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Details zum Landgrabbing durch Rückübertragung von Flächen der KTG Agrar in der Prignitz

Kleine Anfrage „Details zum Landgrabbing durch Rückübertragung von Flächen der KTG Agrar in der Prignitz“ herunterladen (PDF, 250 KB)

(Nr. 2327 – Benjamin Raschke) Die Presse berichtete in den letzten Monaten immer wieder zum Insolvenzverfahren und zum Flächenverkauf der KTG Agrar SE (KTG Agrar). Die KTG Gruppe ist eines der ersten Agrarunternehmen an der Deutschen Börse und besaß 2015 rund 45.000ha Land. Zusammenfassend stellt sich der Flächenverkauf der KTG Agrar nach bisherigen Erkenntnissen folgendermaßen dar:

Mitte 2015 veräußerten 14 KTG Agrar-Tochterunternehmen rund 2263ha Ackerflächen an die KTG-Tochter ATU Landbau GmbH. Die untere Landwirtschaftsbehörde des Landkreises Prignitz erteilte für dieses Grundstücksveräußerungsgeschäft, welches in einem einzigen Kaufvertrag vollzogen wurde, am 30.07.2015 die Genehmigung. Alle Grundstücke wurden an die jeweiligen Verkäufer für einen Zeitraum von 18 Jahren rückverpachtet.

Nur drei Wochen nach dieser Transaktion wurden 94,9% der ATU Landbau GmbH an die Münchner Rück verkauft. Die Münchner Rück ist der größte Rückversicherungskonzern der Welt und kein landwirtschaftlicher Betrieb. Das Grundstückverkehrsgesetz sieht vor, dass zu veräußernde landwirtschaftliche Flächen größer 2 Hektar zuerst ortsansässigen Bauern angeboten werden müssen. Die Münchner Rück hätte als nicht-landwirtschaftliches und nicht-ortsansässiges Unternehmen laut Grundstückserwerbsgesetz nicht in den Erwerb von 2263ha Ackerflächen kommen können. Zur Veranschaulichung der in diesem Fall vorliegenden Dimension des Flächenverkaufs: die rund 2263 ha Acker sind ca. 800-mal größer als der Durchschnitt aller 2015 in Deutschland verkauften Äcker.

Insofern sich die Genehmigung der unteren Landwirtschaftsbehörde des Landkreises Prignitz als rechtlich nicht bestandskräftig herausstellt, wird eine Veräußerung der Flächen an ortsansässige, aufstockungsbedürftige Landwirte möglich. Hierzu informierte die Landesregierung bereits in einem Schreiben vom 18.10.2016 und benannte eine Frist zur Interessensbekundung bis zum 18.11.2016. Eine telefonische Nachfrage ergab, Landwirte könnten sich auch über diese Frist hinaus zum Grundstückserwerb melden.

Ich frage die Landesregierung:

Genehmigungspflicht für Grundstücksveräußerungen

1. Wie haben die Landkreise nach dem Grundstücksverkehrsgesetz die bestehende sowie zukünftige landwirtschaftliche Unternehmensausrichtung und Ortsansässigkeit potentieller Flächenkäufer zu prüfen? Wie erfolgte durch den Landkreis Prignitz die Prüfung der ATU Landbau GmbH?
2. Wie und für welchen Zeitraum muss ein Kaufinteressant eine zukünftige Tätigkeit als Landwirt nachweisen? Wie wurde der Nachweis im vorliegenden Fall erbracht?
3. Wurde die Genehmigungsversagung bzw. die Vorkaufsrechtsausübung durch den Landkreis Prignitz im vorliegenden Fall geprüft? Wenn ja, wie wurde der Kauf durch die ATU Landbau vor dem Hintergrund, dass eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden vorliegt, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt oder einen nicht leistungsfähigen Landwirt veräußert werden soll, beurteilt? Wenn nein, welche fachlichen Gründe sprachen im vorliegenden Fall gegen eine Prüfung der ATU Landbau?
4. Wie beurteilt die Landesregierung den Flächenverkauf im vorliegenden Fall, in welchem schlussendlich landwirtschaftliche Flächen von einem nicht-ortsansässigen und nicht-landwirtschaftlichen Unternehmen erworben wurden in Vereinbarkeit mit dem aktuellen Bodenrechtsziel, aktiven Landwirten den Vorrang beim Bodenerwerb zu sichern und spekulative Tendenzen einzudämmen?
5. Welche gesetzlichen und / oder verwaltungsrechtlichen Vorschriften müssten nach Meinung der Landesregierung geändert werden, damit wie im vorliegenden Fall gesichert ist, dass Ackerflächen in der Hand und Bewirtschaftung von ortsansässigen und landwirtschaftlich tätigen Unternehmen bleiben?
6. Der Agrarminister erklärte im Agrarausschuss am 30.11.2016, man wolle die Genehmigungsbehörden zukünftig stärker unterstützen. Wie konkret unterstützt die Landesregierung die landwirtschaftlichen Genehmigungsbehörden der Landkreise, um vor dem Hintergrund sich ändernder, teils komplexer Rechtsvorgaben, die geltenden Bestimmungen, wie im vorliegenden Fall korrekt umzusetzen?
7. Warum wurde bei dem Vorliegen von 14 Veräußerungsgeschäften über eine Gesamtfläche von 2263 an einen einzigen Käufer nicht die Möglichkeit einer Weiterveräußerung der Gesellschaft an einen Nicht-Landwirt in Erwägung gezogen? Welche Anweisungen zur Prüfung dieser Möglichkeit wurden vom Ministerium bisher erlassen?

Transparenz bei Grundstücksveräußerungen

8. Bestand bei der Grundstücksveräußerung im Jahr 2015 von den 14 KTG Töchterunternehmen an die KTG-Tochter ATU Landbau eine Informationspflicht über die Absicht der Grundstücksveräußerung an ortsansässige oder nicht-ortsansässige, landwirtschaftliche Betriebe?
9. Wenn ja, wer muss dieser Informationspflicht nachkommen?
10. Wenn ja, wie muss dieser Informationspflicht nachgekommen werden (Informationskanäle, zeitliche Fristen, etc.)?
11. Wenn ja, wie wurde der Informationspflicht im vorliegenden Fall der KTG Agrar nachgekommen?

Rückübertragungen von Verkaufsflächen und Vorkaufsberechtigung

12. An wen wurde die Information (Schreiben des Ministeriums vom 18.10.2016) für eine Interessensbekundung zum Grundstückserwerb im vorliegenden Fall gesandt?
13. Bis wann können weitere vorkaufsberechtigte Landwirte die Inanspruchnahme des Vorkaufsrechtes anmelden?
14. An wen ist es geplant die Informationen für eine weitere mögliche Interessensbekundung zum Grundstückserwerb im vorliegenden Fall zu senden, um vorkaufsberechtigte Landwirte zu finden?