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Wasserverbrauch und -gefährdung durch die „Wiesenhof“-Schlachtanlage in Königs Wusterhausen

Kleine Anfrage „Wasserverbrauch und -gefährdung durch die „Wiesenhof“-Schlachtanlage in Königs Wusterhausen“ herunterladen (PDF, 265 KB)

(Nr. 2429 – Benjamin Raschke) Die Märkische Geflügelhof-Spezialitäten GmbH in Königs Wusterhausen/Niederlehme, die ihre Produkte unter dem Markennamen „Wiesenhof“ vermarktet, möchte die Kapazität ihrer Geflügelschlacht- und Verarbeitungsanlage von 120.000 Tieren am Tag auf durchschnittlich 160.000, zu Spitzenzeiten sogar auf 240.000 Tiere täglich, verdoppeln. Die Kapazitätsausweitung steht derzeit zur Genehmigung an. Der Wasserverbrauch und die Abwassermenge werden entsprechend zunehmen. Bereits 2015 wurde mit Verweis auf die Kapazitätssteigerung ein zweiter Brunnen und eine Grundwasserentnahme von maximal 1,5 Millionen Litern am Tag (im Jahresdurchschnitt 396 Millionen Liter) beantragt. Zugleich heißt es jedoch in den derzeit ausliegenden Antragsunterlagen „Es wird sich eine geringfügige Erhöhung der Abwassermenge durch die Erhöhung der Produktionsmenge sowie die nötige tägliche Reinigung der Anlagen und Produktionsräume ergeben“ (Kurzfassung, unter 3.8).

Der Wasserverbrauch des Schlachthofes ist für die Region von großem öffentlichem Interesse. Auswirkungen etwa auf den quantitativen Grundwassertand und die Wasserqualität in Folge zunehmender Abwassermengen sollten daher intensiv erörtert werden. Anfang 2011 waren Anwohner durch starke Geruchsbelästigung auf mehrere Lecks in der Abwasserleitung der Anlage aufmerksam geworden. Das betroffene Gelände liegt zwischen den Gärten der Erich-Weinert-Straße und dem Gewerbegebiet. 2012 wurden die defekten Rohre ausgewechselt und kontaminiertes Erdreich ausgetauscht. Im abgetragenen Erdreich wurden Maschinenölkohlenwasserstoffe nachgewiesen, sowie polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, Arsen, Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom, Kupfer, Nickel und Zink. Der Aushub konnte in einer Kompostieranlage entsorgt werden, die Grenzwerte der Bundesbodenschutzverordnung waren nicht überschritten. Das ausgetretene Schlachthofabwasser wies nach Auskunft des Landkreises Dahme-Spreewald (Anfrage 2016/012, pdf-Datei, 1.12.2016) und des Umweltministers (Mündliche Anfrage Nr. 708, 14.12.2016) außerdem einen hohen Anteil an organischen Substanzen und verschiedene gelöste Salze auf, die bis ins Grundwasser gelangt sind.

Ein Grundwasser-Monitoring hat für 2016 immer noch eine erhöhte Nährstoffzufuhr ergeben. Fotos aus der Zeit vor der Behebung der Havarie zeigen im Bereich der Rohrbrüche im Wald intensiv rot gefärbte Tümpel auf denen Schaumkronen treiben. Besonders besorgniserregend ist zudem der Umstand, dass die Schlachtanlage an ein großes Wasserschutzgebiet und an geschützte Biotope grenzt. Ungeachtet dessen werden in der Schlachtanlage eine Vielzahl wassergefährdender Stoffe der Wassergefährdungsklassen 1 und 2 verwendet. Regenwasser, das auf den Dächern und befestigten Flächen anfällt, wird einfach versickert. Dabei warten auf dem Gelände zahlreiche mit Geflügel beladene Lastkraftwagen stundenlang auf ihre Entladung und verbreiten Keime und Erreger. Anschließend werden die Fahrzeuge auf dem Gelände mit Wasser und Desinfektionsmitteln gereinigt.

Ich frage die Landesregierung:

I. Untersuchung und Monitoring infolge der Havarie Anfang 2011

1. Lagen die genannten Rohrbrüche innerhalb des Wasserschutzgebiets?
2. Dürfen derartige Abwasserleitungen durch Wasserschutzgebiete führen?
3. Das kontaminierte Gebiet wurde eingezäunt und als „Firmengelände“ beschildert. In wessen Besitz und Eigentum befindet sich das Gebiet?
4. An welchen Stellen wurde das Grundwasser 2012 beprobt? Wo befinden sich die Messstellen für das 2016 vorgenommene Grundwasser-Monitoring?
5. Sind die Daten öffentlich zugänglich? Wenn ja, wo? Wenn nein, warum nicht?
6. Welche Salze (u.a. Nitrat und Nitrit) wurden in welcher Konzentration im Bereich der Havarie im Boden und im Grundwasser nachgewiesen? Bitte einzeln aufführen, sowohl für 2012, als auch für 2016.
7. Stammen die Schadstoffe, die im entsorgten Erdreich nachgewiesen wurden (s.o.), aus dem Schlachthofabwasser? Welche anderen Quellen kommen hierfür infrage?
8. Dürfen diese Substanzen in die Abwasserleitung gelangen? Wenn ja, in welchen Mengen und Konzentrationen? Bitte einzeln anführen.

II. Wasserverbrauch und Abwasservolumen

9. Welche Informationen liegen den Landesbehörden vor über die veränderte Wassernutzung der Märkische Geflügelhof-Spezialitäten GmbH im Zuge der geplanten Schlachthoferweiterung?
10. Welche Volumina an Wasser werden aus den Brunnen gefördert, um den maximalen Bedarf zu decken?
11. Wie stellen die Behörden sicher, dass die genehmigten Fördermengen nicht überschritten werden?
12. Wie stellen die Behörden sicher, welche Abwassermengen anfallen?
13. Ist es plausibel, dass sich die Abwassermenge nur „geringfügig“ erhöht, wenn die Kapazität der Anlage wie oben beschrieben gesteigert wird? Bemerkung: Allein der Lieferverkehr wird massiv zunehmen. Nach der Entladung müssen die Lieferfahrzeuge sowie die leeren Käfige und Kisten gereinigt und desinfiziert werden.
14. Wird eine zu erwartende erhebliche Erhöhung der Abwassermenge bauliche und technische Veränderungen nach sich ziehen, die eigens beantragt und genehmigt werden müssen?
15. Hat die zuständige Wasserbehörde im Verfahren zur Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 08.10.2015 auf Erhöhung der Wasserentnahme durch die Errichtung und den Betrieb eines zweiten Wasserbrunnens mit insgesamt 396.000 m³ Wasserentnahme pro Jahr geprüft, ob es durch die bisherige Wasserentnahme zu einem Absinken des Grundwasserspiegels gekommen ist und inwieweit die Erhöhung der bisherigen Wasserentnahmemenge zu einem weiteren Absenken des Grundwasserspiegels
führen kann? Wenn ja, wie war das bisherige Ausmaß des Absinkens des Grundwasserspiegels und ein Absinken welchen Ausmaßes wird prognostiziert?
16. Haben die untere Wasserbehörde und/oder die UNB in diesem Zusammenhang geprüft, ob es bereits zu Schädigungen durch Absenkung des Grundwassersspiegels an den in der Umgebung vorhandenen Ökosystemen, Brunnen oder anderen grundwasserrelevanten Systemen, insbesondere gesetzlich geschützten Biotopen, gekommen ist? Wenn ja, wie schätzt das LfU diese Auswirkungen ein? Wenn nein, warum nicht und ist künftig eine Überprüfung des Grundwassers (quantitativ und qualitativ) im Einzugsgebiet geplant? Wer trägt die Kosten hierfür?
17. Welche Untersuchungen wurden zur Beantwortung der vorgenannten Fragestellungen durchgeführt bzw. welche Gutachten wurden von wem angefertigt und zu welchen Ergebnissen sind diese Gutachten gelangt?
18. Ist der unteren Wasserbehörde und/oder der UNB bekannt, dass u.a. im Jahr 2014/2015 ein Kleingewässer in dem unmittelbar angrenzenden Waldgebiet trockengefallen ist, das von der Grundschule Niederlehme als Ökoprojekt genutzt wurde?
19. Wenn ja, wurden von der unteren Wasserbehörde bzw. vom Umweltamt Untersuchungen zur Ermittlung der Ursache der Austrocknung des Kleingewässers durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben? Wenn ja, zu welchen Ergebnissen sind die Ermittlungen bzw. Untersuchungen gelangt?
20. Liegt das Betriebsgelände der Märkischen Geflügelhof-Spezialitäten GmbH im Einzugsbereich des Wasserwerkes Königs Wusterhausen? Wenn ja, warum wurde das Betriebsgelände im Rahmen der Festsetzung des Wasserschutzgebietes mit Verordnung vom 13.3.2009 nicht in die Schutzzone III einbezogen?

III. Belastung des Abwassers und des versickernden Regenwassers

21. Sind in Schlachthofabwässern Tierarzneimittelrückstände, insbesondere Antibiotikarückstände zu erwarten? Falls ja, um welche Medikamente handelt es sich? Bitte einzeln aufführen.
22. Sind in Schlachthofabwässern Bakterien wie z.B. Coli-Bakterien, Salmonellen und insbesondere multiresistente Erreger (MRSA) zu erwarten? Falls ja, um welche Bakterien handelt es sich? Bitte einzeln aufführen.
23. Werden diese Arzneimittelrückstände und Erreger, so vorhanden, von der Wasseraufbereitung der Schlachtanlage oder dem zuständigen Abwasser- und Wasserzweckverband MAWV entfernt oder unschädlich gemacht? Falls ja, von wem und durch welche Verfahren?
24. In Schlachthöfen werden sehr große Mengen von Desinfektionsmitteln eingesetzt. Dabei handelt es sich um Biozide. Welche Auswirkungen haben diese, wenn sie in den Boden, in das Grundwasser bzw. in das Abwassernetz gelangen?
25. Müssen die Desinfektionsmittel vom Schlachthofbetreiber oder vom MAWV aus dem Abwasser entfernt oder unschädlich gemacht werden?
26. Wurden Boden und Grundwasser infolge der Havarie 2012 auch auf die in Fragen 20 bis 23 genannten Substanzen untersucht? Falls nein, warum nicht? Falls ja, mit welchem Ergebnis. Bitte einzeln anführen.
27. Wie kann ausgeschlossen werden, dass mit Keimen, Erregern, Medikamentenrückständen und Schadstoffen belastetes Regenwasser an der Grenze zum Wasserschutzgebiet in den Boden gelangt? Die Frage gilt sowohl für den Normalbetrieb als auch für den Fall einer Havarie.
28. Wer führt wie oft Kontrollen des in die Kanalisation eingeleiteten Abwassers durch? Werden die Kontrollen angekündigt? Wenn ja, mit welchem Vorlauf?
29. Wie wird verhindert, dass die in der Flotationsanlage verwendeten Polymere ins Abwasser gelangen? Welche Art Flockungsmittel kommt zum Einsatz?