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Export von Braunkohle – wird Lausitzer Kohle demnächst in Tschechien verbrannt?

Kleine Anfrage „Export von Braunkohle – wird Lausitzer Kohle demnächst in Tschechien verbrannt?“ herunterladen (PDF, 237 KB)

(Nr. 319 – Heide Schinowsky) Mitte Februar 2015 verkündete der halbstaatliche tschechische Energiekonzern CEZ, den Kauf der Braunkohlesparte von Vattenfall zu prüfen. Bereits zuvor erklärte der tschechische Energiekonzern EPH sein Interesse an den Lausitzer Tagebauen und Kohlekraftwerken. EPH ist mit seinem Tochterunternehmen MIBRAG bereits im mitteldeutschen Revier aktiv. Laut einer parlamentarischen Anfrage im Deutschen Bundestag (Drucksache 18/3819, pdf-Datei) werden die tschechischen Braunkohle-Tagebaue aller Voraussicht nach spätestens im Jahr 2022 ausgekohlt sein. Seit dem Jahr 2012 sollen in der Tschechischen Republik keine „unfreiwilligen bergbaulichen Grundabtretungen“ mehr möglich sein. Daher wäre eine anschließende Ersatzversorgung der nordböhmischen Kraftwerke mit deutscher Braunkohle durchaus denkbar, wenn tschechische Konzerne die Lausitzer Braunkohlesparte erwerben. Auch die Bundesregierung will die Möglichkeit nicht ausschließen: „Ob im großen Umfang Braunkohlelieferungen aus der Lausitz in die Tschechische Republik trotz hoher Transportkosten wirtschaftlich möglich wären, sind betriebswirtschaftliche Überlegungen, die vom Unternehmen anzustellen sind“ erklärte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsmi-nisterium Rainer Baake in seiner Antwort.

Laut den Unterlagen für einen Beschluss über den Hauptbetriebsplan 01.04.2015-31.03.2017 des Tagebaus Profen gemäß, § 54 Abs. 2 Bundesberggesetz hat die MIBRAG bereits ab diesem Jahr die Versorgung der tschechischen Kohlekraftwerke Komorany und Opatovice mit Braunkohle aus Mitteldeutschland vorgesehen.

Eine Grundabtretung nach §§ 77 bis 79 BBergG zur Förderung deutscher Braunkohle – wie sie derzeit für den neuen Tagebau Welzow Süd II geplant ist – ist laut Bundesregierung zulässig, „wenn das Vorhaben zur Erreichung eines Gemeinwohlziels, hier die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen, vernünftigerweise geboten ist. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung von der zuständigen Landesbehörde zu entscheiden“ (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/3819). Während des Genehmigungsverfahrens für den Braunkohlenplan Welzow Süd II verkündete die Landesregierung fortwährend, die Kohle aus dem Tagebau soll der Versorgung des Braunkohlenkraftwerks Schwarze Pumpe dienen.

In einem Interview mit der Berliner Zeitung (vgl. „Prenzlau ist nicht Prenzlauer Berg“ 11.02.2015) erklärte Wirtschaftsminister Gerber, dass im Moment Gespräche zwischen Vattenfall und potenziellen Käufern laufen. Er führe regelmäßig Gespräche mit Vattenfall; der Kontakt sei eng. Der Minister sei zuversichtlich, dass sich die Frage, ob das Land Brandenburg Anteile an Vattenfalls Braunkohlesparte erwirbt, nicht stelle.

Ich frage die Landesregierung:
1. Vor dem Hintergrund der Lieferung von Braunkohle aus dem Tagebau Profen in die Tschechische Republik: Wie bewertet die Landesregierung einen möglichen Export von Lausitzer Braunkohle ins Ausland?
2. Welche Umweltauswirkungen hat der Transport von Braunkohle in Bezug auf die beim Transport anfallenden CO2-Emissionen, Feinstaubbelastungen und Lärmemissionen bezogen auf Transportmenge und Transportweg?
3. Besteht die Möglichkeit, in einem bergrechtlichen Hauptbetriebsplan den Export von Braunkohle ins Ausland zu untersagen. Wenn ja welche?
4. Die geplanten Grundabtretungen in Welzow und Proschim für den geplanten Tagebau Welzow Süd II sollen im Namen des „Gemeinwohlziels“ geschehen. Umfasst das „Gemeinwohlziel“ (hier: die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen) nach Ansicht der Landesregierung auch eine Lieferung von Lausitzer Braunkohle in die Tschechische Republik?
5. Welche Abwägungen wären durch welche Instanzen durchzuführen, um ein überwiegendes öffentliches Interesse nach § 11 Nummer 10 BbergG an der Durchsetzung von bergbaulichen Eigentumsansprüchen für Braunkohlelieferungen in die Tschechische Republik sicherzustellen?
6. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Bundesregierung, wonach der Export der Braunkohle ins Ausland einzig und allein an Hand betriebswirtschaftlicher Überlegungen von den Unternehmen zu entscheiden ist oder gibt es weitere Restriktionen?
7. Behindert der Braunkohlenplan für Welzow Süd II den freien Warenverkehr in der EU im Sinne einer Sondervorschrift, weil der Plan zur Versorgung des Braunkohlenkraftwerks Schwarze Pumpe dienen soll oder handelt es sich bei der im Braunkohlenplan angekündigten Versorgung des Braunkohlenkraftwerks Schwarze Pumpe nur um eine Absichtsbekundung?
8. Ist es rechtssicher möglich, die Lieferung von Braunkohle ins Ausland zu unterbinden bzw. wie will die Landesregierung sicherstellen, dass ein neuer Eigentümer der Braunkohlesparte von Vattenfall die Braunkohle nicht ins Ausland exportiert oder teilt die Landesregierung die Auffassung, dass ein Käufer der Braunkohlesparte von Vattenfall gegen die Entscheidung klagen kann, sollte das Land einen Export der Braunkohle ins Ausland untersagen?
9. Auf welchen Fakten beruht die Einschätzung von Minister Gerber, dass sich die Frage eines Einstiegs des Landes nicht mehr stellt bzw. dass es zu einem vollständigen Verkauf der Braunkohlesparte kommt?
10. Welche Branchen gelten für die Landesregierung im Sinne des Koalitionsvertrages als besonders zukunftsfähig; kann sich die Landesregierung insbesondere eine Wirtschafts- und Technologieförderung auch für die Braunkohlewirtschaft vorstellen?
11. Wie hoch schätzt die Landesregierung den Wert der Braunkohlesparte (Tagebaue und Braunkohlekraftwerke) von Vattenfall ein?