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Rechtsextremistische Hass-Musik

Kleine Anfrage „Rechtsextremistische Hass-Musik“ herunterladen (PDF, 312 KB)

(Nr. 2727 – Ursula Nonnemacher) Aus Brandenburg stammen drei von sechs Musikgruppen, die am 15. Oktober 2016 rund 5.000 bis 6.000 RechtsextremistInnen in die Schweizer Ortschaft Unterwasser gelockt haben. Die Veranstaltung avancierte damit zum wahrscheinlich größten konspirativ organisierten Neonazi-Konzert, das jemals in Europa stattgefunden hat.

Sogar vier von fünf angekündigten Bands kommen aus Brandenburg, wenn die NPD und so genannte „freie nationale Kräfte“ am 1. Juli 2017 das rechtsextremistische Festival „Rock für Deutschland“ in Gera wiederbeleben, das in der Vergangenheit bis zu 5000 BesucherInnen angezogen hat.

Aber auch in Brandenburg gibt es offenbar einen Boom. So haben die „Potsdamer Neueste Nachrichten“ am 28. April 2017 unter Berufung auf eine „interne Statistik von Polizei und Verfassungsschutz“ von insgesamt 21 „versuchten, verhinderten, durchgeführten“ Konzerten der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg berichtet. Im Unterschied dazu informierte die Landesregierung den Landtag auf quartalsbezogene Kleine Anfragen des Jahres 2016 hin nur über zwei rechtsextremistische Konzerte und vier Versuche, ein solches zu veranstalten (vgl. die Drucksachen 6/4048, 6/4856, 6/5462 und 6/5942).

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche rechtsextremistischen Musikveranstaltungen sind im Jahr 2016 und in den ersten Monaten des Jahres 2017 in Brandenburg veranstaltet worden? Bitte mit Datum, Ort, Veranstalter, BesucherInnenzahl sowie den Namen der aufgetretenen Bands und Solo-InterpretInnen (und jeweils deren Herkunft) auflisten.

2. Wie kommt es zu der etwaigen Diskrepanz zwischen den Konzertzahlen, welche die Landesregierung auf die oben genannten Kleinen Anfragen hin genannt hat, und den Konzertzahlen der „internen Statistik von Polizei und Verfassungsschutz“, auf welche sich die „Potsdamer Neueste Nachrichten“ bezüglich des Jahres 2016 berufen?

3. Hat die Polizei alle rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in Sicht- und Hörweite überwacht, so dass etwaige Straftaten wie Hitlergrüße oder das Singen volksverhetzender Lieder festgestellt worden wären oder festgestellt worden sind? Falls Ja: Welches Ergebnis hat die polizeiliche Überwachung jeweils erbracht? Falls Nein: Warum wurde von einer entsprechenden Überwachung der Veranstaltungen abgesehen?

4. Wie viele und welche der rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in Brandenburg hat die Polizei in den Jahren 2016 und 2017 aufgelöst?

5. Warum wurden nicht alle Veranstaltungen mit rechtsextremistischer Hass-Musik polizeilich aufgelöst? Bitte jeweils begründen, warum eine Veranstaltung nicht aufgelöst wurde.

6. Wie viele rechtsextremistische Musikveranstaltungen in Brandenburg konnten 2016 und 2017 im Vorfeld verhindert werden? Bitte auflisten, welcher Veranstalter welche Veranstaltung mit welchen Bands wann und wo geplant hatte.

7. Mit welchen Mitteln will die Landesregierung erreichen, dass in Brandenburg künftig keine Veranstaltungen mit rechtsextremistischer Hass-Musik mehr stattfinden können?

8. Wie viele PolizeibeamtInnen, StaatsanwältInnen und MitarbeiterInnen von Ordnungsbehörden in Brandenburg haben im Rahmen der Aus- und Weiterbildung Spezialkenntnisse vermittelt bekommen, mit dem Ziel, dass Ordnungsbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaften landesweit alle rechtlichen Mittel einsetzen können, um Veranstaltungen mit rechtsextremistischer Hass-Musik zu verhindern oder zu beenden?

9. Welche Angebote stehen den Kommunen zur Verfügung, um sich gezielt über den Umgang mit rechtsextremistischen Musikveranstaltungen beraten lassen zu können?

10. Welche geplanten Auftritte von Brandenburger Bands bei rechtsextremistischen Großveranstaltungen in diesem Jahr sind der Landesregierung gegenwärtig bekannt? Bitte Veranstaltungen, Veranstaltungsorte, Veranstalter und Bands auflisten.

11. Sind Brandenburgs Sicherheitsbehörden auf Rechtsrock-Veranstaltungen im polnischen Grenzgebiet vorbereitet und stehen sie diesbezüglich mit polnischen Behörden in Kontakt?

12. Wie finanziert sich die rechtsextremistische Musikszene in Brandenburg?

13. In welcher ungefähren Größenordnung bewegen sich nach Schätzung der Landesregierung die Umsätze und Gewinne, die mit rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in Brandenburg im Jahr 2016 erzielt worden sind?

14. In welcher ungefähren Größenordnung bewegen sich nach Schätzung der Landesregierung die Umsätze und Gewinne, die Brandenburger Bands, Produktionsfirmen und Vertriebe mit rechtsextremistischen Tonträgern und entsprechender Szene-Bekleidung im Jahr 2016 erwirtschaftet haben?

15. Hat die Landesregierung sichergestellt, dass neu veröffentlichte Tonträger von rechtsextremistischen InterpretInnen oder Produktionsfirmen aus Brandenburg schnellstmöglich juristisch geprüft werden – strafrechtlich und hinsichtlich einer etwaigen Jugendgefährdung? Falls Ja: Wie ist eine schnellstmögliche Ahndung strafrechtlich relevanter und jugendgefährdender Inhalte von Tonträgern sichergestellt? Falls Nein: Warum nicht?

16. Wieviel Zeit vergeht durchschnittlich zwischen der Veröffentlichung eines rechtsextremistischen Tonträgers einer Brandenburger Band oder einer Brandenburger Produktionsfirma einerseits und dem Abschluss der rechtlichen Überprüfung durch eine staatliche Stelle andererseits?

17. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der rechtsextremistischen Musikszene in Brandenburg unter Berücksichtigung folgender Parameter: Zahl der Bands, Zahl der veröffentlichten Tonträger, Umsätze der Produktionsfirmen und Vertriebe von Tonträgern und Szene-Bekleidung in Brandenburg oder im Besitz von Brandenburgern, Zahl und Publikumsresonanz der veranstalteten Konzerte in Brandenburg, Zahl der geplanten Konzerte in Brandenburg, Zahl und Publikumsresonanz der Konzerte in anderen Bundesländern und im Ausland mit Beteiligung von Brandenburger InterpretInnen und/oder der Teilnahme von BesucherInnen aus Brandenburg, Personenpotenzial der Szene?

18. Mit welchen Auswirkungen rechnet die Landesregierung infolge des Booms in der rechtsextremistischen Musikszene?

Weiterführende Informationen

>> Aktivitäten der extremen Rechten bzw. neonazistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Charakters in Brandenburg - 1. Quartal 2016 (pdf-Datei)

>> Aktivitäten der extremen Rechten bzw. neonazistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Charakters in Brandenburg - 2. Quartal 2016 (pdf-Datei)

>> Aktivitäten der extremen Rechten bzw. neonazistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Charakters in Brandenburg - 3. Quartal 2016 (pdf-Datei)

>> Aktivitäten der extremen Rechten bzw. neonazistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Charakters in Brandenburg - 4. Quartal 2016 (pdf-Datei)