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Ursula Nonnemacher spricht zum Antrag von SPD und DIE LINKE „Weiterentwicklung des Familien- und Kinderpolitischen Programms“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Schon im rot-roten Koalitionsvertrag von 2009 war zu lesen, dass Brandenburg eine der familienfreundlichsten Regionen in Europa werden solle. Dieses ambitionierte Ziel steht jetzt auch wieder im rot-roten Antrag, der, ganz ehrlich, ein einfaches Abarbeiten des aktuellen Koalitionsvertrages darstellt. Lauter gute Absichtserklärungen sollen den bisherigen Weg der Familien- und Kinderpolitik fortführen, die landesweit (Zitat) „Wirkung“ gezeigt hat. Über die Qualität der Wirkung steht im Antrag nichts. Angesichts der bisher dürftigen qualitativen Berichterstattung wünschen wir uns von der Landesregierung, ihre familienpolitischen Maßnahmen erstmal ordentlich zu evaluieren. Brandenburg auf dem Weg zu einer der familienfreundlichsten Regionen Europas: Das bleibt ohne Zahlen eine bloße Behauptung!

Gerade vor einigen Wochen habe ich den zunehmenden Trend kritisiert, spezielle touristische Angebote anzubieten, von denen Kinder ausgeschlossen werden. Zum Beispiel der Campingplatz in Oberhavel, der keine Kinder unter 14 Jahren aufnimmt, oder der Ausschluss von Gästen unter 16 Jahren in einem Hotel in Bad Saarow. Die BetreiberInnen verweisen auf das Ruhebedürfnis älterer Menschen, und argumentieren, es gebe ja genug andere Angebote für Kinder. Diese Haltung finde ich bigott. Kinderlärm gehört zum Leben wie Vogelgezwitscher und Sommerregen. Seit Jahrzehnten werden in Deutschland niedrige Geburtenraten beklagt, ebenso lange fragen wir uns, wie unsere Gesellschaft kinderfreundlicher werden kann. Unserer Gesellschaft tut, auch hier im Land, mehr Gemeinschaftsgefühl und Toleranz gut, ein Klima, in dem Andersartigkeit – sei es durch Alter, Hautfarbe, sexuelle Orientierung oder Religion – als normal und nicht als Bedrohung angesehen wird. Das muss in einem Antrag zur Familien- und Kinderpolitik ganz oben stehen. Stattdessen binden die Koalitionsfraktionen inhaltlich einen bunten Strauß aus diversen politischen Bereichen. Sie stellen den „generationsübergreifende Ansatz“ ganz nach oben, etwas später den „Ansatz der Großelternkompetenz“. Im letzten Jahr wurde unsere gemeinsam mit der CDU-Fraktion geforderte Landeskinderbeauftragte abgelehnt. Bedeutet generationsübergreifend bei rot-rot also: Großeltern ja, Kinder nein? Hoffentlich nicht! Wir brauchen eine Kinderbeauftragte als Anwältin für die Interessen und die Zukunftsfragen von Kindern und Jugendlichen. Vielleicht passt das ja noch in das Programm. Eine andere Idee für die Weiterentwicklung des Programms haben wir auch bei den lokalen Netzwerken und Bündnissen. Das Netzwerk Gesunde Kinder ist ein gutes Instrument, um junge Familien zu unterstützen. Es wirkt sozial integrierend und gesundheitskompensatorisch. Das freut uns, genauso wie das große Engagement der über 1000 ehrenamtlichen Patinnen und Paten, die das Herzstück des Projektes bilden. Aber insbesondere bei Familien mit höheren Belastungen und eventuellen Überforderungssituationen reichen die durchschnittlich zehn Besuche einer ehrenamtlichen Patin nicht aus. Und deswegen haben wir im letzten Jahr, ebenfalls mit der CDU, gefordert, dass mehr professionelle Kräfte in das Netzwerk eingefügt werden müssen. Auch diese Forderung wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Wir, und die jungen Familien, die Unterstützung brauchen, freuen uns, wenn sie jetzt im Rahmen des Familien- und Kinderpolitischen Programms mehr Familienhebammen einsetzen.

Was wir ebenfalls schon lange wollen, und was bisher auch immer abgelehnt wurde, sind deutlich bessere Freistellungen für Leitungsaufgaben in Kitas, die Qualitätsentwicklung oder die bessere Anrechnung von Zeiten für mittelbare pädagogische Tätigkeiten. Damit können Sie inhaltlich den Punkt „qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung“ im Antrag füllen.

Neun große Themen werden im Antrag angerissen. In der konkreten Ausgestaltung muss sich nun zeigen, wie ernst es den Koalitionären damit ist. Große Themen, die hoffentlich zu keinen kleinen Lösungen führen.

Wir stimmen dem Antrag zu.