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Ursula Nonnemacher spricht zum Gesetzentwurf der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe „Gesetz zur verpflichtenden Ermöglichung der Briefwahl bei Bürgerentscheiden“

- Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede!

Bürgerentscheide sind das Salz in der Suppe der lokalen Demokratie.

Wir Bündnisgrünen haben uns seit 2009 in zahlreichen Anträgen dafür stark gemacht, die Bedingungen für Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene und mehr Mitbestimmungs-möglichkeiten der Bürger*innen zu verbessern.

Natürlich muss bei einem Bürgerentscheid in einer Gemeinde gewährleistet sein, dass die Briefwahl genauso wie bei anderen Wahlen möglich ist. Alles andere würde niemand verstehen. Die Briefwahl wird bei Wahlen immer wichtiger und sorgt dafür, dass die Wahlbeteiligung nicht immer weiter sinkt. Sie ist bei den Bürger*innen akzeptiert und wird immer stärker wahrgenommen. Die entsprechende Formulierung der Kommunalverfassung, dass die Hauptsatzung der Gemeinde insbesondere die Möglichkeit der Briefabstimmung ausschließen kann, ist nicht mehr zeitgemäß und gehört gestrichen.

Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass viele Gemeinden überhaupt diese Möglichkeit nutzen und die Briefwahl bei Bürgerentscheiden in ihren Hauptsatzungen ausgeschlossen haben. Leider liefern auch die BVB/ Freie Wähler in ihrer Antragsbegründung keine Hinweise darauf, ob und in wie vielen Kommunen, dies wirklich ein Problem ist.

Problematisch finden wir aber auch viele andere Aspekte der Kommunalverfassung. Wir sind der Meinung, dass der Ausschlusskatalog in § 15 Absatz 3 zu Bürgerentscheiden dringend entrümpelt gehört, um den Bürgerinnen und Bürgern auch zu ermöglichen, über Teile des Haushaltes und der Bauleitplanung mitzubestimmen. Die hohe Hürde eines Kostendeckungsvorschlages sollte auf eine amtliche Kostenschätzung der Verwaltung reduziert werden.

Auch das Zustimmungsquorum wollen wir senken, sowie Bürgerentscheide auch für Ortsteile einer Gemeinde in Angelegenheiten, die allein den Ortsteil betreffen, ermöglichen. Zudem brauchen wir endlich eine Verankerung der Kinder- und Jugendbeteiligung in der Kommunalverfassung.

Seit der Landtagswahl hat die rot-rote Koalition auf diesem Themenfeld nichts geliefert, obwohl die Koalitionsfraktionen in ihrem Koalitionsvertrag Verbesserungen für mehr Bürgerbeteiligung angekündigt haben.

Die Regionalkonferenzen zur Verwaltungsstrukturreform wären eine Gelegenheit gewesen, das Thema aufzugreifen und in die Offensive zu gehen. Wie wir wissen, hat der Innenminister diese Möglichkeit nicht genutzt, sondern sich auf die Auseinandersetzung mit den Landkreisen und kreisfreien Städten konzentriert.

Wir Bündnisgrüne sind der Meinung, dass eine Verwaltungsstrukturreform mit einer Stärkung von Beteiligungsrechten und Mitbestimmungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene einhergehen sollte und ihr zu mehr Akzeptanz verhelfen kann.

Herr Minister Schroeter, überwinden sie ihre Phobie vor mehr direkter Demokratie in den Kommunen und überarbeiten Sie dahingehend Ihren Entwurf für das Leitbild zur Verwaltungsstrukturreform!

Dem vorliegenden Gesetzentwurf der BVB/Freie Wähler werden wir heute zustimmen – auch wenn er vielleicht nur ein Randthema für mehr direkte Demokratie in den Kommunen berührt.

Die anstehende Diskussion zum Leitbild für eine Verwaltungsstrukturreform werden wir nutzen, unsere Vorschläge für mehr Mitbestimmung einzubringen – in der Hoffnung, dass sich rot-rot in dieser Frage vielleicht doch noch ein wenig bewegt.