenzüberschreitenden Bekämpfung der Meth-Mafia mit Aushebung der Labore und Zerschlagung der Vertriebswege insbesondere durch die organisierte Kriminalität große Bedeutung zu.

Dies ist auch der richtige Weg, um die sehr hohe Beschaffungskriminalität durch Crystal-Meth Konsumenten einzudämmen. Wenn die Kriminalpolizei in Cottbus schätzt, dass zwei Drittel der Eigentumsdelikte in der Lausitz damit in Zusammenhang stünden, so zeigt dies das Ausmaß des Problems.

Über die geschätzte Häufigkeit des Crystal Konsums, der seinen Schwerpunkt im Südosten unseres Landes hat, über die Konsummotive, Konsument*innentypen, psychische und physische Folgeschäden sowie selektive Präventionsmaßnahmen hat sich der AASGFF in den beiden ausgezeichneten Fachgesprächen vor einem Jahr ausführlich informiert und sie waren auch Gegenstand der Plenardebatte im März dieses Jahres. Ich freue mich, dass die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen dem Thema weiterhin hohe Aufmerksamkeit widmet z.B. durch die Crystal Tagung an der BTU Senftenberg im vergangenen Oktober oder die beiden aktuellen Fortbildungsveranstaltungen zu Beratung und Therapie. Die interdisziplinär besetzte Expertengruppe „Crystal Meth“ hat die Lage in Brandenburg analysiert, weitere Daten werden wir dem Brandenburger Suchtmittelbericht 2016, der dann auch Crystal gesondert ausweist und der jetzt im Schuljahr 2016/17 wieder anlaufenden Studie „Brandenburger Jugendliche und Substanzkonsum“ entnehmen können. Es werden von den Expert*innen auch bestimmte Handlungsfelder benannte, auf die wir unser spezielles Augenmerk richten müssen:

-Verstärkung der Ressourcen der Suchtberatung gerade im Südosten

-Entwicklung neuer Beratungssettings für nicht terminfähige Klienten mit geringer

Aufmerksamkeitsspanne

-Verbesserung der Nachsorge

-Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Jugend- und Familienhilfe

-Ausbau des Angebotes für drogengebrauchende Eltern auch als Maßnahme des Kinderschutzes

-Soforthilfe für erkennbare Erstkonsumenten, um Abhängigkeit zu verhindern

Trotz des Ernstes des Themas sollten wir nicht den Blick für die Relationen von Drogenproblemen verlieren: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat erstmals die Lebenszeitprävalenz in der Gruppe der 18-25jährigen ausgewiesen: sie liegt bei 0,6%. Meldungen über „den Siegeszug der Todesdroge“ sind dem Problem nicht angemessen und kontraproduktiv.

Wir fordern die Landesregierung erneut auf, aus den sich verdichtenden Fakten einen „Aktionsplan Crystal Meth“ für Brandenburg zu entwickeln. Darin könnten auch viele gute Vorschläge aus dem EA der CDU Aufnahme finden, dem wir aber in Gänze nicht zustimmen können.