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Einstufungskriterien für „Gefährder“

Kleine Anfrage „Einstufungskriterien für „Gefährder““ herunterladen (PDF, 242 KB)

(Nr. 2496 – Ursula Nonnemacher und Benjamin Raschke) Seit dem Terroranschlag des islamistischen Attentäters Anis Amri am 19. Dezember 2016 in Berlin sind so genannte „Gefährder“ noch stärker im Fokus der sicherheitspolitischen Diskussion. In der schwierigen Abwägung, welche Maßnahmen zu einer verbesserten Sicherheitslage beitragen und welche Grundrechtseingriffe sie nach sich ziehen, ist eine exakte Definition des „Gefährder“-Begriffes unabdingbar.

Wir fragen die Landesregierung:
1. Woher stammt der Begriff des „Gefährders“ – warum werden die entsprechenden Personen beispielsweise nicht alternativ als „gewaltbereite Extremisten“, „mögliche Gefährder“ oder ähnliches eingestuft?
2. Wie ist der Begriff des „Gefährders“ definiert?
3. Welche konkreten Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass eine Person politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung, begehen wird oder begehen könnte?
4. Handelt es sich bei „Gefährdern“ um Personen, von denen nachweisbar Gefahren von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a der Strafprozessordnung, ausgehen, oder um Personen, von denen solche Gefahren eventuell, möglicher Weise, vermutlich oder wahrscheinlich ausgehen?
5. Ist der Begriff des „Gefährders“ in Brandenburg gleich definiert wie in allen anderen Bundesländern und im Bund? Falls Nein: Hält es die brandenburgische Landesregierung für erforderlich, eine bundeseinheitliche Definition festzulegen und auf welche Weise und seit wann arbeitet sie darauf hin?
6. Ist der Begriff des „Gefährders“ europaweit gleich definiert? Falls Nein: Hält es die brandenburgische Landesregierung für erforderlich, eine europaweit einheitliche Definition festzulegen und auf welche Weise und seit wann arbeitet sie darauf hin?
7. Wer bzw. welche staatlichen Stellen stufen Personen als „Gefährder“ ein?
8. Wie läuft das Prüfungsverfahren konkret ab, in dem entschieden wird, ob eine Person als „Gefährder“ eingestuft wird?
9. Werden bei der „Gefährder“-Einstufung Hinweise von ausländischen Nachrichten- und Geheimdiensten als Fakten einbezogen oder werden solche Hinweise einer Prüfung unterzogen – wie fließen solche Hinweise konkret in das
Prüfungsverfahren ein, in dem entschieden wird, ob eine Person als „Gefährder“ eingestuft wird?
10. Werden Hinweise von Nachrichten- und Geheimdiensten aus nicht demokratischen Staaten gleich behandelt bzw. gewertet wie solche aus Staaten, welche die Kriterien eines demokratischen Rechtsstaates erfüllen?
11. Gibt es Erfahrungswerte, wie zuverlässig Hinweise ausländischer Nachrichten- und Geheimdienste sind, die auf mögliche „Gefährder“ hindeuten? Wie unterscheiden sich gegebenenfalls die Hinweise aus nicht demokratischen Staaten und aus Staaten, welche die Kriterien eines demokratischen Rechtsstaates erfüllen, bezüglich ihrer Zuverlässigkeit?
12. Werden nur Personen im Bereich des islamistischen Extremismus als „Gefährder“ eingestuft oder auch Personen in anderen Extremismus-Bereichen wie etwa im Bereich des Recht- oder Linksextremismus? Warum gibt es die „Gefährder“-Einstufung auch in anderen Extremismus-Bereichen oder warum nicht?
13. Werden Personen aus dem Bereich des islamistischen Extremismus, die aus Kriegseinsätzen wie etwa in Syrien kommen, automatisch als „Gefährder“ eingestuft?
14. Sind rechtsextremistische Personen, die beispielsweise auf dem Balkan oder in Südafrika bewaffnet gekämpft haben, automatisch als „Gefährder“ eingestuft worden?
15. Wie viele Personen sind von brandenburgischen Sicherheitsbehörden bisher in welchem Zeitraum als „Gefährder“ eingestuft worden (bitte nach Extremismus-Bereichen aufschlüsseln)?
16. Wie viele „Gefährder“ halten sich derzeit in Brandenburg auf (bitte nach Extremismus-Bereichen aufschlüsseln)?
17. Wie viele Personen aus dem Bereich des islamistischen Extremismus werden derzeit in Brandenburg per Haftbefehl gesucht, wie viele von ihnen gelten als gewaltbereit und/oder militant und wie viele von ihnen sind als „Gefährder“ eingestuft? Falls keine der flüchtigen Personen aus dem Bereich des islamistischen Extremismus als „Gefährder“ eingestuft sein sollte: Warum nicht?
18. Wie viele rechtsextremistische Personen werden derzeit in Brandenburg per Haftbefehl gesucht, wie viele von ihnen gelten als gewaltbereit und/oder militant und wie viele von ihnen sind als „Gefährder“ eingestuft? Falls keine der flüchtigen rechtsextremistischen Personen als „Gefährder“ eingestuft sein sollte: Warum nicht?
19. Wie viele linksextremistische Personen werden derzeit in Brandenburg per Haftbefehl gesucht, wie viele von ihnen gelten als gewaltbereit und/oder militant und wie viele von ihnen sind als „Gefährder“ eingestuft? Falls keine der flüchtigen linksextremistischen Personen als „Gefährder“ eingestuft sein sollte: Warum nicht?
20. Wird im Regelfall ermittelt, ob „Gefährder“ sich im Umgang mit Schusswaffen und/oder Sprengstoff auskennen bzw. daran ausgebildet wurden? Falls nein, warum nicht?