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Axel Vogel spricht zum „Dritten Tätigkeitsbericht der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur“

Anrede,

Ja! Wir sind stolz auf die Leistungen unserer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur, die umfassend, aber natürlich nicht vollständig im vorliegenden Tätigkeitsbericht dokumentiert sind. Wir freuen uns über die hohe Anerkennung, die Ihre Arbeit inzwischen europaweit findet.

Aus der Vielzahl von Leistungen, die Ulrike Poppe und ihr Team in den letzten 2 Jahren erbracht haben, möchte ich einen Aspekt besonders herausgreifen.

Frau Poppe zitiert in ihrem Bericht den Bundespräsidenten Joachim Gauck, der 2012 die Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte als "Elitendiskurs" kritisiert hatte. Mehr oder weniger erfolgreich intellektuelle Thesen und Themen abzuarbeiten reicht nicht aus. Eine echte Auseinandersetzung der ostdeutschen Gesellschaft mit sich selbst gebe es aber nicht.

Ulrike Poppe hat daraus die Konsequenz für den grundlegenden Arbeitsansatz ihrer Behörde "nicht nur intellektuelle Diskurse zu bedienen, sondern auch Menschen ins Gespräch zu bringen".

Entsprechend greift ihre Arbeit auch eine mehrere Themenstellungen auf, die eine Vielzahl von Menschen bis heute betreffen und berühren.

Exemplarisch hierfür ist das Thema "Heimerziehung in der DDR". In der DDR existierte ein "Kombinat der Sonderheime", in die nach 1964 nach damaliger Bezeichnung "verhaltensauffällige und verhaltensgestörte Kinder und Jugendliche" eingewiesen wurden.


Es bestand aus einem Aufnahmeheim in Berlin und 4 Heimen in Brandenburg. Eine weithin verdrängte Geschichte an die niemand gerne erinnert werden will. Kein Wunder also aber dennoch ist bemerkenswert, dass in der heutigen Jugendbildungsstätte der Sozialistischen Jugend Deutschlands - Die Falken in Werftpfuhl zwar eine Ausstellung über dessen Historie von der Kaiserzeit bis 1945 berichtet, es aber keinen Hinweis auf die Vergangenheit zwischen 1945 und 1989 gibt.

Das dunkle Kapitel der Heimgeschichte, des Kinderheimes und späteren Jugendwerkhofes (ab 12.1951) und Sonderheims ab 1964, bleibt in Werftpfuhl bis heute ausgeblendet. Ein sichtbares Denkmal fehlt bis heute. In Bad Freienwalde soll am früheren Heim im September zumindest immerhin eine Erinnerungsplakette angebracht werden.

Am 2.Juli 2012 nahm die Anlauf- und Beratungsstelle des Landes Brandenburg für ehemalige Heimkinder in der DDR bei der Aufarbeitungsbeauftragten ihre Arbeit auf. Die hierfür zur Verfügung gestellten 40 Millionen Euro waren schnell aufgebraucht. Kein Wunder, gab es doch mehr als 6.000 Anfragen ehemaliger Heimkinder, von denen 4.284 Betroffene die Kriterien für eine Betreuung erfüllten. Dem Personalbestand nach zu urteilen, ist dies inzwischen die wichtigste Aufgabe der LAB.

Und machen wir uns nichts vor: es handelt sich um fachlich äußerst anspruchsvolle und menschlich mitnehmende Arbeit. Denn "viele ehemalige DDR-Heimkinder leiden noch heute an psychischen Folgen der staatlichen Erziehung", wie es im Bericht heißt.

Und wer einmal an einer Veranstaltung mit ehemaligen Heimkindern teilgenommen hat, die die Heime als Kinder-Gefängnisse erlebt haben, weiß dass Aufarbeitung sich nicht im intellektuellen Diskurs im Elfenbeinturm der Wissenschaft erschöpft, sondern im hier und jetzt von Menschen geleistet und erleidet wird, die alles andere als ein Professorinnengehalt beziehen.

Alleine die hohen Betroffenenzahlen und das große Interesse machen deutlich, dass das Thema Aufarbeitung uns noch lange beschäftigen wird.