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Antibiotikaeinsatz in Brandenburg

Kleine Anfrage „Antibiotikaeinsatz in Brandenburg“ herunterladen (PDF, 307 KB)

(Nr. 1983 – Benjamin Raschke) Im Landtagsbeschluss zum Volksbegehren gegen Massentierhaltung vom 19. April 2016 fordert der Landtag die Landesregierung dazu auf, im Rahmen eines Tierschutzplans ein Maßnahmenprogramm zu erarbeiten, das unter anderem der „Umsetzung des Arzneimittelgesetzes zur Verbesserung der Transparenz und zur Reduzierung der Antibiotikaanwendung“ dienen soll.

Laut der 16. Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG § 58), welches seit dem 1. April 2014 in Kraft ist, sind Mastbetriebe, die im Durchschnitt eines Kalenderhalbjahres mehr als

  • 20 Mastkälber bis zu einem Alter von 8 Monaten
  • 20 Mastrinder ab einem Alter von 8 Monaten
  • 250 Mastferkel vom Absetzen bis zu einem Gewicht von 30 kg
  • 250 Mastschweine über einem Gewicht von 30 kg
  • 1 000 Mastputen ab dem Schlüpfen oder
  • 10 000 Masthühner ab dem Schlüpfen

halten, dazu verpflichtet, ihre halbjährlichen Tierzahlen sowie die eingesetzten Antibiotika an die jeweiligen zuständigen Veterinärbehörden zu melden.

Gemeldet werden müssen unter anderem:

  • die Bezeichnung des angewendeten Antibiotikums
  • die Anzahl und Nutzungsart der behandelten Tiere
  • das Datum der Behandlung (der erste Tag der Anwendung)
  • die Dauer der Behandlung in Tagen
  • die Gesamtmenge des Antibiotikums.

Für jede Nutzungsart in einem Betrieb wird pro Kalenderhalbjahr die betriebliche Therapiehäufigkeit errechnet. Die Therapiehäufigkeit ergibt sich, vereinfacht ausgedrückt, aus dem Verhältnis der Anzahl an Antibiotika-Behandlungen zur Anzahl an gehaltenen Tieren. Aus allen betrieblichen Therapiehäufigkeiten werden für jede Nutzungsart und für jedes Halbjahr zwei Kennzahlen abgeleitet und veröffentlicht:

  • als Kennzahl 1 der Median (der Wert, unter dem 50 % aller betrieblichen Therapiehäufigkeiten liegen)
  • als Kennzahl 2 das dritte Quartil (der Wert, unter dem 75 % aller betrieblichen Therapiehäufigkeiten liegen)*.

In Brandenburg werden die Daten von den Betrieben in eine Datenbank beim Landeskontrollverband Berlin-Brandenburg (LKV BB) eingetragen und in anonymisierter Form von den jeweiligen Kreis-Veterinärämtern an das Bundesministerium für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) weitergeleitet.

Das Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz hat im Juni 2016 erstmals Zahlen zum Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung in Brandenburg vorgelegt.

Um mehr über den Antibiotikaeinsatz in Brandenburg zu erfahren, fragen wir die Landesregierung:
1. Wie viele nach dem Arzneimittelgesetz (AMG § 58) meldepflichtige Betriebe gab es in Brandenburg jeweils in den drei Erhebungszeiträumen 2. Hj. 2014, 1. Hj. 2015, 2. Hj. 2015, aufgeschlüsselt nach Landkreisen?
2. Wie viele der nach dem Arzneimittelgesetz (AMG § 58) meldepflichtigen Betriebe haben eine Angabe gemacht und wie viele haben keine Angabe gemacht (jeweils aufgeschlüsselt nach den drei Erhebungszeiträumen und den einzelnen Landkreisen)? Welche Gründe wurden dafür angegeben, wenn keine Angaben gemacht wurden?
3. Welcher Gesamtverbrauch an Antibiotika (Kilogramm und Liter) wurde von den Betrieben im Land gemeldet (jeweils aufgeschlüsselt nach den drei Erhebungszeiträumen und den einzelnen Landkreisen)?
4. Wie hoch war der Antibiotikaverbrauch im Land (in Kilogramm und Liter) in den drei Erhebungszeiträumen aufgeschlüsselt nach Landkreisen, Masttierart (siehe a bis f) und folgenden Größenklassen:
a) Mastkälber
i. Bis weniger als 500 Kälberplätze
ii. 500 bis weniger als 1 000 Kälberplätze
iii. 1 000 und mehr Kälberplätze
b) Mastrinder
i. Bis weniger als 600 Rinderplätze
ii. 600 bis weniger als 2000 Rinderplätze
iii. 2000 und mehr Rinderplätze
c) Mastferkel
i. Bis weniger als 4 500 Ferkelplätze
ii. 4 500 bis weniger als 10 000 Ferkelplätze
iii. 10 000 und mehr Ferkelplätze
d) Mastschweine
i. Bis weniger als 1 500 Schweineplätze
ii. 1 500 bis weniger als 7 000 Schweineplätze
1 Quelle: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, 2014
iii. 7 000 bis weniger als 20 000 Schweineplätze
iv. 20 000 und mehr Schweineplätze
e) Mastputen
i. Bis weniger als 30 000 Putenplätze
ii. 30 000 bis weniger als 100 000 Putenplätze
iii. 100 000 bis weniger als 1 000 000 Putenplätze
iv. 1 000 000 und mehr Putenplätze
f) Masthühner
i. Bis weniger als 30 000 Hühnerplätze
ii. 30 000 bis weniger als 100 000 Hühnerplätze
iii. 100 000 bis weniger als 1 000 000 Hühnerplätze
iv. 1 000 000 und mehr Hühnerplätze
5) Wie hoch war die durchschnittliche betriebliche Therapiehäufigkeit aufgeschlüsselt nach Masttierart und den Größenklassen der Betriebe, wie angegeben in Frage 4 (jeweils aufgeschlüsselt nach den drei Erhebungszeiträumen und den einzelnen Landkreisen)?
6) Wie viele Betriebe, aufgeschlüsselt nach Masttierart und den Größenklassen der Betriebe, wie angegeben in Frage 4, liegen zwischen der Kennzahl 1 und 2 und wie viele Betriebe haben die Kennzahl 2 überschritten (absolut und prozentual, jeweils aufgeschlüsselt nach den drei Erhebungszeiträumen und den einzelnen Landkreisen)?
7) Welche Antibiotika wurden im Land eingesetzt und in welchen Mengen (in Kilogramm und Liter, jeweils aufgeschlüsselt nach den drei Erhebungszeiträumen und den einzelnen Landkreisen)? Bitte jeweils Name des Medikaments und Wirkstoff angeben.
8) Wie hoch war die durchschnittliche Therapiehäufigkeit in den Betrieben im Land in konventionellen Betrieben und wie hoch in biologisch zertifizierten Betrieben, aufgeschlüsselt nach Masttierarten nach dem AMG für die drei Erhebungszeiträume und die einzelnen Landkreisen?
9) Wie viele Betriebe im Land haben einen schriftlichen Maßnahmenplan eingereicht, jeweils aufgeschlüsselt nach den drei Erhebungszeiträumen und den einzelnen Landkreisen? Bei wie vielen dieser Betriebe sank die Therapiehäufigkeit danach? Bei wie vielen Betrieben ist die Therapiehäufigkeit trotz Maßnahmenplan nicht gesunken? Welche Sanktionen wurden bei diesen Betrieben verhängt? Wenn keine Sanktionen verhängt wurden, was war der Grund hierfür?
10) Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die beobachtete Senkung der Therapiehäufigkeiten nicht mit dem Einsatz von schneller wirksamen (d.h. die Wirkungstage reduzierenden) Mitteln erreicht wird, der jedoch die Bildung von resistenten Keimen erhöhen könnte (mehr Reserveantibiotika**, mehr Breitbandantibiotika)?

* Quelle: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, 2014

** Reserveantibiotika definiert als die von der WHO als "Highest Priority Critically Important" eingestuften Wirkstoffe (Flourchinolone, Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Makrolide und Glycopeptide).