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Neue EU-Grenzwerte: Kohlekraftwerk Jänschwalde bald unrentabel

Heide Schinowsky:

Einer Studie des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA, pdf-Datei) zufolge wird der Betrieb des Kohlekraftwerkes Jänschwalde bald unrentabel. Angesichts des Alters und des Stickoxid-Ausstoßes der sechs Blöcke hat die Anlage „wohl keine wirtschaftliche Zukunft“, wenn die neuen EU-Grenzwerte für Kraftwerks-Abgase 2021 in Kraft treten, stellen die Autoren der Studie fest. Die neuen Grenzwerte betreffen insbesondere Stickoxide; Grund für die Herabsetzung der Grenzwerte ist der Schutz der Gesundheit. Ausnahmen sollen gemäß der Neuregelung nur dann möglich sein, wenn die Anlagenbetreiber binnen 24 Monaten einer unwiderruflichen Stilllegung der Anlage bis 2030 zustimmen. Laut Informationen der Potsdamer Neuesten Nachrichten soll das Kraftwerk Jänschwalde nach bisherigen Planungen der LEAG bis 2033 abgeschaltet werden. (vgl. PNN, 8. Mai 2017: „Grenzwerte: Braunkohle unter Druck - Studie: Kraftwerk Jänschwalde unrentabel“)

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie eine Abschaltung des Kohlekraftwerkes Jänschwalde bis zum Jahr 2030 im Hinblick auf die Versorgungssicherheit mit Strom im Land Brandenburg?

Antwort der Landesregierung

Minister für Wirtschaft und Energie Gerber:

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Schinowsky, sehr geehrter Herr Domres,

beim Thema der Versorgungssicherheit - das war Ihre Frage, Frau Schinowsky - muss folgende Frage beantwortet werden: Wie systemrelevant ist das Kraftwerk Jänschwalde für die Versorgungssicherheit in der 50-Hertz-Regelzone und für das deutsche Stromsystem? Lassen Sie mich dies kurz an einigen Zahlen verdeutlichen:

Jede neunte Terawattstunde in Deutschland wird in Brandenburg produziert. Brandenburg exportiert jedes Jahr rund 60 % des hier erzeugten Stroms. Die 50-Hertz-Regelzone hat einen Nettostromexport von ca. 40 Terawattstunden. Es ist also festzustellen, dass Brandenburg einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leistet.

Zudem muss bedacht werden, dass kein Bundesland stromautark ist. Es gibt im deutschen Stromsystem Stromexportregionen, zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein, und Stromimportregionen, zum Beispiel Berlin, Hessen und Baden-Württemberg. Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien wird der Stromaustausch zwischen diesen Regionen weiter zunehmen.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage einer sicheren Systemführung. Auf welche Kraftwerke in diesem Zusammenhang und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich verzichtet werden kann oder nicht, entscheidet abschließend die Bundesnetzagentur in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern.

Herr Domres, bei der von Ihnen angesprochenen Verschärfung der EU-Grenzwerte Ende April ging es um die Festlegung der sogenannten besten verfügbaren Techniken für Großfeuerungsanlagen. Auf Grundlage dieser besten verfügbaren Techniken waren Emissionsgrenzen abzuleiten. Die Industrieemissionsrichtlinie, die die rechtliche Basis dafür ist, definiert die verfügbaren Techniken unter anderem als die Techniken, die in einem Maßstab entwickelt worden sind, der ihre Anwendung unter wirtschaftlich und technisch vertretbaren Verhältnissen ermöglicht.

Wenn die erwähnte Studie zu dem Schluss kommt, dass ein Braunkohlekraftwerk wie zum Beispiel das in Jänschwalde dadurch unrentabel wird, deckt sich dies mit unserer Auffassung, dass bei dieser möglicherweise vorläufigen Entscheidung der Kommission - das ist alles noch ein bisschen unklar - die besten verfügbaren Techniken eben nicht gemäß dieser Definition entwickelt worden und die Emissionsgrenzen daher fehlerhaft sind. Deswegen hat sich die Bundesregierung in ihrer Sitzung richtigerweise gegen den Beschluss ausgesprochen. - Vielen Dank.