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Axel Vogel spricht zur Beschlussempfehlung des Hauptausschusses „Organstreitverfahren des Abgeordneten Dierk Homeyer zum Thema Akteneinsicht - VfGBbg 21/16“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wir reden hier nicht über den Mindestlohn, weil es darum überhaupt nicht geht.

(Beifall DIE LINKE)

Ich und Herr Homeyer haben durchaus unterschiedliche Auffassungen, was den Mindestlohn betrifft. Trotzdem habe ich beantragt, dass wir heute diese Debatte führen, weil der Abgeordnete Homeyer ein Akteneinsichtsrecht für sich beansprucht hat und die Landesregierung nicht bereit war, ihm dies zu gewähren. Das ist heute das Thema.

(Bischoff [SPD]: Der Antrag wurde abgewiesen!)

- Moment. - Weil Herr Homeyer das nicht akzeptiert hat, hat er Verfassungsklage eingereicht.

Dann hatte der Hauptausschuss die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. Der Hauptausschuss hat sich inhaltlich nicht damit auseinandergesetzt,

(Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])

sondern hat in einem Umlaufverfahren, lieber Herr Bischoff - als Vorsitzender des Hauptausschusses wissen Sie das -, wegen angeblich drängender Fristen die Entscheidung getroffen, keine Stellungnahme abzugeben. Was Herr Lüttmann hier heute als Begründung angeführt hat, halte ich, mit Verlaub, für peinliche Ausflüchte.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Erstens haben Sie, Herr Lüttmann, auf die bisherige Zurückhaltung des Landtages bzw. des Hauptausschusses bezüglich verfassungsgerichtlicher Verfahren überhaupt verwiesen. Das mag zwar so sein, ist aber kein Grund, denn hier geht es um Rechte, die die Abgeordneten unmittelbar betreffen.

Zweitens haben Sie gesagt, es sei ein Recht des einzelnen Abgeordneten und betreffe nicht die Rechte des Landtages insgesamt, und damit gäbe es keinen Anlass, sich hier besonders zu engagieren. Aber woraus besteht denn dieser Landtag? Ich glaube, aus 88 Abgeordneten.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

Es geht hier um die Rechte jedes einzelnen Abgeordneten, und zwar völlig unabhängig davon, ob aus der Opposition oder der Koalition. Es spielt auch gar keine Rolle, dass sie gegenwärtig in der Regierung sind

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)

und vielleicht in vier Jahren in der Opposition - was weiß denn ich? -, sondern es geht darum: Wenn die Landesregierung Akteneinsicht verweigert, berührt das die Rechte aller Abgeordneten.

(Beifall B90/GRÜNE)

Soll es denn wirklich so sein, dass immer einzelne Abgeordnete die Rechte für uns alle erkämpfen müssen? Es gibt - als kleiner Hinweis - eine Broschüre, die der Landtag herausgegeben hat: Festschrift 20 Jahre Landesverfassung. -

Darin hat sich die ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichts, Monika Weisberg-Schwarz, aus den besonderen Entscheidungen des Verfassungsgerichts Brandenburg in den ersten 15 Jahren drei Themen herausgegriffen, die sie als besonders wichtig ansieht. Das erste ist übrigens die Kreisgebietsreform, das zweite die Vereinigung Berlin-Brandenburg. Das dritte ist, dass das Landesverfassungsgericht mehrfach Entscheidungen zu dem Recht der Abgeordneten auf Akteneinsicht nach Artikel 56 Abs. 3 Landesverfassung Brandenburg getroffen hat.

Man muss sich immer in Erinnerung rufen, dass das ein Recht ist, das bundesweit einmalig war. Bisher hat sich lediglich Berlin bereiterklärt, eine ähnliche Regelung in die Verfassung aufzunehmen. Ansonsten sind die Rechte deutscher Abgeordneter nicht so stark ausgeprägt. Aber als Lehre aus der DDR hat sich das Land Brandenburg eine Verfassung gegeben, die gesagt hat: Wir wollen unseren Abgeordneten verbesserte Kontrollmöglichkeiten geben. - Deswegen muss man sich an der brandenburgischen Verfassung ausrichten bzw. messen lassen und nicht an irgendetwas, was in anderen Bundesländern eine Rolle spielt.

Die Richterin hat ausgeführt, dass es das Begehren eines Abgeordneten der PKK, der Parlamentarischen Kontrollkommission, Einsicht in Akten des Verfassungsschutzes zu nehmen, gab, dass das zwar in einer Kampfabstimmung - fünf zu vier Stimmen - entschieden wurde, aber das Verfassungsgericht eindeutig gesagt hat, dass hier den einzelnen Abgeordneten gegenüber der Landesregierung eine herausgehobene Kontrollbefugnis zur Seite steht und dieser größtmögliche Effizienz zu verleihen ist. Was in anderen Bundesländern von den dortigen Verfassungsgerichten vielleicht nicht genehmigt bzw. abgelehnt worden wäre, ist vom brandenburgischen Verfassungsgericht ausdrücklich bejaht worden.

Ich denke, Herr Homeyer ist gut beraten, vor das Verfassungsgericht zu gehen und stellvertretend für uns alle - weil hier die Verweigerungshaltung zu groß ist - eine Ausweitung unserer Akteneinsichtsrechte zu erkämpfen. Dafür danke ich Ihnen, Herr Homeyer, ausdrücklich. Ich hätte es besser gefunden, der Landtag in seiner Gesamtheit hätte sich Ihnen zur Seite gestellt. Das geschieht nun leider nicht. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE, CDU und BVB/FREIE WÄHLER Gruppe)