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Ungebremstes Landgrabbing und fehlende Steuereinnahmen durch Anteilsverkäufe von landwirtschaftlichen Unternehmen zum Flächenerwerb

Kleine Anfrage „Ungebremstes Landgrabbing und fehlende Steuereinnahmen durch Anteilsverkäufe von landwirtschaftlichen Unternehmen zum Flächenerwerb“ herunterladen (PDF, 233 KB)

(Nr. 2328 – Benjamin Raschke) Der Verkauf der Flächen von KTG Agrar SE an die ATU Landbau, welche drei Wochen nach Flächenerwerb von der Münchner Rückversicherung erworben wurde, zeigt einige Lücken in der Gesetzgebung und -anwendung beim Erwerb landwirtschaftlicher Flächen auf.

Mitte 2015 veräußerten 14 KTG Agrar-Tochterunternehmen rund 2263ha Ackerflächen in der Prignitz an die KTG-Tochter ATU Landbau GmbH. Die untere Landwirtschaftsbehörde des Landkreises Prignitz erteilte für dieses Grundstücksveräußerungsgeschäft, welches in einem einzigen Kaufvertrag vollzogen wurde, am 30.07.2015 die Genehmigung. Nur drei Wochen nach dieser Transaktion wurden 94,9% der ATU Landbau GmbH an die Münchner Rück verkauft. Die Münchner Rück ist der größte Rückversicherungskonzern der Welt und kein landwirtschaftlicher Betrieb. Das Grundstückverkehrsgesetz sieht vor, dass zu veräußernde landwirtschaftliche Flächen, die größer als 2 ha sind, zuerst ortsansässigen Bauern angeboten werden müssen. Die Münchner Rück hätte als nicht-landwirtschaftliches und nicht-ortsansässiges Unternehmen laut Grundstückserwerbsgesetz die 2263ha Ackerflächen nicht erwerben dürfen.

Für den Kauf der Anteile an ATU Landbau zahlte die Münchner Rück keine Grunderwerbssteuer. Diese wird laut Grunderwerbssteuergesetz erst bei einem Anteilskauf von 95% fällig. „Sollte der Versicherer den amtlichen Durchschnittspreis für Agrarland in Brandenburg im vergangenen Jahr gezahlt haben, läge der Gesamtbetrag für die circa 2263 Hektar bei etwa 28 Millionen Euro, worauf 1,8 Millionen Euro Grunderwerbsteuer entfielen.“ (Quelle)

Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Fälle von Anteilsübertragungen an landwirtschaftlichen Unternehmen, bei denen ein Unternehmensanteil von > 95 Prozent, zwischen 90 - 95 Prozent, 80 – 90 Prozent und 50 – 80 Prozent übertragen wurde und die mit der Übertragung von landwirtschaftlicher Fläche verbunden war, gab es in den vergangenen 10 Jahren (bitte Jahresangabe in tabellarischer Auflistung)? Welche landwirtschaftliche Gesamtfläche war davon betroffen (bitte Jahresangabe)?
2. Wie hoch waren die Einnahmen des Landes Brandenburg aus der Grunderwerbssteuer durch Verkäufe landwirtschaftlicher Flächen (Veräußerung landwirtschaftlicher Flächen) in den vergangenen 10 Jahren (bitte insgesamt und Jahresangaben)?
3. Wie hoch waren die Einnahmen des Landes Brandenburg aus der Grunderwerbssteuer durch Verkäufe von landwirtschaftlichen Flächen (Veräußerung von landwirtschaftlichen Unternehmen und mehr als 95 Prozent der Anteile an landwirtschaftlichen Unternehmen) in den vergangenen 10 Jahren (bitte Jahresangaben)?
4. Welche Grunderwerbssteuer wäre dem Land Brandenburg in den vergangenen 10 Jahren zugeflossen, wenn Anteilsverkäufe von mehr als 90 Prozent von der Grunderwerbssteuer erfasst worden wären (bitte Jahresangabe)?
5. Welche Maßnahmen hat das Ministerium bislang ergriffen, die Veräußerung oder mögliche Weiterveräußerung eines Unternehmens an einen Nicht-Landwirt über den Verkauf eines Unternehmens oder von Anteilen an einem Unternehmen zu unterbinden oder der Genehmigungspflicht zu unterziehen?
6. Zu welchen gesetzlichen Regelungen und Verwaltungsvorgängen sieht die Landesregierung einen Änderungs- bzw. Anpassungsbedarf, um die Anteilsverkäufe in Brandenburg in Zukunft eindeutig, transparent zu erfassen und der Genehmigungspflicht zu unterziehen?
7. Welche notwendigen Änderungen im Grundstücksverkehrsgesetz und insbesondere zum Anteilserwerb von landwirtschaftlichen Unternehmen schlussfolgert die Landesregierung , um wie im Fall der KTG Agrar mögliche Weiterveräußerung eines Unternehmens an einen Nicht-Landwirt über den Verkauf eines Unternehmens oder von Anteilen an einem Unternehmen zu unterbinden oder der Genehmigungspflicht zu unterziehen? Wie beabsichtigt die Landesregierung die geschlussfolgerten Änderungen in die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Bodenmarkt einzubringen?