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Michael Jungclaus spricht zum Bericht der Landesregierung „Eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung für Brandenburg gewährleisten“ und Antrag der CDU-Fraktion „Lausitzplan: für eine starke Region - heute und in Zukunft“

>> Videomitschnitt der Rede

>> Antrag „Lausitzfonds jetzt: Für eine starke Region“ (pdf-Datei)

- Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste,

der aufgerufene Tagesordnungspunkt fasst verschiedene Drucksachen zusammen. Zum einem geht es um je einen Antrag von Bündnis 90/ Die Grünen und der CDU zur „Zukunft der Lausitz“. In Verbindung damit befassen wir uns mit dem Bericht der Landesregierung zur verlässlichen und bezahlbaren Energieversorgung.

Und da beide Themen gerade in Brandenburg ja eng mit einander verbunden sind ist dagegen auch nichts einzuwenden.

„Der grundsätzliche Kurs der Landesregierung bei der Gestaltung des Strukturwandels in der Lausitz ist richtig“, so Wirtschaftsminister Gerber bei der Vorstellung des neuen Lausitzgutachtens der BTU Cottbus.

Ich frage mich da allerdings: Welchen Kurs meint er?

Herr Minister Gerber, Sie gestalten doch gar nichts. Was konkret hat denn die Landesregierung über die allgemeine Wirtschaftsförderung hinaus für die Lausitz getan, um sie vom Braunkohletagebau unabhängiger zu machen?

In Wirklichkeit versuchen Sie doch nur den Status quo so lange wie irgend möglich aufrecht zu erhalten.

Und auch mit der Gründung der Innovationsregion GmbH haben Sie nicht unbedingt ein glückliches Händchen. Die Akteure, die vom bestehenden System der Braunkohleverstromung profitieren, sollen dessen Ablösung betreiben? Das erinnert stark an den Sumpf, mit dessen Trockenlegung die Fröschen beauftragt werden.

Bundesweit eröffnet indes die Energiewende viele langfristige ökonomische Chancen. Es gibt Betriebe, Branchen und Regionen, die schon jetzt von der Transformation hin zu einer CO2-Ausstoßarmen Gesellschaft profitieren und auch in Zukunft weiter davon profitieren werden. Die Lausitz gehört bislang jedoch erkennbar noch nicht dazu.

Ihr eigenes Gutachten, Minister Gerber, kommt zu dem Ergebnis, dass es in der Lausitz zu wenige Geschäftsideen gibt und dass von den existierenden zu wenige zu einem wirtschaftlich selbstständig tragenden Geschäftsfeld entwickelt werden.

Die Gutachter empfehlen – „endlich“ möchte man hinzufügen - eine proaktive Strukturpolitik zu betreiben, die vor allem auf die Stimulierung des regionalen Innovationsystems abstellen muss.

Mit proaktiv ist hier gemeint, dass die Akteure gut beraten sind, selber zeitnah Veränderungen einzuleiten. Das muss doch eine schallende Ohrfeige für das Wirtschaftsministerium sein, welches uns seit Jahren versucht weiß zu machen, wie erfolgreich sie in diesem Bereich unterwegs sind.

2004 wurden unter dem Motto „Stärken stärken“ 15 Regionale Wachstumskerne ausgewählt, drei davon in der Lausitz. Die Förderung von Wissenschaft und Technologietransfer war eins der Ziele dieser neuen Wirtschaftsförderstrategie.

2011 wurde dann die Innovationsstrategie InnoBB gestartet. Damit sollten die Innovationspotenziale und Synergien innerhalb der Gesamtregion in den nächsten Jahren effizient ausgeschöpft werden. Um die Lausitz hat man da wohl bisher einen Bogen gemacht.

Im Aktionsplan „ProIndustrie“ wurde dann 2012 das Handlungsfeld „Vernetzung, Cluster & Innovation“ definiert.

Wenn das Lausitz-Gutachten also jetzt zur Eile mahnt, heißt das doch: alle diese wohlklingenden Pläne sind in der Lausitz weitgehend erfolglos geblieben.

Und es ist auch klar warum: Alle klammern sich an die schwindende Hoffnung Braunkohle. Allen voran unsere Landesregierung: Sie fordert verlässliche energiepolitische Rahmenbedingungen des Bundes, also keine Änderungen für die Lausitz. Wer aber darauf nicht hoffen will, sollte sich schleunigst tatsächlich mit dem Strukturwandel befassen.

Eine lebendige Wissenschaftslandschaft und ihre enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sind für die Innovationskraft einer Region von zentraler Bedeutung.

Die Einbeziehung der BTU Cottbus-Senftenberg in den Gesellschafterkreis der Innovationsregion Lausitz begrüßen wir, das ist sicherlich ein wichtiger Schritt.

Insbesondere aufgrund des zunehmend akuten Fachkräftemangels in der Lausitz und der Abwanderung junger, qualifizierter Menschen ist die Weiterentwicklung des „Lebensraums Lausitz“, der begehrten Arbeitskräften ein attraktives soziales und kulturelles Umfeld bietet, eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung auch des „Wirtschaftsraums Lausitz“.

Der eine kann sich nicht ohne den anderen entwickeln. Die Initiativen und Dialoge zur Entwicklung des Wirtschaftsstandortes und der Energieregion Lausitz müssen daher mit einem Dialogprozess zum „Lebensraum Lausitz“ verknüpft werden um auf dieser Basis ein umfassendes Entwicklungsleitbild für die Region entwickeln zu können.

Qualifizierte Fachkräfte werden nur in der Region bleiben, wenn eine Vielzahl weicher Standortfaktoren erfüllt sind: Kulturelle und Freizeitangebote, Bildungseinrichtungen mit hoher Qualität, gute Verkehrsanbindungen. Bei letzterem ist das in Fragestellen von diversen so genannten nachfrageschwachen Bahnhöfen in der Lausitz sicherlich der falsche Weg. Das nur so am Rande.

Für all das braucht man viel Geld und daher soll sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung für die Schaffung eines Strukturwandelfonds einsetzen. Die jetzt bekannt gegebenen Einrichtung einer Stabsstelle im Bundewirtschaftsministerium ist da sicherlich ein erster wichtiger Schritt.

Außerdem müssen bereits vorhandene Strukturförderprogramme des Landes verstärkt auf die Unterstützung des Strukturwandels der Lausitz ausgerichtet werden. Auch wir fordern die Erarbeitung einer regionalen Entwicklungs- und Innovationsstrategie für die Lausitz aktiv zu unterstützen und diesen Strategieprozess als Bottom-Up-Prozess zu organisieren.

Das zu erarbeitende Entwicklungskonzept darf sich nicht nur auf die Perspektiven des „Wirtschaftsraums“ konzentrieren sondern muss auch den „Lebensraum“ Lausitz umfassen.

Vertreter der Städte und Landkreise sowie der Zivilgesellschaft müssen systematisch und kontinuierlich in den Strukturwandelprozess einbezogen werden.

Dementsprechend wollen wir dem wirtschafts- und wissenschaftsorientierten Gesellschafterkreis der IRL GmbH ein geeignetes Format zur Einbeziehung der regionalen und zivilgesellschaftlichen Kräfte zur Seite stellen.

Aber nicht nur mit Blick auf die Förderung des Strukturwandels in der Lausitz verschläft die Landesregierung ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Sie unterlässt es auch, die in der Energiestrategie vorgesehene Neuausrichtung der Energieversorgung zu flankieren.

Stattdessen wird einseitig die Braunkohle verteidigt, die in einer klimafreundlichen Energieversorgung keinen Platz mehr hat, endgültig nachdem sich die wahnwitzige CCS-Technologie als teurer Flop ohne Akzeptanz erwiesen hat.

Die vielbeschworene Brücke der Braunkohle hat ein klares Ende:

Neue Tagebaue und neue Kraftwerke sind wirtschaftlich nicht darstellbar und auch klimapolitisch nicht durchsetzbar. Auch deshalb ist es erforderlich, den Bürgern in der Lausitz einen gut planbaren Ausstieg zu gestalten.

Denn Planbarkeit ist der Schlüssel zu erfolgreichem Wandel.

Die vorliegenden Anträge von uns Bündnisgrünen und der CDU sprechen da eine klare Sprache:

Dahingegen ist es ein lächerliches Possenspiel, das die Landesregierung immer wieder inszeniert um der Braunkohle ein langes Leben vorauszusagen.

Ständig wiederholt Minister Gerber die längst widerlegte Behauptung eine sichere und preiswerte Energieversorgung sei auf die Braunkohle angewiesen. Seine Ankündigung deshalb würden die Tagebaue und Kraftwerke noch über das Jahr 2030 hinaus weiterbetrieben, verunsichert die Bürger in der Lausitz mehr, als sie diese beruhigen. Alle wollen eine klare Ansage und diese sollte möglichst heißen:

Keine neuen Umsiedlungen, keine fossilen Kraftwerksneubauten. Und spätestens bis 2030 den Strukturwandel in der Lausitz sozial verträglich umsetzen.

Die Energiewende ist eine Chance, keine Bedrohung.

Sie ist natürlich auch eine Herausforderung. Aber die ungehemmte weitere Zerstörung der Lausitz und ihrer Wasserversorgung durch neue Tagebaue ist ein riskantes Spiel mit der Leistungsfähigkeit der Natur und der Lebensgrundlage zehntausender, die auf eine saubere Spree als Lebensader angewiesen sind.

Richtig ist, dass die Energieversorgung Deutschlands nicht von heute auf morgen gänzlich auf fossile Brennstoffe verzichten kann. Doch als fossile Kraftwerke stehen eine sehr große Menge ähnlich preiswerter, aber flexiblerer und effizienterer Steinkohle- und Gaskraftwerke zur Verfügung.

Die Braunkohlekraftwerke in der Lausitz sind trotz ihrer Ingenieurtechnischen Leistung wegen des minderwertigen Brennstoffs Braunkohle im Vergleich mit anderen fossilen Kraftwerken in Deutschland wenig effizient.

Wenn Brandenburg Energieland bleiben will, müssen wir diese Kraftwerke möglichst bald ersetzen können. Statt wider besseres Wissen am Weiterbetrieb der Braunkohlekraftwerke bis nach 2030 festzuhalten, sollte die Landesregierung noch stärker in die erneuerbaren Alternativen und vor allem Speichertechniken investieren.

Statt die Akzeptanz für die Energiewende in Brandenburg zu untergraben und sollten Sie sich endlich ehrlich und offen eingestehen, dass die Erderwärmung zu einem schnellen Umstieg auf Erneuerbare Energien keine Alternative lässt.

Dank der mutigen Investitionen in Erneuerbare Energien in der Vergangenheit ist der Preis für eine klimafreundliche Energieversorgung inzwischen günstiger als die Kosten bei einem Festhalten an der fossilen Energieversorgung.

Indem Sie den Erneuerbaren die Fähigkeit absprechen größere Anteile an der Stromversorgung zu übernehmen, stärken Sie einseitig Großkonzerne mit einem veralteten Geschäftsmodell und Klimaskeptiker, die den Einfluss des Menschen auf die Klimaerwärmung trotz überwältigender wissenschaftlicher Beweislage in Zweifel ziehen.

Deshalb ist jede neue Wind- oder Solaranlage eine Chance – vorausgesetzt natürlich sie entspricht den Vorgaben des Naturschutzes.

Die Lücken und Überschüsse in der Stromerzeugung aus volatilen erneuerbaren Energien können heute durch Leitungen und hocheffiziente Blockheizkraftwerke und morgen durch Sektorkopplung, hochflexible Verbraucher und Speicher schrittweise überbrückt werden.

Anders als Sie es predigen, kann unsere Wirtschaft durchaus bis 2050 vollständig frei von CO2-Ausstoß sein – und zwar bei gleichzeitigem Erhalt von Wohlstand und Arbeitsplätzen.

Man muss es nur wollen. Vielen Dank.

>> Antrag „Lausitzfonds jetzt: Für eine starke Region“ (pdf-Datei)

Der Antrag wurde abgelehnt.