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Benjamin Raschke spricht zum Antrag der CDU-Fraktion „Bäuerliche Nutztierhaltung in Brandenburg durch geeignete Rahmenbedingungen stärken“

Herr Präsident! Sehr geehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich muss gestehen: Auch ich war durchaus neugierig, als ich hörte, dass die SPD nun endlich etwas zum Thema Nutztierstrategie vorlegt. Schließlich war dies das zentrale Ver-sprechen in der Debatte um das Thema Massentierhaltung. Es hieß immer: Wir brauchen mehr Nutztiere; es kann nicht nur um reinen Tierschutz gehen, sondern wir müssen das in einer Nutztierstrategie bündeln. - Da hat der Minister die Messlatte ziemlich hoch angesetzt, und ich war gespannt, was da kommt. Es musste ja etwas Besonderes sein, denn so etwas Schnödes wie der ausgereifte, ausgefeilte Antrag der CDU, der im Ausschuss abgelehnt wurde, konnte es nicht sein. Da hat sich meine Fantasie entzündet, und ich habe überlegt: Was kommt da jetzt? - Mir war klar: Udo Folgart ist dabei, also wird es um Milchkühe gehen. Ich hatte die Hoffnung - das hat sich glücklicherweise bestätigt -‚ dass es nicht um ein Weiter-so geht, um immer mehr Turbo-Kühe, die immer mehr Milch produzieren, sondern dass es in die Richtung geht, die unser Ministerpräsident auf der BraLa eingeschlagen hatte, den Bauern zu sagen: Wir müssen die Milchmenge herabsetzen. Hinterher wurde sogar über eine Abwrackprämie für Kühe diskutiert.

Es war auch klar, dass es um Schweine und Geflügel gehen wird, weil wir darüber auch während des Volksbegehrens sehr intensiv diskutiert haben. Ich hatte die leise Hoffnung, dass die SPD mit einer Nutztierstrategie kommt und auch Tierarten einbezieht, über die wir bisher nicht geredet haben, zum Beispiel Enten. Wir haben in Brandenburg 800 000 Enten, und die Halter stehen immer wieder in der Kritik, weil es zu wenig Zugang zu Badewasser gibt und die armen Enten gar kein artgerechtes Leben führen können. Oder: Statt immer mehr Kühe und immer mehr Schweinefleisch das Thema Schafe. Wir waren gerade mit der Enquetekommission in Spanien und haben uns angeschaut: Wie sieht es mit der Schafhaltung aus? - Da haben wir alle festgestellt: Das hat viel Potenzial. Die sind auch viel leichter artgerecht zu halten. Aber auch davon nichts.

Herr Folgart, wie wäre es stattdessen mit ein paar Exoten? Wir haben in Brandenburg nicht nur Kühe und Schafe, wir haben inzwischen auch Alpacas, Wasserbüffel, Strauße und Kängurus. Die sind aber für die SPD offenbar politisch nur dann interessant, wenn sie gestohlen werden und in der Diebstahlstatistik auftauchen.

Ich habe auch gedacht: Nutztierstrategie - das geht noch exotischer! Die SPD springt jetzt auf den Megatrend „Ernährung durch Insekten" und bringt uns da etwas auf den Tisch, aber auch davon nichts zu hören.

Meine letzte Hoffnung war DIE LINKE: Wir haben in der Debatte um das Thema Massentierhaltung gelernt, dass DIE LINKE für das Thema Tierrechte besonders offen ist. Wir denken in einer Nutztierstrategie vielleicht auch über die Grenzen der Definition von Nutztieren und Heimtieren nach, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Realität ist natürlich viel nüchterner. Der Antrag hat nur ein paar schnöde Zeilen. Aus einer Strategie wird plötzlich nur ein Maßnahmenpaket, und wohin die Reise gehen soll, ist auch nicht so richtig klar. Gerade wenn man den Vergleich mit dem CDU-Antrag zieht, fällt der SPD-Antrag deutlich ab. Stattdessen, Herr Folgart - auch das gehört zur Ehrlichkeit; Frau Schwarzenberg hat es gerade gesagt - reden wir plötzlich wieder über Haßleben. Das Landesamt für Umwelt hat den Widerspruch abgelehnt, und plötzlich ist das Symbol für Massentierhaltung wieder im Gespräch. Da sehen wir, wo die Reise bei einer Nutztierstrategie durch die SPD hingehen kann.

Der letzte Punkt, der auch in diesen dünnen Zeilen steckt, ist, dass wir jetzt auf eine nationale Nutztierstrategie warten sollen. Wir gehen als Grüne mit, zu sagen: Tierschutzplan und Nutztierstrategie sind zwei Seiten einer Medaille. Aber jetzt auch noch zu warten, bis der Bund aus dem Knick kommt, wo wir gerade auch auf Bundesebene erst anfangen, hieße ja, das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben.

Vizepräsident Dombrowski: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Raschke (B90/GRÜNE):Von Herrn Folgart sehr gerne!

Folgart (SPD):Meine erste Frage geht in die folgende Richtung: Werten Sie es nicht auch als ein Schritt in die richtige Richtung, dass wir ein klares Bekenntnis zur Nutztierhaltung in Brandenburg abgeben?Die zweite Frage: Sind Ihnen die in meinem Redebeitrag angesprochenen Punkte bekannt, bei denen es darum geht, Menschen fit zu machen, um Stallanlagen zu verhindern?

Raschke (B90/GRÜNE): Vielen Dank. Zu Letzterem: Selbstverständlich. Das ist öffentlich im Internet dokumentiert. Zu Ihrer ersten Frage: Herr Folgart, Sie und Herr Vogelsänger haben die Latte so hoch angesetzt und tanzen jetzt unelegant Limbo darunter. Das macht nicht so richtig Spaß. Deswegen mein Fazit: Diese Debatte hätte das Potenzial, wirklich eine gute Debatte über die Zukunft der Ernährung in Brandenburg zu sein. Wir könnten die Nutztierkonzeption, den Tierschutzplan und die Gartenbaukonzeption zusammendenken und eine kreative, starke und fantasievolle Debatte führen. Stattdessen ist das wirklich sehr schwach, und für diesen müden Antrag gibt es von uns auch bloß eine müde Enthaltung. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)